Eine Frau blickt in einen leeren Kühlschrank.
Wieder Zeit, um Lebensmittel einzukaufen? Unbezahlte Tätigkeiten wie diese bleiben noch immer häufiger an Frauen hängen.
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Wer wendet mehr Zeit für Hausarbeit auf? Wer arbeitet mehr Stunden für Lohn? Die Zahlen darüber waren in Österreich schon länger veraltet. Die letzte Zeitverwendungsstudie präsentierte Daten aus den Jahren 2008/2009. Doch auch 14 Jahre später hat sich wenig geändert, wie eine neue Studie der Statistik Austria über die Zeitverwendung der Österreicher:innen zeigt. Die Studie wurde im Auftrag des Frauenministeriums durchgeführt und ist die vierte Zeitverwendungsstudie. Davor wurde die Zeitverwendung in den Jahren 1981, 1992 und eben 2008/2009 erhoben.

Laut Erhebung von 2008/2009 wendeten Frauen durchschnittlich 4,54 Stunden für die unbezahlte Arbeit auf. Bei Männern waren es 2,34 Stunden. Die aktuellen Zahlen zeigen nun wenig Veränderung: Frauen leisten 4,19 Stunden unbezahlte Arbeit. Das sind zwar um 35 Minuten weniger, trotzdem sind es noch immer fast zwei Stunden mehr als Männer, die 2,29 Stunden unbezahlte Arbeit pro Tag verrichten.

Männer leisten 1,9 Stunden weniger unbezahlte Arbeit als Frauen. An der Menge an Erwerbsarbeit liegt es nicht.
Männer leisten 1,9 Stunden weniger unbezahlte Arbeit als Frauen. An der Menge an Erwerbsarbeit liegt es nicht.
Der Standard

Zu unbezahlten Tätigkeiten zählen etwa Hausarbeiten, Kinderbetreuung, Unterstützung von erwachsenen Haushaltsmitgliedern, Unterstützung von Personen in anderen Haushalten, ehrenamtliches und freiwilliges Engagement.

Auch die Gesamtarbeitszeit von erwachsenen Frauen unter 65 Jahren ist höher, wenn auch nur geringfügig und beträgt 7,38 Stunden, bei Männern sind es 7,25 Stunden. Im Vergleich zur Erhebung von 2008/2009 hat sich die Gesamtarbeitszeit für Frauen um knapp eine Stunde verringert, für Männer um 1,7 Stunden.

Erwerbsarbeit heißt nicht weniger Hausarbeit

Die Studienautor:innen weisen allerdings darauf hin, dass es keine direkte Vergleichbarkeit zu vorangehenden Erhebungen aufgrund methodischer Unterschiede gibt. So unterscheiden sich etwa manche Kategorien, und die Teilnehmer:innen hatten auch erstmals die Möglichkeit, neben einem Papiertagebuch auch mit einer App ihren Tagesverlauf einzutragen. Für die aktuelle Erhebung dokumentierten 4.342 Haushaltsmitglieder an zwei festgelegten Tagen in zehnminütigen Intervallen ihren Tagesverlauf. In den Haushalten gab es die unterschiedlichsten Konstellationen – von Paar- über Ein-Eltern-Haushalte über Mehrpersonenhaushalt mit oder ohne Kinder.

Die ungleiche Verteilung der unbezahlten Arbeit zwischen Männern und Frauen erklärt sich nicht durch die geleistete Erwerbsarbeit: Wenn Männer und Frauen gleich viel Erwerbsarbeit leisten, erledigen trotzdem Frauen zwei Drittel (63 Prozent) der Hausarbeit und ein Drittel Männer (36 Prozent). Deutliche Unterschiede gibt es auch bei der Kinderbetreuung, die spielen, lesen, lernen oder auch das Begleiten der Kinder zu verschiedenen Tätigkeiten umfasst. Frauen mit mindestens einem Kind unter 18 Jahre im Haushalt leisten 1,58 Stunden Kinderbetreuung, Männer mit Kindern im Haushalt wenden mit 53 Minuten weniger als die Hälfte dafür auf. Wenn Männer und Frauen gemeinsam im Haushalt leben, erledigen Frauen 67,2 Prozent der Kinderbetreuung und Männer 32,8 Prozent.

Befragt wurden Haushaltsmitglieder ab zehn Jahren und es zeigte sich, dass Frauen und Mädchen zusammengenommen täglich 3,7 Stunden mit Hausarbeit und Männer und Buben mehr als eine Stunde weniger (1, 54 Stunden) mit Hausarbeit zubringen.

Weniger Freizeit, auch im Alter

Auch im Alter haben Frauen weniger Freizeit. Männer über 65 Jahren genießen mit 7,37 Stunden die meiste Freizeit, bei Frauen sind es 6,41 Stunden. Am wenigsten Freizeit haben Frauen im Alter von 20 und 39 Jahren mit 4,32 Stunden pro Tag, Männer im selben Altern haben 5,14 Stunden Freizeit.

Während des Erhebungszeitraums zwischen Oktober 2021 und Dezember 2022 gab es noch gesundheitspolitische Maßnahmen aufgrund der Corona-Pandemie. So gab es etwa zwischen 22. November und 12. Dezember etwa einen bundesweiten Lockdown. Von Schulschließungen sah man damals aber ab, und für die Arbeit im Homeoffice gab es lediglich eine Empfehlung. Die Studienautor:innen halten daher fest, dass der Erhebungszeitraum "nur in geringen Ausmaß von den Maßnahmen zur Eindämmung der Corona-Pandemie betroffen waren".

Katharina Mader, Ökonomin beim arbeitnehmernahen Momentum-Institut, sieht dennoch auch in der Pandemie einen Grund für die Stagnation der Verteilung der Arbeit. "Krisen können Gleichstellungspolitik zunichtemachen", sagt Mader. In den vorliegenden Zahlen sieht sie "Überbleibsel" aus der Pandemie. Studien (zum Beispiel hier und hier) zeigten, dass Frauen während der Pandemie mehr Familienarbeit leisteten und auch zusätzlich entstandene Aufgaben wie Homeschooling öfter übernahmen. Auch haben mehr Frauen als Männer ihre Erwerbsarbeit reduziert. Viele Untersuchungen kamen zu dem Schluss, dass die Corona-Pandemie die klassische Rollenverteilung weiter zementieren würde.

Immerhin konnten Frauen die Zeit für unbezahlte Arbeit um 35 Minuten reduzieren – obwohl Männer gleichzeitig nicht mehr unbezahlte Arbeit leisteten. Das könnte am technologischen Fortschritt liegen, sagt Mader. So wurden 2008/2009 zum Beispiel noch elf Minuten für Geschirrabwaschen und Küchenarbeiten aufgewendet, in der aktuellen Erhebung sind es nur mehr sechs Minuten. So verfügen heute wohl noch mehr Haushalte über Geschirrspüler als vor 14 Jahren, manche haben inzwischen sogar Staubsaugroboter. "Welche Arbeit sich allerdings nie wirklich verringern wird, ist die Care-Arbeit", sagt Mader, weshalb vor allem diese Arbeit besser verteilt werden müsste.

Hoffnung auf Jüngere

"Die Studie bestätigt mich in dem Ziel, Frauen und gerade Mütter weiter zu entlasten und Rahmenbedingungen für eine gleichberechtigte Aufgabenteilung zu schaffen", kommentierte Frauen- und Familienministerin Susanne Raab (ÖVP) die Ergebnisse in einer Aussendung. Ein Mittel für mehr Wahlfreiheit sei der Ausbau der Kinderbetreuung, in den 4,5 Milliarden Euro investiert werden sollen. Einen positiven Trend sieht Raab bei den jüngeren Generationen. Junge Paare würden eine gerechtere Aufteilung anstreben, zitierte sie eine aktuelle Studie zur Arbeitsteilung in Partnerschaften des Österreichischen Instituts für Familienforschung.

Die Neos sehen die Corona-Pandemie als Ursache für alte Rollenbilder. "Es waren vor allem die Frauen, die die Mehrbelastung von Homeschooling, Hausarbeit und Kinderbetreuung während der Lockdowns zu tragen hatten", sagt Frauensprecherin Henrike Brandstötter. Sie forderte garantierte Ganztagskinderbetreuung ab dem ersten Geburtstag, einen individuellen Karenzanspruch für jeden Elternteil für maximal 18 Monate und verpflichtendes Pensionssplitting.

SPÖ-Frauensprecherin Eva-Maria Holzleitner fordert ebenfalls einen Rechtsanspruch auf einen kostenlosen, ganztägigen Kinderbildungsplatz ab dem ersten Lebensjahr sowie eine faire Aufteilung der Karenzzeiten und eine allgemeine Arbeitszeitverkürzung. Die Zeitverwendungsstudie müsse außerdem regelmäßiger durchgeführt werden.

Der Österreichische Gewerkschaftsbund (ÖGB) will mit einem Rechtsanspruch auf beitragsfreie Kinderbetreuung ab dem ersten Geburtstag sowie mit einem Familienarbeitszeitmodell Abhilfe schaffen. Arbeiterkammer-Präsidentin Renate Anderl verortete die Frauenpolitik in Österreich in den "50er-Jahren" und forderte einen raschen Ausbau der Kinderbildung und Pflege sowie eine regelmäßig stattfindende Zeitverwendungserhebung. (Beate Hausbichler, 18.12.2023)