Franz West
Künstler Franz West (1947–2012) arbeitete risikoreich. Die Zukunft seines Erbes sollte jetzt geklärt sein.
Didi Sattmann / brandstaetter im

Elf Jahre und vier Monate sollte es dauern, bis der letzte Wille von Franz West über die Verwaltung seines künstlerischen Nachlasses auch umgesetzt werden kann. Dafür bedurfte es nicht eines oder zweier, sondern sogar dreier Urteile des Obersten Gerichtshofs (OGH). Das jüngste datiert vom 21. November und zieht nun endgültig "einen Schlussstrich unter den Erbrechtsstreit", wie die Franz-West-Privatstiftung aktuell auf ihrer Website bekanntgab.

Bereits Ende 2020 wähnte man sich exakt am selben Ziel. Schon damals hatte der OGH ein Urteil zugunsten der Stiftung gefällt, die über den "Umweg" von Franz Wests mittlerweile verstorbener Schwester Anne Gutjahr die Verwaltung des künstlerischen Nachlasses übertragen bekommen hatte. Eine Entscheidung, die im Namen von Wests minderjährigen Kindern jedoch neuerlich bekämpft wurde. Ein letztes Mal.

Das Werk sichtbar machen

Jetzt bekam die Stiftung jene Rechtssicherheit, die ihr die Basis verschafft, "endlich aktiv" zu werden, also eine langfristige Strategie entwickeln zu können, um "das Werk und den Künstler in der Kunstwelt und in der öffentlichen Wahrnehmung" wieder angemessen "sichtbar zu machen" und somit West "seiner künstlerischen Bedeutung entsprechend" zu positionieren, wie Roland Grassberger betont. Er ist der Neffe des Künstlers und Vorstand der Stiftung. Die Zeiten, in denen jede einzelne Leihgabe für eine Ausstellung oder Verkäufe einer gerichtlichen Genehmigung bedurften, neigt sich damit dem Ende zu.

Die Causa ist jedoch ein Lehrstück für alle noch lebenden Kunstschaffenden, beizeiten unmissverständliche Vorkehrungen zu treffen, so man die Erhaltung, die wissenschaftliche Betreuung und die Verbreitung seines künstlerischen Lebenswerkes explizit Professionisten überlassen will. Zu diesem Zwecke hatte West auch kurz vor seinem Tod die nach ihm benannte Privatstiftung gegründet.

Als Begünstigte hatte er seine Familie eingesetzt, der er am gleichen Tag auch seine Eigentumswohnungen überschrieb. Genauer: seiner Ehefrau Tamuna Sirbiladze und zwei Kindern aus deren Verhältnis mit Benedikt Ledebur, die West jedoch als seine anerkannt hatte. Keine drei Monate nach Wests Tod im Juli 2012 zog seine Witwe vor Gericht. Es begann ein einzigartiger Prozessmarathon, der in der Kunstszene bislang ohne Vergleich dasteht.

Kolportierter Wert von gut 50 Millionen Euro

In dem Disput ging es indes nicht um die Pflege und Positionierung des künstlerischen Erbes, sondern um den Vermögenswert dieses Nachlasses: um 270 der Stiftung zugewendete Kunstwerke mit einem kolportierten Wert von gut 50 Millionen Euro, weiters um Verwertungs- und Werknutzungsrechte sowie um Tantiemen aus der Produktion posthumer Möbelobjekte oder auch um die Folgerechtsgebühren, die seit Wests Tod 70 Jahre lang für jeden einzelnen Verkauf von einem seiner Werke anfallen (werden). West, der 2011 die Scheidung von seiner Ehefrau eingereicht hatte, zu der es jedoch nie kommen sollte, muss einen Pallawatsch wohl erahnt haben.

Nicht anders ist jedenfalls die Vorkehrung zu verstehen, die er über die sogenannte kassatorische Klausel in seinem letzten Testament traf. Demnach würden seine Witwe und die Kinder ihr Erbe verwirken, sollten sie den Willen des Erblassers nicht respektieren und die "Übertragung der Kunstwerke in die Franz-West-Privatstiftung" anfechten. Und so kam es.

Den Pflichtteil bestimmen

Theoretisch bleibt den beiden Kindern, dem heute 15-jährigen Sohn und der 14-jährigen Tochter, damit "nur" ein gesetzlicher Pflichtteil. Praktisch wird das ebenfalls vor Gericht ausgefochten. Die zugehörige Klage wurde bereits vor eineinhalb Jahren eingebracht, das Verfahren jedoch unterbrochen. Dabei soll es sich um eine Forderung in der Größenordnung von etwa 45 Millionen Euro handeln.

Als Knackpunkt könnte sich dabei die Verjährung erweisen. Demnach könnten die Kinder ihre Pflichtteilsansprüche zehn Jahre nach dem Tod des Erblassers möglicherweise zu spät geltend zu machen versucht haben. Es ist dies nicht die einzige Frage, mit der sich die Stiftung befassen wird, da etwaige Pflichtteilansprüche wohl auch über den Verkauf von Kunstwerken finanziert werden müssten.

Ebenso der Klärung harren einerseits Folgerechtsgebühren, die von der Gegenseite im Laufe der vergangenen Jahre womöglich unrechtmäßig einbehalten worden sein dürften. Zum anderen ist der Verbleib wertvoller Kunstwerke fraglich, die zu einem unbekannten Zeitpunkt aus Wests Wohnung verschwunden sein sollen. Ob das alles vor Gericht ausgestritten oder hinter den Kulissen verhandelt wird, ist derzeit nicht absehbar. (Olga Kronsteiner, 14.12.2023)