Es ist eines der großen Vorhaben auf der Suche nach mehr Steuergerechtigkeit und läuft dennoch fast unter der Wahrnehmungsschwelle der Weltöffentlichkeit ab: Mit Jänner tritt eine bahnbrechende grenzüberschreitende Steuerreform in Kraft. Große multinationale Konzerne unterliegen ab sofort zum ersten Mal einer globalen Mindeststeuer.

Fast drei Jahre ist es her, dass sich 140 Länder darauf verständigt haben, Schlupflöcher im globalen Steuersystem zu schließen. Die Idee: Die Gewinne großer Konzerne – egal wo auf der Welt sie erwirtschaftet werden – sollen mit einem Mindeststeuersatz von 15 Prozent belegt werden. Auch in Steueroasen – ob diese nun selbst die Mindeststeuer einführen oder nicht, ist egal.

Mehr Steuereinnahmen

Die EU ist ebenso an Bord wie das Vereinigte Königreich, Norwegen, Australien, Südkorea, Japan und Kanada. Die Regeln gelten für multinationale Unternehmen mit einem Jahresumsatz von mehr als 750 Millionen Euro. Die Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (OECD) hat die Reformen mit großer Verve vorangetrieben. Sie schätzt, dass dadurch die jährlichen Steuereinnahmen weltweit um bis zu neun Prozent oder immerhin 220 Milliarden Dollar steigen sollen.

Blick auf einen Palmenstrand.
Mit der weltweiten Mindestbesteuerung sollen Steueroasen unattraktiver werden.
APA/AFP/THOMAS COEX

Der Wermutstropfen: Die USA und China haben sich noch nicht zu einer Umsetzung der Steuerreform durchgerungen – obwohl sie das Abkommen 2021 unterstützt hatten. Dafür beteiligen sich auch Länder, die bislang multinationalen Unternehmen steuerschonenden Unterschlupf gewährt hatten – etwa Irland, Luxemburg, die Niederlande, die Schweiz und Barbados, das bisher etwa einen Körperschaftssteuersatz von 5,5 Prozent hatte. Selbst Kritiker, die den Steuersatz von 15 Prozent für zu niedrig befanden, erkannten die globale Mindeststeuer als großen Schritt in Richtung mehr Steuergerechtigkeit an.

Jason Ward, Analyst in der Interessengruppe Centre for International Corporate Tax Accountability and Research, lobte in der Financial Times das "superintelligente Design" der Reform. "Sie wird die Anreize für Unternehmen, Steueroasen zu nutzen, und die Anreize für Länder, Steueroasen zu sein, verringern", sagte er und fügte hinzu, dass die Reform einen "Wettlauf nach unten" ernsthaft bremse.

Zwei-Säulen-Modell

Konkret steht das Modell auf zwei Säulen: Die erste soll multinationale Unternehmen dazu bringen, dort mehr Steuern zu zahlen, wo sie geschäftlich tätig sind, die zweite legt einen globalen Mindeststeuersatz für Unternehmen fest. Wenn der Gewinn eines multinationalen Unternehmens in einem Land also unter diesem Satz besteuert wird, können andere Länder eine Zusatzabgabe einheben.

Die entsprechende EU-Richtlinie, wird hierzulande mit dem Mindestbesteuerungsgesetz, kurz MinBestG, umgesetzt. Betroffen vom MinBestG dürften hierzulande laut Einschätzung von Fachleuten 120 internationale Unternehmensgruppen sein. Der heimische Fiskus erwartet sich mit dem neuen Regime 100 Millionen Euro jährlich an Zusatzeinnahmen – das aber erst ab dem Jahr 2026. Das ist weniger als einst von unterschiedlichen Seiten prognostiziert. Eine Studie von Arbeiterkammer und Wirtschaftsuniversität Wien schätzte das zusätzliche Steueraufkommen einst auf 500 bis 600 Millionen Euro jährlich. Damals waren aber Details wie die Möglichkeit, nationale Ergänzungssteuern einzuheben, noch offen.

Das Finanzministerium hatte zudem auf STANDARD-Anfrage im vergangenen Herbst unter anderem darauf verwiesen, dass die Umstellung zunächst nicht nur für die betroffenen Unternehmen, sondern auch für die öffentliche Hand mit hohen Kosten verbunden sei. (Regina Bruckner, 2.1.2024)