Ein Paar aus der Zuckerfabrik: Cailee Spaeny als Priscilla und Jacob Elordi als Elvis Presley.
Ein Paar aus der Zuckerfabrik: Cailee Spaeny als Priscilla und Jacob Elordi als Elvis Presley.
AP/Philippe Le Sourd

Sofia Coppolas neuer Film basiert auf den Memoiren der Frau, die vierzehn Jahre lang an der Seite Elvis Presleys lebte: Priscilla Beaulieu und Elvis lernten sich 1959 kennen. Sie war eine 14-jährige US-Army-Tochter in Deutschland, er war Soldat und verehrter Popstar. Der Rest ist Geschichte. Dass es aber eine Geschichte über eine Beziehung ist, die man heutzutage toxisch nennen würde, lässt Coppola das Publikum in ihrer Filmadaption Priscilla hautnah miterleben. Ein Gespräch darüber, was passiert, wenn Jungmädchenträume wahr werden.

STANDARD: Was an Priscilla Beaulieu Presleys Memoiren "Elvis und ich" hat Sie dazu bewegt, einen Film darüber zu machen?

Coppola: Ich war erstaunt darüber, wie wenig ich über sie wusste. Priscilla und Elvis waren quasi ein amerikanisches Königspaar und ein wichtiger Teil unserer Popkultur. Außerdem hat mich ihre Geschichte fasziniert, denn sie erzählt so viel über die Rolle von Frauen in der Generation meiner Mutter, aber auch über die Dinge, die fast jedes Mädchen erlebt, wenn es erwachsen wird. Nur erlebte Priscilla diese Dinge in Graceland, einem außergewöhnlichen und exotischen Ort.

STANDARD: Haben Sie auch mit der Familie gesprochen oder mit Elvis-Experten?

Coppola: Ich war nur an Priscillas Perspektive interessiert, deshalb habe ich keine weiteren Gesprächspartner gesucht. Aber auch ihre Sicht hat sich jetzt, so viele Jahre nachdem Elvis und ich herausgekommen ist, etwas verschoben. Es war mir wichtig, dass beide ihrer Perspektiven im Film präsent sind: die, die sie 1985 im Buch beschrieb, und ihre aktuelle Sicht darauf.

PRISCILLA von Sofia Coppola – Trailer (Deutsch/German)
Stadtkino Filmverleih

STANDARD: Priscilla betont, dass es viel Liebe zwischen ihr und Elvis gab. Haben Sie diese Liebe gefühlt?

Coppola: Ja, ich fühlte die Liebe in ihren Memoiren. Sogar während seiner dunklen Zeiten zeigt sie ihn auf eine menschliche Art. In Gesprächen mit ihr musste ich immer aufpassen, weil ich so viele Fragen hatte, aber nicht aufdringlich sein wollte – denn es geht ja um sehr Persönliches. Selbst wenn es Aspekte gibt, die wie ein Albtraum wirken, spricht sie von ihm noch immer als große Liebe ihres Lebens. Auch ist sie kein Opfer. Sie wollte mit Elvis leben, aber als sie dort ankam, wurde sie nicht angemessen behandelt.

STANDARD: Es ist auch eine Geschichte über das Schwärmen einer Vierzehnjährigen für einen zehn Jahre älteren – normalerweise unerreichbaren – Popstar.

Coppola: Priscillas Geschichte ist ein Märchen, das wahr wird. Im Mädchenalter schwärmt man, das ist ein universelles Thema. Wenn dann dein Schwarm, der auch noch der größte lebende Popstar ist, deine Gefühle erwidert, ist es etwas ganz Ungewöhnliches. Und auch nicht ungefährlich, wenn man selbst noch unerfahren ist und seine eigene Identität sucht. Ich fand also, dass Elvis’ und Priscillas Geschichte auf seltsame Art nachvollziehbar ist. Und ich mochte die Idee, dass ihre märchenhafte, idealisierte Vorstellung schließlich nicht mit der Wirklichkeit übereinstimmt.

STANDARD: Derzeit herrscht großes Unbehagen angesichts von Liebesbeziehungen mit gravierenden Macht- und Altersunterschieden. Floss das mit ein?

Coppola: Ich habe nur versucht die Licht- und die Schattenseiten dieser Achterbahnbeziehung aus Priscillas Perspektive darzustellen. Für sie war das romantisch, aber ich, als Mutter von Töchtern im Teenageralter, empfinde das ganz und gar nicht als romantisch. Ich selbst habe also eine andere Perspektive, die sich wohl auch eingeschlichen hat.

Sofia Coppola
Im Gegensatz zu ihrer Mutter konnte Sofia Coppola Familie und Karriere unter einen Hut bringen.
Willy Sanjuan/Invision/AP

STANDARD: Glauben Sie, dass sich jüngere Generationen in Priscillas Geschichte wiederfinden? Oder anders gefragt: Was hat sich geändert?

Coppola: Vieles hat sich geändert. Ich konnte zum Beispiel eine Karriere machen, meine Mutter war zwischen der Rolle der Ehefrau und Mutter und der Möglichkeit eines Berufslebens hin- und hergerissen. Priscilla wollte unbedingt die perfekte Frau für Elvis sein, und sie hatte Unmengen an Zeit, sich für ihn herzurichten. Einmal sagte sie mir, dass sie nicht einmal wusste, was ihr Geschmack war. Denn es war Elvis’ Geschmack, den sie so früh angenommen hatte. Das hat sich geändert, und zugleich sieht man noch, wie Frauen sich danach richten, was Männer anziehend finden.

STANDARD: Der Größenunterschied der Darsteller Cailee Spaeny und Jacob Elordi ist enorm. Sie ist so klein und fragil, er überragt sie turmhoch. Eine Metapher?

Coppola: Eigentlich war es Resultat des Castings. Wir mussten sogar noch einige Plateaus für Cailee errichten, und trotzdem wirkt Jacob so viel größer. Wir haben also nicht versucht, es zu übertreiben. Ich hoffe aber, dass diese Größendifferenz auch als Metapher gelesen wird für die Machtdynamik und auch für diese spezifische Idee von Weiblichkeit. Denn sie wirkt wie eine Puppe in Elvis’ Puppenhaus.

Priscilla
Oft erlaubt es der Größenunterschied des Paares nicht, dass beide gemeinsam in den Bildrahmen passen. Das ist auch metaphorisch gemeint.
AP/Sabrina Lantos

STANDARD: Sie setzen sich oft mit den Erlebnissen von Mädchen und jungen Frauen auseinander. Wie reiht sich "Priscilla" in ihre Filmografie ein?

Coppola: Ich sehe die größten Ähnlichkeiten zu Marie Antoinette. Was mich aber in all meinen Filmen interessiert, ist, wie meine Figuren ihre Identität finden, welche Erfahrungen sie machen und wie sie zu den Personen werden, die sie am Ende sind. Hier war es für mich spannend, diese Popstar-Welt zu rekreieren und mit Priscilla zusammenzuarbeiten, die noch ihre eigene Geschichte erzählen kann. Ich fand es auch beeindruckend, dass sie, nachdem sie in seiner Welt aufgewachsen war, die Stärke gefunden hat, ihren eigenen Weg zu gehen. Das war nicht leicht für sie, Anfang der 1970er-Jahre, ohne Einkommen, als langjährige Ehefrau eines großen Popstars. Aber sie kämpfte sich durch. (Valerie Dirk, 4.1.2024)