Flugbegleiterin Maria Jakl und honorige Passagiere beim AUA-Erstflug am 31. März 1958 von Wien nach London
Flugbegleiterin Maria Jakl und Ehrengäste beim AUA-Erstflug am 31. März 1958 von Wien nach London. Man flog in einer viermotorigen Vickers Viscount.
Austrian Airlines

Wer nach einer ausgefallenen Aktivität am Silvesterabend suchte, konnte bis vor wenigen Jahren bei Austrian Airlines anrufen. Noch 2019 bot die AUA für den 31. Dezember Rundflüge über Wien an, schickte dafür drei Flugzeuge in die Luft und versprach in einer Werbung den "besten Blick auf die spektakulären Feuerwerke der österreichischen Hauptstadt".

DER STANDARD fragte bei der AUA nach, ob sie heuer wieder Rundflüge im Angebot hat. Die nüchterne Antwort der österreichischen Lufthansa-Tochter: "Austrian Airlines bietet seit 2020 keine Silvesterrundflüge mehr an. Auch weitere Rundflüge werden derzeit nicht angeboten und stehen ebenso nicht in Planung." Als Airline habe man die Aufgabe, "Menschen und Kulturen auf verantwortliche Weise zu verbinden", daher liege der Fokus auf Flügen "zwischen Österreich und der Welt".

Das Aus des Silvesterrundflugs begann Ende 2020, zunächst wegen der Corona-Pandemie. Dass die Rundflüge auch jetzt nicht wiederbelebt werden, sei auch vor dem Hintergrund von Klimadebatten zu verstehen, bestätigt die AUA auf Nachfrage. Ein Flug ohne Ziel sei heute schwierig zu rechtfertigen.

Fliegen war rar und teuer

Was waren eigentlich Idee und Reiz des Rundflugs, die für jüngere Generationen nur schwer nachvollziehbar sein dürften? Der Luftfahrtexperte Kurt Hofmann beschreibt die Faszination, die ein Flug noch in den Siebzigerjahren bei vielen in Österreich auslöste, so: "Ein Flug war für viele nicht oder nur selten leistbar, er war nichts Alltägliches. Beim Fliegen herrschte eine freudige Aufgeregtheit. Manche Leute haben sich für einen Flug schön angezogen." Weil das Fliegen selbst schon als Erlebnis galt, gab es einen Markt für den Rundflug. Der Weg war das Ziel.

In der jüngeren Geschichte war der Silvesterrundflug zunächst das Terrain der Lauda Air, die ab 2006 zum Jahreswechsel im Kreis flog. 2012 übernahm die AUA das Angebot. Die Idee, die sich bis 2019 hielt: Passagiere konnten das Feuerwerk in Wien und Umgebung von oben sehen, eine Stunde lang kreiste man in Achterschleifen über der Hauptstadt, dazu gab's etwas zu essen von Do & Co.

AUA-Flugzeug aus den frühen Achtzierjahren des amerikanischen Herstellers McDonnell Douglas
AUA-Flugzeug des amerikanischen Herstellers McDonnell Douglas aus den frühen Achtzigerjahren.
Austrian Airlines

Ballgesellschaft über den Wolken

Doch Silvesterrundflüge kannte man in Österreich schon früher. In den Achtzigerjahren feierte man am Flughafen in Schwechat, im sogenannten VIP-Center, einen Ball. Eine knappe Stunde vor Mitternacht hob die Ballgesellschaft dann in einer AUA-Maschine ab. "Man hat sich das Feuerwerk von oben angeschaut, ist um halb eins oder eins gelandet und hat im VIP-Center bis in die Morgenstunden weitergefeiert", erinnert sich ein ehemaliger hochrangiger AUA-Mitarbeiter. Später ist das VIP-Center für den Terminal 3 abgerissen worden.

Die AUA bot einst auch einen Fußballstadion-Rundflug anlässlich der Europameisterschaft 2008 an und Österreich-Rundflüge an Nationalfeiertagen und Muttertagen. Auch der verstorbene Niki Lauda lud regelmäßig zu Rundflügen, wenn die Lauda Air ein neues Flugzeug übernahm, und saß dann selbst im Cockpit. Einen Rundflug mit einer neuen Boeing 777 verkaufte der ehemalige Rennfahrer um 777 Schilling. Ans Klima dachte damals noch niemand.

AUA-Dokument von 1959
Dokument von 1959: "Für einen Flug haben sich die Leute früher schön angezogen."
Austrian Airlines

Ziele und Klimaziele

Der Flugverkehr verursacht laut dem Europäischen Parlament rund vier Prozent der CO2-Emissionen in der EU. Allerdings wächst die Luftfahrt schneller als der Straßen-, Schiffs- und Schienenverkehr. Die AUA vermeldete nach dem ersten Halbjahr 2023 bereits 52.641 Flüge – womit sie im ersten Jahr ohne Corona-Einschränkungen wieder im Plus landete. Sie fliegt mehr als 120 Destinationen an.

Eine Handvoll Rundflüge würden bei den Emissionen nicht ins Gewicht fallen. Das Symbol des Rundflugs erscheint der AUA aber verkehrt. Die Fluglinie will ihre Netto-CO2-Emissionen von 2019 bis 2030 halbieren.

Comeback in Pandemie

Außerhalb Europas erlebte der Rundflug in der Pandemie übrigens ein kurzes Comeback. Weil man nicht reisen konnte, bot die taiwanesische Eva Air im August 2020 einen dreistündigen "Flug ins Nirgendwo". Start und Ziel war gleichermaßen Taipeh. Auch die japanische ANA ließ Fluggäste im Airbus über Tokio kreisen.

Angebote für Rundflüge gibt es in Europa heute mit Kleinflugzeugen und Hubschraubern. Dass der Rundflug mit Linienflugzeugen hier wieder in Mode kommt, glaubt Luftfahrtkenner Hofmann nicht: "Wenn ein junger Mensch vier Europaflüge im Jahr macht, lockst du ihn nicht mehr mit einem Österreich-Rundflug." (Lukas Kapeller, 30.12.2023)