Belvedere
Bis Jahresende wird im Oberen Belvedere in Wien mit 1,3 Millionen Menschen gerechnet, um 60 Prozent mehr als im Vorjahr. Damit sei man "aktuell das meistbesuchte Kunstmuseum Österreichs." Tickets aus dem Container sollen im Belvedere der Vergangenheit angehören.
APA/WOLFGANG HUBER-LANG

Der Besuchererfolg ist unübersehbar: Im Oberen Belvedere herrscht ein Andrang wie am Weihnachtsmarkt. "Die Besucherinnen sind zurück. Ich sage das mit großer Erleichterung. Wir haben nicht erwartet, dass es nach der Pandemie so schnell geht", freute sich Wolfgang Bergmann, Wirtschaftlicher Geschäftsführer des Belvedere, bei der heutigen Jahrespressekonferenz. Die 2019er-Besucherzahl wurde am vergangenen Wochenende bereits erreicht. Und das bedeutet: Neuer Besucherrekord!

Bis Jahresende wird im Oberen Belvedere mit 1,3 Millionen Menschen gerechnet, um 60 Prozent mehr als im Vorjahr. Damit sei man "aktuell das meistbesuchte Kunstmuseum Österreichs", hieß es. Inklusive der Standorte Unteres Belvedere und Belvedere 21 werden bis Ende des Jahres ca. 1,8 Millionen Besucherinnen und Besucher erwartet. Spitzenreiter war bisher das Jahr 2019 mit 1.721.399 Eintritten. "Die Mischung hat sich aber deutlich geändert", sagte Bergmann. Südkorea war vor der Pandemie auf Platz eins der Besucher-Herkunftsländer und wurde nun von Italien abgelöst. "Polen und Ungarn wachsen bei den Besuchern ebenfalls stark. Entsprechend passen wir unsere Audioguides an." Der Anteil der Besucher aus Österreich hat von 17 auf 20 Prozent zugenommen, Asien verzeichnet ein Minus von 60 Prozent.

"Es wird eine mächtige Halle sein"

Der Andrang verursacht vor allem im Eingangsbereich räumliche Probleme - weswegen schon seit langem ein neues "Visitor Center" geplant wird, für das heuer vom Bund Grünes Licht gegeben wurde. Der laufende Architekturwettbewerb soll im März 2024 abgeschlossen sein. Für die Umsetzung wird mit einer 18-monatigen Planungs- und Einreichungsphase und einer ebenso langen Bauzeit gerechnet. Bergmann stellte heute die detaillierteren Lagepläne vor: Künftig werde der "Kavalierstrakt" entlang der Prinz-Eugen-Straße als Eingangsbereich fungieren. Von ihm gelangt man in eine neue Eingangshalle, die unter jener gürtelseitigen Vorfläche errichtet wird, die derzeit mit einem Christkindlmarkt bespielt wird. "Es wird eine mächtige Halle sein, mit einem dieser barocken Anlage würdigen Entrée", sagte Bergmann, der damit rechnet, dass während der ersten Bauphase ungestörter Museumsbetrieb erfolgen kann, danach das Obere Belvedere aber für ein halbes Jahr bis ein Jahr schließen muss. In dieser Zeit werde man die Sammlungshighlights wie Klimts "Der Kuss" im Unteren Belvedere zeigen. Mit der Eröffnung wird für 2028 gerechnet, kleinere Flächen im Palais können dann auch wieder für Ausstellungen genützt werden.

Wie hoch bei den erwarteten 35 Mio. Euro Baukosten der Anteil an Eigenmitteln sein werde, sei noch nicht ausverhandelt, sagte Bergmann. Dank der Ticketerlöse, die 2023 rund 18 Millionen Euro betragen werden, sei man aber ein finanzstarkes Haus, dessen Eigendeckungsgrad heuer 70 Prozent erreichen werde. Von der Erhöhung der Basisabgeltung für die Bundesmuseen (5,17 Mio. Euro) wird man aber auch profitieren: Die Basisabgeltung des Belvedere steigt 2024 um 498.000 Euro auf 11,198 Mio. Euro. Investitionen gibt es u.a. in Energie- und Nachhaltigkeitsmaßnahmen. So wird im Belvedere 21 die Umstellung auf LED fortgesetzt und ist die Errichtung einer Photovoltaikanlage auf dem Dach geplant. Ein Anschluss an Fernkälte ist in Vorbereitung.

"Belvedere Salzburg"

Die zweite wichtige Weichenstellung für das Belvedere im Jubiläumsjahr des 300-jährigen Bestehens erfolgte heuer in Salzburg: Dort startete im Oktober die bauliche Umsetzung der Kunsthalle "Belvedere Salzburg" unter dem zweiten Innenhof der Neuen Residenz. Die Finanzierung erfolgt im Rahmen des Investitionsprogramms für Kulturbauten durch Stadt und Land Salzburg. "Es geht dahin", zeigte sich Belvedere-Generaldirektorin Stella Rollig über den Baufortschritt optimistisch. Ende 2026 sollen die Räumlichkeiten übergeben werden. Dann kann die Einrichtung der geplanten Präsentation von 800 Jahren Kunstgeschichte der Belvedere-Sammlung beginnen. Geplanter Eröffnungstermin ist Frühjahr 2027.

Im Ausstellungsprogramm für 2024 bietet die Österreichische Galerie Belvedere u.a. Blicke auf das Kunstgeschehen in der Ukraine, Finnland, Japan, Ghana, Georgien und Großbritannien. "Das Programm 2024 greift Themen wie Diversität und Inklusion, politische Krisen und Identitätskonstruktionen, Ökologie und Nachhaltigkeit, digitale Kulturen und Transformationen sowie Neudarstellungen historischer Avantgarden auf", heißt es dazu im Pressetext. "Dabei setzt das Belvedere gezielt auf Kooperationen mit arrivierten europäischen Partnerinstitutionen, um Synergieeffekte zu nutzen und die internationale Vernetzung zu stärken."

Umfassende Präsentation ukrainischer Kunst

Die im Februar im Unteren Belvedere eröffnende Ausstellung "In the Eye of the Storm. Modernismen in der Ukraine" sei etwa "ein großes Projekt, das ursprünglich in Madrid als eine Initiative des Thyssen-Museums seinen Ausgang genommen hat", sagte Rollig über diese "umfassendste Präsentation ukrainischer Kunst von Anfang bis Mitte des 20. Jahrhunderts, die außerhalb der Ukraine gezeigt wird". Ab 21. Juni wird die bedeutende deutsche Grafikerin, Malerin und Fotomontage-Künstlerin Hannah Höch (1889-1978) im Zusammenhang mit dem Experimentalfilm ihrer Zeit gewürdigt. Im Herbst 2024 präsentiert der ghanaische Künstler Amoako Boafo im Unteren Belvedere seine erste museale Werkschau in Europa. In der Orangerie ist ab 15. März Broncia Koller-Pinell (1863-1934) als "eine Schlüsselfigur ihrer Zeit" zu sehen, ab 27. September der finnische Klimt-Zeitgenosse Akseli Gallen-Kallela.

Das Belvedere 21 zeigt Einzelpräsentationen von Oliver Ressler, Angelika Loderer, Tamuna Sirbiladze, Kazuko Miyamoto und der britischen Künstlerin Monster Chetwynd, eine Ausstellung, die Friedrich Kiesler und Walter Pichler in einem zeitgenössischen Display in Dialog bringt und beherbergt ab 2. Oktober das Medienkunstfestival CIVA. Rollig: "Wir wollen den digitalen Künsten im Belvedere 21 verstärkt Raum geben und das Festival künftig hier jährlich ausrichten." (APA, 19.12.2023)

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