Masken sind aus gesundheitlichen Gründen ausgenommen.
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Die Politik, damals die türkis-blaue Koalition, verstand es eindeutig als "Burkaverbot" – obwohl es kaum Frauen in Österreich gibt, die Burkas tragen. Weil eine spezifische Untersagung aber diskriminierend und somit verfassungswidrig wäre, trat 2017 ein allgemeines Verhüllungsverbot in Kraft. Sprich: Das Gesicht muss im öffentlichen Raum klar sichtbar sein. Relativ bald machte das Gesetz international Schlagzeilen, weil die Polizei eine Geldstrafe gegen kostümierte Maskottchen eines Elektrogeschäfts verhängte.

Keine drei Jahre später brach die Corona-Pandemie aus, und das Verhüllungsverbot schien wie vergessen. Masken wurden von einem Moment auf den anderen zur Pflicht. Heute sind sie die "neue Normalität" – und prägen den öffentlichen Raum. Ist das Gesetz also praktisch totes Recht?

Mitnichten, heißt es aus dem Innenministerium. Nach wie vor bleibe das "Verbergen der Gesichtszüge an öffentlichen Orten oder in öffentlichen Gebäuden durch Kleidung oder andere Gegenstände in einer Weise, dass die Person nicht mehr erkennbar ist", verboten, sagt ein Sprecher zum STANDARD.

Allerdings gebe es eine Ausnahme, wenn die Verhüllung gesundheitliche Gründe hat – wie eben bei einer Maske. Das Tragen "kann eine Ausnahmebestimmung darstellen" – aber: "Die Beurteilung, ob eine solche Ausnahmebestimmung gegeben ist bzw. vorliegt, ist immer eine Einzelfallentscheidung." Bundesweite Zahlen dazu, wie viele Verwaltungsstrafen verhängt wurden, würden laut Innenministerium nicht vorliegen, da sie nicht erfasst würden. Die Landespolizeidirektion Wien (LPD Wien) erklärt auf Anfrage, von Jänner bis Dezember des heurigen Jahres 120 Anzeigen erstattet zu haben. Details dazu, in welcher Form sich angezeigte Personen im öffentlichen Raum verhüllt haben, könne man aber nicht nennen, da dies statistisch nur schwer auszuwerten sei.

Funk: Verbot funktioniert nicht

Der Verfassungsrechtsexperte Bernd-Christian Funk kann das nachvollziehen. Ob eine Person in der Öffentlichkeit rechtmäßig oder rechtswidrig verhüllt sei, könne nur von Fall zu Fall entschieden werden. Das mache allgemeine Aussagen schwierig. Er sei von Beginn an skeptisch gewesen, ob das Verbot bringe, was es verspreche: "Ein Schritt zur Befreiung muslimischer Frauen ist das nicht", sagt er.

Wie aber steht es um das Verhüllungsverbot am Arbeitsplatz? Im Job kann ein Gesichtsschleier untersagt werden, erklärt Arbeitsrechtsexpertin Kristina Silberbauer. 2016 entschied der Oberste Gerichtshof, dass das Tragen eines Niqab – bei dem nur die Augen zu sehen sind – die gesellschaftliche Kommunikation beeinträchtige und daher mit der Tätigkeit als Notariatsangestellte unvereinbar sei.

Und wie ist es mit einer FFP2-Maske? "Auch wenn eine Maske das Gesicht deutlich geringer verdeckt, schränkt auch sie die Kommunikation ein", sagt Silberbauer. Eine "Jux-Maske" werde ein Arbeitgeber ihrer Einschätzung nach verbieten können, eine gesundheitlich indizierte hingegen kaum. (bri, dang, muz, 19.12.2023)