Dirigiert das Publikum des Neujahrskonzerts der Wiener Philharmoniker, das beim "Radetzky-Marsch" traditionell klatscht: Christian Thielemann.
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Die grüne Abgeordnete Eva Blimlinger, nach eigenem Bekunden "leidenschaftliche Historikerin", hat den Radetzky-Marsch von Johann Strauß Vater beim Neujahrskonzert kritisiert: "Das Klatschen – Huldigung für den Sieg über Piemont und der k. k. Armee über die Wiener Bevölkerung in der 'Praterschlacht' – ist in Zeiten der Kriege nicht in Ordnung."

Feldmarschall Johann Josef Wenzel Anton Franz Karl Graf Radetzky von Radetz schlug zwar 1848/49 die norditalienischen Unabhängigkeitsbestrebungen in mehreren Schlachten nieder. Dabei befahl er allerdings die Auslöschung eines Dorfes bei Verona, da hat Blimlinger einen Punkt.

Aber mit der Niederschlagung der Revolution 1848 in Wien hatte Radetzky nichts zu tun. Und schon gar nicht mit der "Praterschlacht" im August 1848. Dort wurden demonstrierende Arbeiterinnen nicht von der k. k. Armee brutal zusammengehauen, sondern von den bürgerlichen Revolutionären.

Johann Strauß Vater hat übrigens auch einen Jelačić-Marsch geschrieben. Wolfgang Sobotka führte ihn jetzt in Sankt Pölten als Dirigent auf. Ban Josip Jelačić war der Befehlshaber der kroatischen Truppen, die im Oktober 1848 das revolutionäre Wien eroberten und dabei ziemlich gewütet haben. Wenn man sich als "leidenschaftliche Historikerin" über eine Anbiederungsgeste eines unsterblichen Komponisten aufregen will, dann eher darüber. Ansonsten ist es, wie es der Historiker Helmut Konrad sagt: "Die Musik tut niemand mehr weh." (Hans Rauscher, 3.1.2024)