Blick auf die OMV-Chemietochter Borealis
Blick auf die OMV-Chemietochter Borealis.
APA/ROBERT JAEGER

Die Verhandlungen haben sich über Monate hingezogen, nun scheint es fix: OMV und Adnoc, die mit 24,9 Prozent an Österreichs größtem Industriekonzern beteiligte staatliche Ölgesellschaft der Vereinigten Arabischen Emirate, bündeln ihr Petrochemiegeschäft. Teil des Deals ist die OMV-Kunststofftochter Borealis. Sie sollen mit dem in Abu Dhabi gelisteten Joint Venture Borouge zu einem knapp 30 Milliarden Euro schweren Unternehmen fusioniert werden. OMV hat sich dazu noch nicht öffentlich geäußert.

Wechselseitig verbunden

Die Verhandlungen gestalteten sich laut Insidern aufgrund der bestehenden Kreuzbeteiligungen und des Anspruchs schwierig, eine Partnerschaft auf Augenhöhe hinzubekommen. Borealis gehört zu 75 Prozent der teilstaatlichen OMV und zu 25 Prozent Adnoc. Der Ölkonzern aus den Emiraten hat die Anteile offiziell erst dieses Frühjahr von Mubadala, dem Staatsfonds aus Abu Dhabi, übernommen.

Die Abu Dhabi National Oil Company, wie Adnoc ausgeschrieben heißt, hat ihre Anteile an OMV mit den von der Staatsholding Öbag gehaltenen 31,5 Prozent syndiziert. So bestimmen die Abus den Kurs von Österreichs größtem Industrieunternehmen mit. An Borouge hingegen hält Adnoc 54 Prozent, Borealis ist mit 36 Prozent beteiligt.

Borealis gilt als einer der weltweit führenden Hersteller von Polyolefinen. Die Kunststofftochter ist für OMV der wichtigste Teil in der Umsetzung ihrer Strategie bis 2030. Der Öl-, Gas- und Chemiekonzern will, wie berichtet, bis 2050 klimaneutral sein. Dazu soll das traditionelle Öl- und Gasgeschäft zurückgefahren werden und die Chemiesparte zum Wachstumstreiber werden.

Kapitalzuschuss

Teil der nun erzielten Einigung dürfte eine Kapitalspritze sein. Weil Borouge etwa doppelt so hoch bewertet wird wie Borealis, sollte OMV Geld zuschießen, damit beide Partner zu gleichen Teilen am neuen Chemiekonzern beteiligt sein könnten. Zuletzt war von eineinhalb bis zwei Milliarden Euro an Zuschuss österreichischerseits die Rede.

Österreichs Regierung war sehr darauf bedacht, die Unternehmenszentrale im Land zu behalten. Das dürfte tatsächlich gelungen sein. Die OMV-Aktie schloss am Donnerstag um 2,8 Prozent höher.

Strategisch mache der Zusammenschluss durchaus Sinn, sagen Experten. Borouge könne vom technologischen Wissen profitieren, das der Kunststoffspezialist Borealis einbringe. Borealis ihrerseits komme zu günstigeren Rohstoffen und habe besseren Zugang zu starken Wachstumsmärkten in Asien.

Auf Einkaufstour

Die Araber, die vom früheren OMV-Chef Rainer Seele beraten werden, befinden sich momentan auf Einkaufstour: Mit einem fast zwölf Milliarden Euro schweren Übernahmeangebot bemüht sich Adnoc beispielsweise um den deutschen Kunststoffkonzern Covestro – dessen Vorstand hält das Angebot aber für zu niedrig.

Nach einem Bericht der Nachrichtenagentur Bloomberg prüft Adnoc auch eine Übernahme der vom deutschen Chemieriesen BASF kontrollierten, zum Verkauf stehenden Öl- und Gasfirma Wintershall, die dabei mit mehr als zehn Milliarden Euro bewertet werden könnte. (Günther Strobl, 14.12.2023)