Frauen Komponistin Philharmoniker
Ohne Werke von Komponistinnen ins neue Jahr: Christian Thielemann dirigierte am Montag, 1. Jänner 2024, die Wiener Philharmoniker im Großen Saal des Wiener Musikvereins in Wien.
APA/DIETER NAGL

In den Augen von Daniel Froschauer, Vorstand der Wiener Philharmoniker, ist das Neujahrskonzert ein Prozess ohne Ende, ein Ereignis ohne Beteiligung von Frauen, allein dadurch ein ewiges Werden. Die aktuelle Ausgabe im Goldenen Saal des Wiener Musikvereins enthielt süß abgeschmeckte "Wiener Bonbons" (Walzer-Titel von Johann Strauß Sohn). Sogar eine Quadrille von Anton Bruckner machte man 50 Millionen Zuhörern in aller Welt zum Geschenk. Doch auch diesmal: weit und breit kein Platz für ein "weibliches" Musikstück, eine Komposition aus der Feder einer Frau.

Wie sagte Froschauer kurz vor dem Konzert? Die Suche nach einem solchen Stück sei "im Werden". Für ihr Neujahrskonzert komme den Philharmonikern alles gelegen, "was das Programm auflockert". Und so verströmte Froschauers Einlassung zur Frauenfrage das herb-würzige Aroma von Ignoranz und Herablassung. Man wolle sich Geduld auferlegen. "Eine Frage der Qualität!"

Wenn die Wiener Philharmoniker in ihrem unerfindlichen Ratschluss so weitermachen, wird sich vielleicht schon im Jahr 2058 das Werk einer Komponistin gefunden haben, das den Qualitätsansprüchen der Philharmoniker genügt. Oder, wer weiß: schon 2037? Von einer Dirigentin zu schweigen. Riccardo Muti könnte 2037 sein elftes oder 14. Neujahrskonzert dirigieren. Er wäre dann 95 Jahre alt. (Ronald Pohl, 2.1.2024)