Fragten die Betrogenen nach ihrem Geld, wurden sie aus ihrem Konto ausgesperrt.
IMAGO/Alexander Limbach

Ein früheres Mitglied einer international agierenden, professionell organisierten und auf Cyber-Trading-Betrug ausgerichteten Bande ist am Donnerstag am Wiener Landesgericht wegen schweren gewerbsmäßigen Betrugs rechtskräftig zu 20 Monaten teilbedingter Haft verurteilt worden. Der Mann hatte sich 2017 von dem kriminellen Netzwerk anwerben lassen und hatte als sogenannter Retention-Agent in einem eigens in der kosovarischen Hauptstadt Pristina eingerichteten Callcenter gearbeitet.

Verfahrensgegenständlich waren Onlineplattformen wie Option888, Zoomtrader oder XMarkets.com, über die Handelsgeschäfte mit Optionen und anderen Anlageprodukten angeboten und sagenhafte Gewinne versprochen wurden. Aus einem Investment von zunächst 250 Euro ließen sich binnen fünf Tagen mehr als 100.000 Euro machen, hieß es beispielsweise.

"Jetzt denken Sie vielleicht, so blöd kann man gar nicht sein, dass man das glaubt", meinte der Vertreter der Wirtschafts- und Korruptionsstaatsanwaltschaft (WKStA) eingangs der Verhandlung im Grauen Haus. Auf dem Papier hätten die meisten Opfer aber tatsächlich entsprechende Gewinne ausgewiesen bekommen und sich so einige Zeit auf der sicheren Seite gefühlt. Heikel wurde es jedoch immer dann, wenn man das investierte Geld samt dem erzielten Erlös sehen wollte. "Dann wurde man nämlich verwarnt und gesperrt. Und das Geld war weg", berichtete der Anklagevertreter.

Hochprofessionell, zutiefst kriminell

"Das Ganze war hochprofessionell, riesig, top organisiert. Und zutiefst kriminell", konzedierte Verteidiger David Jodlbauer, der namens seines Mandanten ein reumütiges Geständnis ankündigte. Es lag an Mitarbeitern wie dem Angeklagten, einerseits die bestehenden Kunden am Telefon zu vertrösten und andererseits neue Opfer per Anruf zu keilen. Der 31-Jährige ließ sich für ein Monatsgehalt von 1.000 Euro und eine Provision von zwei bis drei Prozent pro abgeschlossenen Investmentvertrag auf eine Mitarbeit in dem Callcenter ein. "Nach einiger Zeit ist mir klar geworden, dass da einiges nicht stimmt", räumte er vor einem Schöffensenat unter Vorsitz von Mona Zink ein. Dennoch habe er vier Monate – nämlich von Mai bis September 2017 – "Geschädigte betreut", wie er sich ausdrückte. 13 aus Österreich stammende Opfer brachte er in diesem Zeitraum dazu, insgesamt 165.000 Euro zur vorgeblichen Geldvermehrung zu überweisen. Allein ein Betroffener verlor 70.000 Euro, indem er den Versprechen von hohen Renditen Glauben schenkte und nach einer ersten Überweisung den Rest seiner Ersparnisse nachschoss.

Den Geschädigten wurde beispielsweise vorgegaukelt, sie würden auf den Verlauf von Börsenkursen wetten. Tatsächlich wanderten die eingesammelten Gelder in die Taschen der Betrüger. Im Sommer 2019 wurde nach jahrelangen länderübergreifenden Ermittlungen, in die die deutschen und österreichischen Polizeibehörden eingebunden waren, die Bande zerschlagen.

Kriminelles Netzwerk

Der mutmaßliche Kopf der kriminellen Vereinigung – ein Deutscher, der sich zuvor mit Onlinecasinos und Plattformen für Onlinepoker einen Namen gemacht hatte – wurde in Österreich festgenommen und nach Deutschland ausgeliefert, wo er im Sommer 2020 in einer Justizanstalt in Saarbrücken an einer Medikamentenüberdosis starb. Das mutmaßliche Mastermind hinter den betrügerischen Vorgängen – der Mann soll das Manipulationsinstrument entwickelt haben, mit dem online die vorgeblichen Ertragschancen und Entwicklungen ausgewiesen wurden – wurde zu Jahresbeginn vom Landesgericht Salzburg nicht rechtskräftig zu acht Jahren Haft verurteilt. Die bisher strengste Strafe fasste der Callcenter-Manager aus, der vom Landgericht Saarbrücken zwölf Jahre Haft erhielt, wobei diese Entscheidung noch nicht rechtskräftig ist.

Der 31-Jährige kam am Wiener Landesgericht glimpflicher davon. Nur zwei der über ihn verhängten 20 Monate wurden unbedingt ausgesprochen, den Rest bekam er unter Setzung einer dreijährigen Probezeit bedingt nachgesehen. Der unbedingte Strafteil gilt bereits als verbüßt – der Mann war am 8. September 2023 im Kosovo festgenommen worden und saß bis 21. November in Auslieferungshaft, ehe er den österreichischen Behörden zur Strafverfolgung übergeben wurde. Diese Zeit wurde ihm auf die Strafe angerechnet. Mildernd waren bei der Strafbemessung neben dem reumütigen Geständnis die bisherige Unbescholtenheit und vor allem das nachgewiesene Wohlverhalten seit dem Herbst 2017. "Er hat in den letzten sechs Jahren nichts Krummes mehr gemacht", betonte Verteidiger Jodlbauer. (APA, 28.12.2023)