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Fast 400.000 Menschen waren Ende des Vorjahres auf Jobsuche.
APA/GEORG HOCHMUTH

Wien – "Schwein gehabt!", so fasst AMS-Chef Johannes Kopf auf x (vormals Twitter) das Arbeitsmarktjahr 2023 zusammen. Trotz Rezession gab es demnach ein Plus bei den Beschäftigten um 43.000, der Arbeitskräftemangel blieb mit durchschnittlich 108.000 offenen Stellen unübersehbar und die Arbeitslosigkeit (inkl. Schulung) stieg mit einem Zuwachs von rund 8.700 (+ 2,6 Prozent) Menschen nur sehr leicht. Mit Ende Dezember 2023 waren in Österreich 399.005 Personen beim AMS arbeitslos oder in Schulung gemeldet. Davon waren 329.328 Personen arbeitslos, 69.677 Personen befanden sich in Schulungen. Die Arbeitslosenquote betrug zum Jahresende 7,8 Prozent. Die Zahl der offenen Stellen war leicht rückläufig und lag mit Ende des Jahres bei 92.284 (2022: 109.797). Im Vergleich zum Vorjahr ist die Arbeitslosigkeit bei Frauen weniger stark gestiegen als bei Männern.

Langzeitarbeitslosigkeit

Positiv sei die Entwicklung im Bereich der Langzeitarbeitslosigkeit, die im April 2021 mit 148.436 Personen ihren Höchststand erreichte und seither fast halbiert werden konnte, erklärte Arbeitsminister Martin Kocher (ÖVP). Weiters rechnete er vor: "Das Jahr 2023 baute aus Sicht des Arbeitsmarkts auf einem sehr niedrigen Vorjahresniveau von 2022 mit einer Arbeitslosigkeit von durchschnittlich 332.645 Personen auf. Im Jahr 2023 war mit durchschnittlich 341.319 arbeitslosen Personen lediglich eine leichte Steigerung zu beobachten."

Einmal mehr verwies Kocher auf eine stabile Entwicklung: "Der österreichische Arbeitsmarkt lässt sich in Hinblick auf seine Entwicklung im vergangenen Jahr 2023 insgesamt als widerstandsfähig bezeichnen. Was die geflüchteten Menschen aus der Ukraine betrifft, so seien diese 2023 vollumfänglich in die Arbeitsmarktstatistik aufgenommen worden. Dadurch sei die Arbeitslosigkeit statistisch angestiegen, gleichzeitig sei die Zahl der unselbstständig beschäftigten Ukrainerinnen und Ukrainer von rund 13.500 zu Jahresbeginn auf rund 17.000 gestiegen.

FPÖ-Sozialsprecherin Dagmar Belakowitsch hält all das - anders als Kocher - für alarmierend: "Wer, wie Arbeitsminister Kocher, knapp 400.000 Arbeitslose versucht schönzureden, hat seinen Auftrag als Minister wohl nicht verstanden." Die Bevölkerung würde finanziell ausgeblutet während Großkonzerne, Spender und Klientel der Bundesregierung zu den Profiteuren und Nutznießern zählten. Ähnlich kritisch klingt SPÖ-Sozialsprecher Josef Muchitsch. Er spricht von einem "Alarmsignal, dass Österreichs Wirtschaft massiv schwächelt", dies sei kein Anlass für "Schönfärberei und Beschwichtigungen des Arbeits- und Wirtschaftsministers". NEOS-Sozialsprecher Gerald Loacker weist darauf hin, dass es nach wie vor viel mehr offene Stellen als vor der Covid-Krise gebe. "Nicht zielführend und sogar kontraproduktiv ist die Ankündigung, Arbeitssuchenden in teuren AMS-Schulungen zusätzliches Geld zum AMS-Geld auszuzahlen und so eine rasche Arbeitsaufnahme unattraktiv zu machen", urteilt Loacker.

AK-Präsidentin fordert Erhöhung des Arbeitslosengeldes

Arbeiterkammer-Präsidentin Renate Anderl sieht vor allem angesichts der Arbeitslosenzahlen von Dezember große Herausforderungen: "Die Arbeitsmarktlage der letzten Jahre war eine einzige Berg- und Talfahrt. 2024 und das darauffolgende Jahr werden wohl weniger turbulent, aber das bedeutet nicht, dass sich die Politik zurücklehnen kann." Anderl fordert eine "Erhöhung des Arbeitslosengeldes auf 70 Prozent des Nettoeinkommens, eine Inflationsanpassung aller Leistungen bei Arbeitslosigkeit und eine Neuregelung der Berechnung". Handlungsbedarf ortet sie auch bei der Qualifizierung und Integration von Menschen mit Migrationshintergrund: "Die Zunahme des Arbeitskräftepotenzials beruht fast ausschließlich auf Zuwanderung. Daher ist die leichtere Anerkennung von mitgebrachten Kompetenzen zugewanderter Menschen von größter Bedeutung. Außerdem müssen Arbeitssuchende verstärkt für Zukunftsberufe ausgebildet werden."

WKÖ-Generalsekretär Karlheinz Kopf identifiziert hingegen die hohen Lohnkosten als Gefahr für die Betriebe: "Die hohen Lohnabschlüsse machen es den Unternehmen immer schwerer, ihr Personal zu halten. Noch dazu, wo konjunkturell noch kein Licht am Ende des Tunnels zu sehen ist", warnt Kopf. Er fordert einmal mehr eine Senkung der Lohnnebenkosten. Die Industrie spricht sich dafür aus, "Beschäftigungsanreize weiter auszubauen und Menschen in Beschäftigung zu bringen und jene, die nur wenige Stunden arbeiten zur Mehrarbeit zu animieren." (APA, rebu, 2.1.2024)