Im Jahr 1969 endete das große Space Race zwischen der UdSSR und den USA mit der Mondlandung durch die Crew der Apollo-11-Mission. Neil Armstrong, Buzz Aldrin und Michael Collins schrieben Geschichte, während die Sowjets nach Verzögerungen und Fehlschlägen letztlich keine eigene bemannte Mondlandung durchführten. 1972 (Apollo 17) hat bis dato zum letzten Mal ein Mensch den Erdtrabanten betreten.

Bald soll es aber wieder so weit sein. Derzeit bereitet die Nasa eine bemannte Mond-Umrundung im Rahmen der Mission Artemis 2 vor. Diese Mission dient als Vorbereitung für Artemis 3, die 2024 wieder Erdenbürger ihre Stiefel in die staubige Oberfläche des Mondes setzen lassen soll. Doch diesem kleinen Schritt für die Astronauten und potenziell großen Schritt für die Menschheit wird schon im Vorfeld ein Bein gestellt. Nämlich von ausufernden DMCA-Löschbegehren.

DMCA steht für Digital Millenium Copyright Act und ist ein US-Regelwerk für den Umgang mit Urheberrechten im Netz. Um diesem gerecht zu werden und den eigenen Aufwand in Grenzen zu halten, hat Google ein Onlineformular eingerichtet, über das Rechteinhaber Seiten melden können, die ihrer Ansicht nach ihr Copyright verletzen. Sofern der Löschantrag akzeptiert wird, verschwinden die benannten URLs aus den Suchergebnissen. An ihrer statt erscheint dann lediglich ein knapper Hinweis auf die Entfernung nebst Link zu den DMCA-Regelungen.

Die Crew der Artemis-2-Mission der Nasa: Christina Koch, Reid Wiseman, Victor Glover und Jeremy Hansen.
Die Crew der Artemis-2-Mission: Christina Koch, Reid Wiseman, Victor Glover und Jeremy Hansen.
Nasa

Fahrlässiges Versehen

Das gut gemeinte System hat aber seine Tücken. Immer wieder führt es zum Verschwinden von Seiten, die mitunter gar nichts mit den Beschwerdeführern zu tun haben oder die kritische Informationen über selbigen beinhalten. Ob Absicht dahinter steckt oder ob es sich um ein Versehen handelt, ist eine Frage des Einzelfalles.

Ziemlich sicher in die Kategorie "fahrlässiges Versehen" fällt allerdings eine Antragsflut zum Begriff "Artemis". Eingereicht wurde diese bereits im Dezember 2022, vor kurzem spürte Torrentfreak sie in der Lumen Database, in der DMCA-Begehren archiviert werden, auf. Verfasst wurden sie von der kanadischen Firma Piracy Prevention Inc. im Namen einer Onlyfans-Darstellerin.

Diese hat sich ebenfalls den Künstlernamen "Artemis" auserkoren, den in der griechischen Mythologie die Göttin der Jungfräulichkeit, Wildnis, Jagd und Geburt trägt. Mit ihrem Auftritt ist sie auch sehr erfolgreich unterwegs und versammelt alleine auf der kostenlosen Version ihres Auftritts rund 50.000 Abonnenten. Dazu kommen noch viele mehr auf weniger freizügigen Plattformen wie Instagram.

Ein Instagram-Foto von
Hatte kein gutes Händchen bei der Wahl ihrer Copyright-Schützer: Instagram-Influencerin und Onlyfans-Darstellerin "Artemis".
Instagram/artemisfits.live

Nasa-Mission und Microsoft-KI

Bei der Wahl ihres Copyright-Schutzes hatte sie aber offenbar kein glückliches Händchen. Denn "Piracy Prevention" hat allen Anschein nach schlicht sämtliche prominenteren Links gemeldet, die den Begriff "Artemis" beinhalteten. Und das betrifft nicht nur Berichte über das gleichnamige Nasa-Programm. Verlangt wurde auch eine Löschung der Suchergebnisse für eine Blogbeitrag des Villanova Law Institute. In diesem geht es um "Project Artemis", eine von Microsoft entwickelte KI, die bei der Bekämpfung von Menschenhandel helfen soll.

Die von der Firma übermittelte Linkliste enthält Artikel bekannter Medien wie der BBC, "El País", "Le Monde", dem ORF, Techblogs wie The Verge und Hackaday oder auch der britischen Regierung. Diese stehen allesamt nicht in Verdacht, einschlägiges Bild- und Filmmaterial der Online-Sexarbeiterin ungefragt zu kopieren und zur Schau zu stellen. Aufgeführt waren auch Seiten, auf denen tatsächlich eine illegale Weiterverbreitung der Onlyfans-Inhalte stattgefunden haben dürfte, es dürfte sich dabei aber um eine Minderheit der Einreichungen handeln.

Wiederholungstäterin

Piracy Prevention fällt dabei als Wiederholungstäterin auf. Die Firma ist in den Google-DMCA-Einträgen mit rund 60 Konten vertreten, wobei insgesamt bislang etwa 52 Millionen URLs zur Löschung aus der Suche übermittelt wurden. Im November verlangte man von Tumblr die Entfernung von 90 Einträgen im Namen des Models "La Sirena". Keine einzige der reklamierten Einträge hatte mit besagter Dame allerdings etwas zu tun. Tumblr lehnte die Entfernung der Seiten ab und stellte die Firma öffentlich an den Pranger.

An der Adresse von Piracy Prevention in Candiac, Quebec, ist außerdem auch das Unternehmen BranditScan gelistet, das bisher über 70.000 Internetadressen per DMCA-Takedown-Notice gemeldet hat.

Onlineplattformen verbieten an und für sich den Missbrauch ihrer DMCA-Formulare, beispielsweise mit vollautomatisierten und nicht menschlich überprüften Massenlöschanträgen. Allerdings kommt es selten zu Konsequenzen, wenn – wie in diesem Fall – gegen diese Auflage verstoßen wird. (red, 28.12.2023)