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Cristoph "Condsty" Brückner stellt sich selbst selten ins Rampenlicht, seine Kunst ist ihm wichtiger.
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"Dass du damit Geld verdienst, ist eine Frechheit" oder "sei mir ned bös‘, aber das ist kein Beruf": Christoph Brückner musste in seinem Leben schon Diskussionen mit Neidern führen, auf die er sich jetzt nicht mehr einlassen würde. Dabei ist Content-Creator nicht einmal sein Hauptberuf. Die Social-Media-Welt sei ihm dafür einfach zu "unberechenbar", zu "schnelllebig".

Trotzdem hat er mit seinen Zeichnungen auf Tiktok als Condsty ("@condsty") mehr Erfolg als die meisten anderen. Der 39-jährige Familienvater und Gemeindebedienstete aus Niederösterreich ist mit knapp 24 Millionen Followern der reichenweitenstärkste Österreicher auf der Plattform. Der STANDARD hat sich mit ihm darüber unterhalten, was seinen Erfolg ausmacht, wie er im Alltag alles unter einen Hut bekommt – und welche Ziele er noch ins Visier nimmt.

Vom "Dino-Mann" zum Millionenpublikum

Wie so oft im Leben begann Brückners Erfolgsgeschichte eher durch Zufall. Seine ersten Gehversuche als Content Creator waren 2019 zunächst von der Neugier geprägt, vom passiven Tiktok-Nutzer auch mal selbst mit der Plattform zu experimentieren und Videos hochzuladen. Trotz seiner Ausbildung zum Maler und Vergolder war von Malen oder Zeichnen noch keine Spur: Er machte sich als "Dino-Mann" einen Namen, indem er in kurzen Clips Alltagsszenen mit Spielzeugdinosauriern nachstellte. Sein Online-Nick Condsty leitet sich übrigens von seinem Spitznamen ab, den er während seiner Zeit als Gamer erhielt, inspiriert vom Namen Constantine aus dem gleichnamigen Film.

Der wirkliche Durchbruch auf Tiktok sollte jedenfalls erst folgen, als er vom Video eines ungarischen Creators inspiriert wurde, das der Algorithmus in seinen Feed gespült hatte. In dem kurzen Clip ist lediglich zu sehen, wie jemand den Buchstaben S dreidimensional auf einen karierten Schreibblock zeichnet. Als Brückner mitbekommen hat, dass man mit so einem einfachen Content mehr als eine Million Likes erzielen kann, packte ihn der Ehrgeiz. "Ich habe dann meine Version verfasst, mit der ich gleich 7,5 Millionen Likes geschafft habe – das ist bis heute eins meiner reichweitenstärksten Videos auf Tiktok", sagt er.

430 Millionen Views für ein Katzenklo

Auf den Buchstaben sollte viele weitere folgen, aber Condstys kreative Reise auf Social Media ist geprägt von Expertimentierfreudigkeit und Anpassungsfähigkeit. Von 3D-Buchstaben über Illusionen und Emojis bis zu Lifehacks und Trollvideos (Inhalte, die den Betrachter an der Nase herumführen, Anm.) – Brückner hat in den letzten Jahren eine Vielfalt an Inhalten erstellt und sich dabei stets auf die Veränderungen der Plattformen und das Nutzerverhalten eingestellt. Vom Erfolg beflügelt sollte es nämlich nicht nur bei Tiktok bleiben.

Brückners erfolgreichstes Video entstand nach viel Tüftelei am Strand.

Tatsächlich hat Condsty mittlerweile auch auf Instagram und Youtube ein Millionenpublikum. Ein Youtube-Video ist es übrigens auch, mit dem er bislang seinen größten Erfolg feierte: Nicht weniger als 430 Millionen Views erzielte er mit seinem "beach lifehack". Das Video entstand während eines Italienurlaubs, in dem Brückner nach Ideen für virale Inhalte suchte. Initialzündung war ein Trollvideo auf Youtube, das er zunächst für echt hielt.

Nachdem er erkannt hatte, dass das Nachstellen des Videos unmöglich war, experimentierte er so lange am Strand, bis ihm eine eigene, "echte" Version gelungen ist. "Wenn mich heute jemand fragt, was ich da genau gemacht habe: Ich zeige eigentlich nur, wie ein Katzenklo funktioniert, weil es sich ja auf das Verklumpen des Sandes durch Flüssigkeit beschränkt", scherzt der Niederösterreicher.

Auf dem Boden geblieben

In das Klischee eines Content-Creators, das sich viele Außenstehende ohnehin falsch gebildet haben, will Condsty so gar nicht reinpassen. Bevor Brückner seinen Status als Tiktok-Superstar überhaupt genießen konnte, musste er mit seiner Familie einen steinigen Weg zurücklegen. Er begann seine berufliche Laufbahn als Maler und arbeitete später im Lager eines Baumarkts. Gemeinsam mit seiner Familie lebte er am Existenzminimum, wo bereits die Reparatur einer kaputten Waschmaschine eine große finanzielle Belastung darstellen konnte. Um Kosten zu sparen, fuhr er täglich 20 Kilometer mit dem Fahrrad zur Arbeit, selbst im Winter.

Diese Lebensweise setzte sich bis ins Jahr 2019 fort. Seine Hartnäckigkeit zahlte sich schließlich aus, als er beim zweiten Anlauf den Job bei der Gemeinde erhielt, was zeitlich ironischerweise mit dem Beginn seiner Aktivitäten in den sozialen Medien zusammenfiel. Der Job, um den er so gekämpft hatte, ist ihm aber bis heute noch so wichtig, dass er ihn nicht leichtfertig an den Nagel hängen würde: "Ich bin Familienvater, ich bin verheiratet, ich habe ein Haus auf Kredit: Da ist die Verantwortung einfach derart groß, dass ich der schnelllebigen Social-Media-Welt nicht trauen kann", sagt Brückner. "Ein Gemeindejob ist hingegen ein Job fürs Leben: Wenn sie dir zusagt, kannst du die Arbeit bis zur Pension machen."

Wenn sich Katze und Hase umarmen, und es auch für Kinder leicht nachzuzeichnen ist, ist das auf TikTok mehr als zwei Millionen Likes wert.

Trotz des Erfolgs und der Herausforderungen, die der Online-Ruhm mit sich bringt, ist Brückner also sehr bodenständig geblieben. Zu seinem Erfolgsrezept zählt neben Experimentierfreudigkeit zu einem gewissen Grad aber auch Anonymität – in den Videos ist meist nur seine Hand, nie aber er selbst zu sehen. Diese Anonymität erlaubt es ihm, trotz seiner Onlinepräsenz ein normales Leben zu führen. "Meine berufliche Basis bleibt der Job bei der Gemeinde, alles weitere ist zusätzlich. Dass ich damit so erfolgreich bin, war ja nie der Plan – das ist mir einfach in den Schoß gefallen", sagt der 39-Jährige.

Kein Druck, aber harte Arbeit

Den Druck, ständig performen zu müssen, den viele Vollzeit-Content-Creator erleben, verspürt er jedenfalls nicht – und schätzt den Luxus, Social Media noch eher als Hobby sehen zu können. Für ihn ist die gesunde Balance zwischen Online-Präsenz und realer Welt auch der Schlüssel zum Glücklichsein und zur Aufrechterhaltung seiner kreativen Leidenschaft. Das bedeutet gleichzeitig aber nicht, dass sein Alltag ein Spaziergang ist.

Das Bild zeigt den Content Creator Christoph
Der erfolgreichste Tiktoker Österreichs bei der Arbeit. Sie beginnt um 4 in der Früh.
Condsty

Tatsächlich beginnt der Tag von Condsty schon um 4 in der Früh. Noch lange bevor er seinem Hauptberuf als Gemeindebediensteter nachgeht, widmet er sich der Videoproduktion – auch, weil er da eine "ruhigere Hand" hat und "klarer im Kopf" ist. Innerhalb von anderthalb Stunden erledigt er so sein morgendliches Pensum, indem er Videos dreht, die später am Abend, wenn die Kinder schlafen, noch geschnitten und am nächsten Morgen gepostet werden. So kommen pro Woche summa summarum dennoch 15 bis 20 Stunden hinzu.

Um Nachschub müssen sich Fans jedenfalls keine Sorgen machen. Diese Disziplin hat es ihm in den letzten Jahren nämlich erlaubt, das eine oder andere Video für Tage aufzuheben, wo er "null kreativ" sei, was natürlich auch mal vorkommen kann. "Ich habe sicherlich an die tausend Videos zu viel am Rechner, die noch nicht gepostet sind. Mein Vorrat ist so groß, dass ich theoretisch ein Jahr lang nicht mehr zeichnen müsste", sagt Brückner. Alte Videos würde er jetzt zwar nicht mehr posten wollen, aber zumindest die Idee dafür hätte er schon, er müsste sie nur noch neu umsetzen.

Kommt der Erfolg, kommen die Neider

"Der Hund, der sitzt im Pyjama daheim, macht zehn Striche aufs Papier und kriegt dafür auch noch Geld", scherzt Brückner, wissend, was sich manche Leute vermutlich denken werden. Aus dem Gespräch mit ihm wird aber deutlich, wie viel Arbeit und Disziplin hinter seinem Erfolg steckt. Und viel Aufbauzeit, bis man überhaupt einmal dort ist, wo man als Content-Creator beginnt, Geld zu verdienen.

Wie viel Geld Condsty verdient, lässt sich erwartungsgemäß nicht von ihm entlocken. Nur so viel, dass man davon alleine "gut leben" könne – je nach individuellem Lebenswandel ist das freilich eine sehr dehnbare Aussage. Stolz zurückblicken kann er jedenfalls jetzt schon auf seine Social-Media-Karriere.

Ein jüngeres Video von Condsty zum Jahreswechsel soll zum Nachdenken anregen

Neben einem Millionenpublikum auf Tiktok, Youtube und Instagram wird er auch von prominenteren Nutzerinnen und Nutzern der Netzwerke mit Wohlwollen wahrgenommen und weiterempfohlen. Ein Reichweiten-Boost, der nicht zu unterschätzen ist. So teilte etwa Britney Spears gleich vier seiner Videos und verlinkte seinen Insta-Account direkt. Jason Derulo soll ihn regelmäßig kontaktieren, um zu erfahren, welche Videos erscheinen, da er sie gerne auf Youtube weiterempfiehlt.

Trotz der Neider im privaten Umfeld und mitunter der Schwierigkeit, sich damit verbundene Angriffe nicht zu sehr zu Herzen zu nehmen, ist er aber besonders stolz darauf, seine Leidenschaft nie verloren zu haben. Seinem früheren Ich, aber mehr noch den angehenden Content-Creator würde er daher raten, derartige Kommentare aus Selbstschutz am besten zu ignorieren.

Nächster Halt: Diamant-Button

Wenig begeistert zeigt sich Brückner derzeit noch von dem Szenario, dass seine Töchter vielleicht einmal in die Fußstapfen vom Papa treten möchten. Auch wenn er selbst nebenberuflich auf Social Media tätig sei, möchte er sie so lange wie möglich davor schützen: zu groß sei seiner Ansicht nach das Suchtpotenzial. "Mir ist wichtig, dass meine Kinder die Schule beenden und einen Beruf erlernen. Dann hab ich kein Problem damit, wenn sie Content-Creator werden wollen", sagt der zweifache Familienvater.

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Condsty beim Zeichnen, ausnahmsweise mal ohne Kamera. An Ideen fehlt es ihm nicht.
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Sich selbst hat er für die nächsten Jahre auch Ziele gesteckt. Obwohl Condsty sein ursprüngliches Ziel, eine Million Follower auf Tiktok zu erreichen, weit übertroffen hat, möchte er dort weiterhin mit Videos präsent bleiben. Dafür brennt er sichtlich, und seine Community wartet darauf. Auf Youtube möchte er noch unbedingt den Diamant-Button erreichen – eine Auszeichnung, die an Kanäle mit zehn Millionen Followern vergeben wird. 4,72 Millionen hat er schon – und so smart, wie er die "Halbzeit" bis jetzt durchgezogen hat, schafft er fehlenden 5,28 Millionen auch noch. (Benjamin Brandtner, 8.1.2024)