Ein Baukran mit der Aufschrift Signa vor der Baustelle in der Wiener Mariahilfer Straße
Bisher haben Gläubiger 1,1 Milliarden Euro an Forderungen angemeldet, der Sanierungsverwalter wird Medienbeteiligung und US-Immobilien der insolventen Signa Holding verwerten.
Reuters/Lisa Leutner

Schwere Einschnitte sind es, die auf die Signa Holding zukommen. Am Dienstag ab 13 Uhr hat die Gläubigerversammlung im Wiener Handelsgericht getagt, wo das von dem Tiroler René Benko gegründete Unternehmen vor rund drei Wochen Wochen Insolvenz angemeldet hatte. Mit fünf Milliarden Euro ist die Dachgesellschaft, zu deren wichtigsten Pfeilern die Signa Prime Selection AG und die Signa Development zählen (oder zählten), überschuldet. Das Unternehmen wird in Eigenverwaltung weitergeführt, zum Sanierungsverwalter wurde der Wiener Rechtsanwalt Christof Stapf bestellt. Der Plan lautet, den Gläubigern binnen zwei Jahren 20 Prozent ihrer Forderungen zu bezahlen – das wären rund 1,5 Milliarden Euro. Bis Dienstag haben 43 Gläubiger ihre Forderungen angemeldet, in Summe rund 1,13 Milliarden Euro. Die Frist zur Anmeldung läuft aber noch bis 15. Jänner.

Stapf hat den Gläubigern am Dienstag seinen ersten Zwischenbericht vorgelegt – und der hat es in sich. Er kündigte rasche Verkäufe an – davon betroffen auch die Medienbeteiligung der Signa an "Kurier" und "Krone" –, zudem gibt es Gespräche um den Verkauf der US-Immobilien, zu denen das Chrysler Building in New York gehört.

Video: Erste Gläubigerversammlung bei Signa Holding.
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Kontrolle wiedererlangen, wenn es noch geht

Der Insolvenzverwalter hat die gesamte Geldgebarung an sich gezogen, wie es in einer Aussendung hieß, und mit der Sicherung und Analyse der Daten begonnen. Zur Finanzierung des "komplexen Verfahrens" seien weitere Sicherstellungen nötig. Und es sei schon klar, dass die von Benko zugesagten und teilweise schon getätigten Zuschüsse in Höhe von drei Millionen Euro nicht reichen werden, wenngleich man den genauen Liquiditätsbedarf noch nicht kenne. Zudem berichtete der Sanierungsverwaltung indirekt von einem gewissen Kontrollverlust: Man müsse die Kontrolle über einzelne Teile der Signa-Gruppe wiedererlangen, "wenn das überhaupt noch möglich ist". Stapf plädierte in diesem Zusammenhang für die Schaffung eines gruppenübergreifenden Lenkungsgremiums, das die "Restrukturierung der gesamten Gruppe" bewerkstelligen soll.

Im Insolvenzantrag hat Signa angegeben, 53 direkte Beteiligungen zu halten und "mehrere Hundert" indirekte Beteiligungen – tatsächlich dürfte es sich um eine Art Gesellschaftsdschungel handeln. Laut Sanierungsverwalter umfasst das vorläufige Organigramm der Gruppe (auf dem Stand von Ende September) 46 Seiten im A3-Format. Und sein Urteil zur Signa-Führung fällt vernichtend aus: Im mittleren Management bestehe ein Mangel an Managementkapazitäten mit übergreifendem Wissen, die Holding sei ihrer Kontrollfunktion zuletzt nur mehr teilweise nachgekommen.

Ob der Sanierungsplan angemessen ist, das hängt noch von weiteren Recherchen des Insolvenzverwalters und seines Teams zusammen. Im Rahmen seiner Prüfungen ist er nämlich auf mehrere aufklärungsbedürftige Geschäftsvorgänge aus dem laufenden Jahr gestoßen, wie es in seiner Aussendung von Dienstag heißt. Unterstützt wird Stapf bei alledem von Deloitte Financial Advisory und Deloitte Legal, die vom Gericht als Sachverständige bestätigt wurden.

Privatjet wird verkauft, Signa zieht aus

Kein Stein wird auf dem anderen bleiben, bei den Verkäufen und Verwertungen steigt der Sanierungsverwalter aufs Gas. Sein Verwertungsplan hat es in sich: "Nicht zwingend nötige Bestandsverträge werden aufgelöst", also Miet- bzw. Pachtverträge. Das betrifft auch die prächtige Signa-Zentrale im Palais Harrach und Palais Ferstel, die beide zum Reich des 2015 verstorbenen Billa-Gründers Karl Wlaschek gehören. Allerdings hat die Holding auch nur noch acht Beschäftigte, alle anderen 34 wurden gekündigt. Wie berichtet, beträgt der Pachtaufwand fürs Harrach laut Finanzplan der Signa Holding 425.115 Euro im Jahr – und als Dienstnehmer hatte die Signa in ihrem Insolvenzantrag an erster Stelle René Benko genannt.

Bereits zugesperrt wurden jene Signa-Betriebe, die der Repräsentation und Akquisition von Kunden und Investoren dienten, wozu etwa die Jagden zählten. Auch mit dem Fliegen im Privatjet ist es vorbei: Die Cessna Citation XLS der Signa Holding wird verkauft.

Ein Schicksal, das auch einige Signa-Töchter erwartet: Mit Zustimmung der Signa Holding wird deren Medienbeteiligung an "Krone" und "Kurier" verwertet werden, kündigte der Sanierungsverwalter an. Er greift sozusagen bis nach New York: Bereits jetzt gibt es Gespräche über eine Verwertung der Beteiligung an der Signa RFR US Selection AG – unter deren Dach sich auch das 77-stöckige Chrysler Building in Manhattan befindet.

Stattfinden werden auch Recherchearbeiten zu Transaktionen, die dieses Jahr gelaufen sind. Der Sanierungsverwalter wird 53 Geschäftsfälle prüfen, es geht darum, ob Deals mangels Angemessenheit rückabgewickelt oder angefochten werden. Sollte dem so sein, könnte laut dem Geschäftsführer der Creditreform, Gerhard Weinhofer, noch einiges Geld in die Masse fließen, was den Gläubigern zugute käme. Wie berichtet wurden immer wieder Liegenschaften innerhalb der Gruppe verkauft, all das wird nun unter die Lupe genommen.

Enge Zusammenarbeit mit Signa-Leuten

Was Signa Prime und Signa Selection betrifft, verwies der Sanierungsverwalter nur auf "laufende Restrukturierungs- und Sanierungsbemühungen", die er unterstütze. An einer Veränderung der Verfahrensart der Insolvenz – die eben als Sanierungsverfahren in Eigenverwaltung abgewickelt wird – muss man laut Stapf aus jetziger Sicht nicht denken, "die Organe der Gesellschaft arbeiten motiviert und konzentriert mit dem Sanierungsverwalter zusammen", wie er erklärt. Wie DER STANDARD erfahren hat, hält er mehrmals am Tag Meetings mit den Signa-Führungskräften ab, zudem wird er regelmäßig von den Ereignissen in Signa Prime und Development informiert.

Besonders eng soll sein Kontakt zu Erhard Grossnigg sein; der enge Vertraute von Signa-Investor Hans Peter Haselsteiner ist in den Vorstand der beiden Kerngesellschaften der Signa eingezogen. Stichwort Signa Prime, unter deren Dach die Filetstücke der Signa-Immobilien zu finden sind: Dem Vernehmen nach werden bereits Gespräche geführt, deren Inhalt der Verkauf des Goldenen Quartiers in Wien sein sollen. Das wird in Signa-Kreisen dementiert. (Renate Graber, 19.12.2023)