Ärztekammer Wien, Gebäude
Die Wiener Ärztekammer rechnet im Jahr 2024 mit "Zahlungen an Funktionäre" in Höhe von rund 3,3 Millionen Euro. Das ist um eine Million Euro mehr als heuer.
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Die Wiener Ärztekammer hat in ihrer Vollversammlung am Dienstag zahlreiche neue Posten und neu geschaffene Referate für Funktionärinnen und Funktionäre beschlossen. Das hat auch Auswirkungen auf das Budget: Statt knapp 2,3 Millionen Euro, wie im aktuellen Jahr, wird im Jahresvoranschlag 2024 mit "Zahlungen an Funktionäre" in Höhe von rund 3,3 Millionen Euro gerechnet. Dieser Budgetposten erhöht sich damit um rund 45 Prozent.

Hier sind freilich nicht die Personalkosten der Wiener Kammer, sondern nur die Ausgaben für Funktionsgebühren, Auslagenersätze oder Sitzungsgelder enthalten: Laut dem derzeit aktuellen und öffentlich verfügbaren "Wahrnehmungsbericht" der Kammer sind für das heurige Jahr Ausgaben für "Funktionär:innen und Personal" in Höhe von insgesamt 11,36 Millionen Euro vorgesehen.

Bei der Vollversammlung hat die Kammer 16 neue Referate mit zahlreichen neuen Posten beschlossen, die Arbeit in diesen wird den Funktionärinnen und Funktionären großteils vergütet. Auf der Website der Kammer werden unter dem Unterpunkt "Service/Referate" aktuell 68 verschiedene Gruppen gelistet. Darunter finden sich etwa Referate für Veranstaltungen, Vereinbarkeit von Beruf und Familie, Vorsorgemedizin, Mangelfächer, Primarärzt*innen oder Elga/ICD-10-Codierung. Die Vergütung für bezahlte Referatsleiterinnen und -leiter beträgt zwischen 540 und 2.700 Euro pro Monat.

Vier neue Präsidialreferenten

Zuletzt hat sich in der seit Monaten im Machtkampf steckenden Ärztekammer eine neue Koalition unter dem seit dem Vorjahr amtierenden Präsidenten Johannes Steinhart gebildet. Seine ÖVP-nahe Fraktion "Vereinigung Österreichischer Ärztinnen & Ärzte" wird nun von der Liste von Thomas Szekeres, dem Vorgänger von Steinhart als Präsident, unterstützt. Mit dabei ist auch die "Wahlgemeinschaft – Ärzte für Ärzte – Wiener Mittelbau". Beide Gruppierungen waren zuvor in Opposition, Szekeres tat sich lange auch als Steinhart-Kritiker hervor. Das ist mittlerweile vorbei: Szekeres wurde Mitte November zum Ehrenpräsidenten ernannt und ist nunmehr auch einer von vier neuen Präsidialreferenten in der Wiener Kammer. Diese erhalten für die Funktion 4.000 Euro im Monat.

Dabei hat es in der Wiener Standesvertretung diese Funktion zuletzt jahrelang nicht gegeben. Sie wurde just unter der Obmannschaft von Szekeres ab dem Jahr 2012 abgeschafft. In einer Aussendung der Wiener Ärztekammer war damals auch davon die Rede, dass eine "Bündelung der Referate" als Ziel angepeilt werde.

Laut internen Kritikern in der Kammer besteht der Verdacht, dass mit der nunmehrigen Ausweitung der Referate auch Posten geschaffen wurden, um neue Unterstützer zufrieden zu stellen.

Kammer verteidigt Ausweitung

Die Wiener Kammer verteidigt hingegen die deutliche Ausweitung in einer Stellungnahme an den STANDARD mit Nachdruck. Die Nachwirkungen der Pandemie würden das Gesundheitssystem immer noch vor große Herausforderungen stellen. Denen könne man "nur mit innovativen Lösungsvorschlägen, Expertise und Reformwillen begegnen", heißt es. Die Neustrukturierung samt Schaffung neuer Referate wie Spitzenforschung, Digitalisierung und Ausbildung werde die Weichen für diese Entwicklungen stellen. Die Referate würden "eng vernetzt und mit der nötigen Expertise ausgestattet zusammenarbeiten". Das Ziel sei, "die Wiener Ärztinnen und Ärzte bestmöglich zu vertreten und damit die optimale Patientenversorgung sicherzustellen".

Der budgetäre Jahresvoranschlag für 2024 ist laut Kammer mit einer Zweidrittelmehrheit in der Vollversammlung beschlossen worden. Das Budget für die Funktionärinnen und Funktionäre betrage rund 14 Prozent und liege damit in etwa auf dem Niveau von 2018.

Bei der Abstimmung über die adaptierte Diäten- und Reisegebührenordnung samt der neuen Gelder für Funktionärinnen und Funktionäre dürfte es in der Sitzung aber heiß hergegangen sein. Die Ärztefraktion MFG unter Christian Fiala legte Beschwerde bei der für die Ärztekammer zuständigen Aufsichtsbehörde MA 40 (Soziales, Sozial- und Gesundheitsrecht) ein. Der Grund: Bei der Abstimmung habe aufgrund zu weniger Mitglieder eine "Beschlussunfähigkeit der Vollversammlung" geherrscht. Die MA 40 wurde gebeten, den Beschluss "dringend für nichtig zu erklären".

Bei der Stadt Wien wurde auf Anfrage bestätigt, dass eine Beschwerde eingelangt sei. Wer diese eingebracht hat und warum, dürfe aber nicht bekanntgegeben werden. (David Krutzler, 14.12.2023)