Stefan Ferenci, Vizepräsident der Wiener Ärztekammer
Stefan Ferenci kritisierte wegen der Personalengpässe in den städtischen Spitälern auch Gesundheitsstadtrat Peter Hacker (SPÖ). Im Dezember organisierte er als Ärztekammer-Vize einen Protestmarsch der Spitalsärzte.
APA / Helmut Fohringer

So richtig überzeugt ist Stefan Ferenci von seinem avisierten Rücktritt nicht. "Ich würde gerne weitermachen", sagte der streitbare Vizepräsident der Wiener Ärztekammer im Gespräch mit dem STANDARD. "Aber die familiäre Situation lässt das nicht mehr zu." Ferenci, der auch Kurienobmann der angestellten Ärztinnen und Ärzte ist, hatte am Dienstag in einer internen E-Mail überraschend seinen Rückzug mit 20. Februar 2024 angekündigt. An diesem Tag findet die nächste reguläre Kuriensitzung statt. Mit seinem Rücktritt komme er dem Wunsch seiner Frau und seiner Kinder nach, sagte Ferenci. "Aber dieser Schritt fällt mir sehr schwer."

In dem seit Monaten tobenden internen Machtstreit in der Wiener Kammer kommt es damit zu einer weiteren Wende. Denn Ferenci war auch als massiver Kritiker des umstrittenen Ärztekammer-Präsidenten Johannes Steinhart aufgetreten. Mehrmals hatte Ferenci mit Verbündeten dessen Rückzug gefordert. Auf dem Höhepunkt der Grabenkämpfe Mitte September hatten vier von fünf Präsidiumsmitgliedern der Wiener Kammer – also alle mit Ausnahme von Steinhart selbst – den Rücktritt des Präsidenten verlangt.

Drei Rücktritte im Präsidium

Seither traten aber drei Präsidiumsmitglieder selbst zurück: Vizepräsident Erik Randall Huber verließ im Oktober das Gremium, später folgte entnervt Finanzreferent Frédéric Tömböl. Nun kündigte Ferenci, der Anfang Dezember noch den Protestmarsch der Wiener Spitalsärzte in der Innenstadt orches­triert hatte, diesen Schritt an. Von den einstigen Steinhart-Kritikern im Präsidium bleibt damit vorerst nur noch der dritte Vizepräsident, Stefan Konrad, übrig.

Die Position von Steinhart hat sich damit intern deutlich verbessert. Dabei hatte ihm im Oktober noch eine Mehrheit der Mandatare in der Vollversammlung der Wiener Kammer das Misstrauen ausgesprochen. Der Antrag der Steinhart-Kritiker scheiterte dennoch, weil für eine Abwahl eine Zweidrittelmehrheit notwendig gewesen wäre. Ein Ärztekammer-Präsident ist diesbezüglich besonders geschützt.

Steinhart war es zudem geschickt gelungen, eine neue Koalition in der Wiener Kammer zu schmieden. In der neuen Führung findet sich auch Ex-Präsident Thomas Szekeres wieder, der zuvor lange Jahre Gegner von Steinhart war. Um die neue Koalition abzusichern, wurden auch zahlreiche neue bezahlte Posten und sogenannte Referate beschlossen: Der Budgetposten "Zahlungen an Funktionäre" wurde für das Jahr 2024 um gleich 45 Prozent erhöht, das sind Mehrkosten von einer Million Euro. Interne Kritiker verweisen darauf, dass damit Unterstützer zufriedengestellt wurden.

Szekeres selbst wurde einer von vier Präsidialreferenten: Diesen Posten gab es zuvor rund zehn Jahre lang nicht, er wurde just in der Ära Szekeres abgeschafft. Ein Präsidialreferent erhält laut der Ärztekammer 4000 Euro pro Monat. Bei vier Personen macht das 192.000 Euro pro Jahr. Allerdings wurde in der neuen Diäten- und Reisegebührenordnung (DRGO) die Präzisierung vergessen, dass die Summe für jeden Präsidialreferenten vorgesehen ist. "Bezüglich der Formulierung sind wir in organisatorischer beziehungsweise rechtlicher Abklärung", sagte ein Sprecher der Kammer.

Steinhart gibt Kassenordination auf

Ruhig wird es um Steinhart jedenfalls nicht: Am Mittwoch wurde auch bekannt, dass Präsident Steinhart seine Kassenordination für Urologie aufgeben wird. Er werde aber "weiter freiberuflicher Arzt bleiben", hieß es aus der Kammer zum STANDARD. "In welcher konkreten Form, steht aktuell noch nicht genau fest." Die Kammer verwies darauf, dass es in der Vergangenheit aber auch schon andere Wahlärzte als Präsidenten gegeben habe. "Es handelt sich dabei also keinesfalls um ein Novum."

Nochvizepräsident Ferenci will auch nach seinem Rückzug weiterhin Fehlentwicklungen in der Kammer – wie den nicht sorgsamen Umgang mit Mitgliedsbeiträgen – aufzeigen. Die aktuellen Entwicklungen auch rund um die zusätzlichen Posten sehe er "sehr kritisch". (David Krutzler, 20.12.2023)