Neptun, Nasa, Voyager 2
–Am 25 August 1989 passierte Voyager 2 das Neptun-System. Dabei entstand diese berühmte Aufnahme - doch offenbar sieht der Eisriese in Wahrheit ganz anders aus.
Foto: NASA/JPL-Caltech

Der (seit Plutos Herabstufung) äußerste Planet des Sonnensystems Neptun ist bekannt für sein sattes Blau, während sein innerer Nachbar Uranus in Türkistönen erscheint. Doch nun demonstriert eine neue Analyse früherer Aufnahmen, dass man bisher eine ziemlich falsche Vorstellung von dem vermeintlich blauen Planeten hatte. Tatsächlich dürften die beiden Eisriesen einander farblich viel näher sein als gedacht.

Seit Voyager 2 Ende der 1980er-Jahre an Neptun und Uranus vorbeiflog und dabei Porträtaufnahmen der beiden Planeten aus nächster Nähe schoss, rätseln Forschende, warum sich die Eisriesen, die sich ansonsten äußerst ähnlich sind, optisch so auffällig unterscheiden. Den Voyager-2-Bildern zufolge erschien Uranus in einem hellen Grünton. Neptun hingegen zeigte ein dunkleres Blau, das an Lapislazuli erinnert. In Anbetracht der Tatsache, dass die atmosphärische Zusammensetzung der beiden Planeten nahezu identisch ist, war der Unterschied verblüffend.

Nur minimale Unterschiede

Nun aber hat ein Team um Patrick Irwin von der University of Oxford diese und neuere Daten noch einmal ausgewertet und dabei festgestellt, dass man sich offenbar die ganze Zeit geirrt hatte: Uranus und Neptun sind sich auch in Hinblick auf ihre Farbe sehr ähnlich. Die Unterschiede dürften demnach nur minimal sein, wie die Forschenden in den "Monthly Notices of the Royal Astronomical Society" berichten.

Die Ursache dieser Fehleinschätzung liegt in der Tatsache begründet, dass Voyager seine Bilder der Planeten in zwei getrennten Farbbändern aufgenommen hat. Dabei wurde der Kontrast der Aufnahmen von Neptun verändert, seine Farbe bekam einen satteren Ton, was ihn schließlich blauer erscheinen, ließ als er in Wirklichkeit ist.

Uranus, Neptun
Die oberen Bilder von Uranus und Neptun wurden von Voyager 2 während des Vorbeiflugs 1986 bzw. 1989 aufgenommen. Die unteren Aufnahmen repräsentieren die Neubearbeitung der Daten und zeigen die Eisriesen, wie sie wahrscheinlich wirklich aussehen.
Foto: University of Oxford/ Patrick Irwin

"Während die bekannten Voyager-2-Bilder von Uranus in einer Form veröffentlicht wurden, dass sie der 'wahren' Farbe nahekommen, wurden die Aufnahmen von Neptun in Wirklichkeit farblich verstärkt", erklärte Irwin. "Obwohl die künstlich gesättigte Färbung damals unter Planetenforschern bekannt war – die Bilder wurden anfangs mit erklärenden Bildunterschriften veröffentlicht –, war diese signifikante Information mit der Zeit verlorengegangen."

Neuere Aufnahmen

Fachleute wussten eigentlich schon seit langem, dass die Voyager-2-Bilder die Farben von Uranus und Neptun nicht ganz exakt wiedergaben. Unklar war nur, welches Ausmaß die Farbveränderungen tatsächlich hatten. Um das festzustellen, griffen Irwin und sein Team zu den Daten von zwei leistungsstarken Instrumenten: dem Space Telescope Imaging Spectrograph (STIS) des Hubble-Weltraumteleskops und dem Multi Unit Spectroscopic Explorer des erdgebundenen Very Large Telescope des Paranal-Observatoriums in Chile.

"Durch die Anwendung unseres Modells auf die Originaldaten konnten wir die bisher genaueste Darstellung der Farben von Neptun und Uranus rekonstruieren", erklärte Irwin. Das Ergebnis sind Bilder, die Neptun deutlich heller zeigen, als wir es bisher gewohnt waren. Damit rückt der Planet optisch sehr nahe an Uranus heran. Der größte Unterschied besteht nun darin, dass Neptun einen Hauch bläulicher erscheint, was wahrscheinlich auf eine dünnere Dunstschicht in seiner Atmosphäre zurückzuführen ist.

Uranus, Hubble
Uranus, aufgenommen mit dem Hubble-Weltraumteleskop, zeigt eine leichte Farbveränderung während seines 84 Erdenjahre dauernden Umlaufs um die Sonne.
Foto: University of Oxford/ Patrick Irwin

Weiteres Rätsel gelöst

Mit den neuen Analysen wurde auch eine andere Frage beantwortet, nämlich warum Uranus im Verlauf seines Jahres, das 84 Erdenjahre dauert, seine Farbe leicht verändert. Zur Sonnenwende, wenn einer der Pole der Sonne zugewandt ist, erscheint der Planet grüner. Zur Tagundnachtgleiche, wenn der Äquator der Sonne zugewandt ist, ist Uranus dagegen etwas blauer. Wie sich nun zeigte, hat das mit der ungewöhnlichen Ausrichtung des Uranus zu tun.

Seine Rotationsachse ist im Unterschied zu jener der anderen Planeten des Sonnensystems gekippt. Da an den Polen des Planeten weniger Methan vorkommt als am Äquator, wird das Sonnenlicht von Uranus jeweils anders reflektiert, was sich in leichten Farbvariationen im Jahreskreis niederschlägt. Zusätzliche Modellierungen ergaben einen Schleier aus Methaneis, der sich verdichtet, wenn sich der Planet von der Tagundnachtgleiche bis zur Sonnenwende bewegt. Auch dadurch verändert sich das Reflexionsvermögen des Uranus: Wenn die Pole des Planeten in unsere Richtung weisen, erscheint er dadurch grünlicher. (Thomas Bergmayr, 7.1.2024)