Margit Göll blickt auf ein Jahr der föderalen Karrieresprünge zurück. Und sie beginnt 2024 mit einem ebensolchen: Die niederösterreichische ÖVP-Politikerin wird Präsidentin des Bundesrats. Und das, nachdem sie erst im März vom Landtag in den Bundesrat gewechselt war – und dort im Juli zur Vizepräsidentin aufgestiegen ist.

Margit Göll im Bundesrat
Margit Göll will in ihre Arbeit als Präsidentin des Bundesrats auch die Perspektive der Bürgermeisterinnen und Bürgermeister einbringen. Sie löst damit die Kärntnerin Claudia Arpa (SPÖ) ab.
Parlamentsdirektion / Johannes Zinner

"Ich bin in die Rolle der Vizepräsidentin hineingewachsen und habe Sitzungen geleitet und vorbereitet", deshalb fühle sie sich auch der neuen Aufgabe gewachsen, sagt Göll im Gespräch mit dem STANDARD. Noch dazu bringe sie die Perspektive der Bürgermeisterinnen und Bürgermeister ein, sagt die Ortschefin von Moorbad Harbach im Waldviertel. Bürgermeisterin zu sein, das "war für mich ein Vorteil im Landtag und ist auch im Bundesrat ein Vorteil".

"Gemeinsam über Grenzen"

Inhaltlich will Göll ihre sechsmonatige Amtszeit am Motto "Gemeinsam über Grenzen. Europa verbindet" orientieren – nicht ohne persönlichen Hintergrund: Moorbad Harbach liegt an der tschechischen Grenze. "Es ist wichtig, auch die Grenzen in unseren Köpfen abzubauen", sagt Göll. Da treffe es sich gut, dass der Bundesrat als Europakammer "Schanier der Bundesländer für Initiativen in der Europäischen Union" sei.

Mit Konferenzen und anderen Veranstaltungen will Göll auch über ihre kurze Amtszeit von sechs Monaten hinaus wirken: "Ich möchte, dass etwas hängen bleibt von meinem Anliegen, Grenzen zu überwinden."

"Wir sind auch Vorbild"

Auch rhetorischen Entgleisungen im Bundesrat will Göll mit ihrer Vorsitzführung weiter entgegenwirken: DER STANDARD hatte ja über Wortmeldungen von FPÖ-Bundesräten berichtet, die mit der Würde des Hohen Hauses schwer vereinbar scheinen. "Mir sind die Wortwahl, der Respekt und die Wertschätzung sehr, sehr wichtig", sagt Göll. "Wir können unterschiedlicher Meinung sein, aber wir sind auch Vorbild. Da müssen wir uns schon gut überlegen, wie wir Kritik formulieren."

Mit der auf den parlamentarischen Weg gebrachten Informationsfreiheit sei "ein wichtiger Entschluss gelungen", findet Göll. Die Ausnahme für kleinere Gemeinden von der Pflicht, Informationen aktiv zu veröffentlichen, verteidigt sie. "Für kleine Gemeinden ist das natürlich schwierig zu handhaben, weil wir weniger personelle Ressourcen haben."

Stabile Kammer

Insgesamt seien die Gemeinden aber ohnehin schon sehr transparent. "Wenn in meiner Gemeinde jemand eine Auskunft will, bekommt er sie", sagt Göll. Mit dem neuen Gesetz komme natürlich mehr Aufwand auf die Kommunen zu. "Aber die Leute wollen sich besser informieren, das ist auch gut so." Angst vor dem Informationsfreiheitsgesetz habe sie jedenfalls keine.

Und welche Rolle wird der Bundesrat spielen, wenn es nach der Nationalratswahl geänderte Kräfteverhältnisse in der großen Kammer und eine womöglich noch nie dagewesene Koalition gibt? Das möchte Göll nicht einschätzen. Nur so viel: "Im Bundesrat kann es ja keine Veränderungen durch die Nationalratswahl geben." Die Länderkammer bleibt also stabil. (Sebastian Fellner, 1.1.2024)