Ricky Gervais
Ricky Gervais lässt wirklich nichts aus.
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Ricky Gervais ist ein Mann, der mitunter sehr lustige Sachen sagt. Über die kann er meistens entrüstet sagen, dass man das ja wohl noch sagen dürfe. Gleichzeitig kann er sich darüber beschweren, dass man das heute eben leider nicht mehr sagen dürfe, weil wir alle vom Tugendterror der jungen dummen Woken geknechtet werden würden. Da mache es über kurz oder lang auch keinen Spaß mehr, etwas zu sagen, das man nicht mehr sagen dürfe. All das geschieht auf einer Metaebene. Das Publikum darf dazu erleichtert lachen. So sind wir nicht! In die Regierung wählen wir dann trotzdem die reaktionären Trottel, die diese Witze ernst meinen.

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Das neue, auf Netflix laufende Soloprogramm des britischen Comedy-Gotts (Extras, The Office, After Life ...) nennt sich Armageddon. Das vielbemühte Wort kommt in der Bibel übrigens nur ein einziges Mal vor. Im Neuen Testament in der Offenbarung des Johannes wird es am Ende der Zeiten als Entscheidungsschlacht zwischen Gut und Böse bezeichnet. Auch Ricky Gervais streift das Schlachtfeld nur kurz. Schon eher fühlt man sich in ein britisches Pub versetzt, in dem die zotige Stimmung noch nicht in die Depression oder den Raufhandel abgleitet. Ricky Gervais hat es allerdings schon jetzt geschafft, dass man ihm am liebsten eine wimsen würde, weil er einem dauernd das Ohr mit derben Witzen abkaut. Die erinnern zunehmend an einen Benny Hill, wenn dieser auf der Uni einen Schnellsiederkurs in Cultural Studies gemacht hätte. Sie sind also oft nicht gut.

Bei Gervais geht es immer um das Ende – und das Letzte. Es hat wohl auch damit zu tun, dass der Mann mit 62 Jahren ein in seinen Programmen immer wieder gern erwähntes Leben eines moralisch verwahrlosten Superreichen führt. Allerdings steht irgendwann ein Elefant im Raum, der leise das Lied vom Tod trompetet. Bald wird Schluss sein mit dem Lästern. Aber ein paar Schockmomente im Publikum nimmt Ricky Gervais noch mit.

Blöd gelaufen

Es fügt sich gut in eine im Kleinkunstmilieu durchaus beliebte Tendenz, dieser biologisch geschuldeten Verbitterung mit reaktionären Inhalten zu begegnen. Jeder alte Mensch fühlt sich im Recht, wenn er darauf besteht, dass alles so bleibt, wie es immer war. Veränderung ist etwas für dumme Kinder, den "Wokeismus" und überhaupt alles, was den Stammtisch stört. Gervais reißt Witze über Behinderte, Immigranten, Obdachlose oder queere Männer: "The word queer can mean a straight man who wants attention." Er macht sich über Triggerwarnungen etwa beim Film Schindlers Liste lustig: "Are there fat jokes?" Und das ist alles eines, es ist erbärmlich. (Christian Schachinger, 30.12.2023)

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