Präsident Biden in Iowa
Präsident Biden in Iowa
REUTERS/EDUARDO MUNOZ

Washington – US-Präsident Joe Biden hat mit einem scharfen Angriff auf den Republikaner Donald Trump die heiße Phase des Wahlkampfs eingeleitet. Trump sei bereit, "unsere Demokratie zu opfern", um wieder an die Macht zu kommen, sagte Biden am Freitag in einer Rede im Bundesstaat Pennsylvania. Am Vorabend des dritten Jahrestags des Sturms von Trumps Anhängern auf das Kapitol warf der Demokrat seinem Vorgänger vor, mit Lügen "die Geschichte stehlen" zu wollen.

"Wir wissen alle, wer Donald Trump ist", sagte Biden. "Die Frage lautet, wer sind wir?" Biden warf Trump eine Wiederwahlkampagne mit dem Ziel vor, "Rache und Vergeltung" an politischen Gegnern zu üben. Der Republikaner habe seine Widersacher als "Ungeziefer" bezeichnet, "genau die gleiche Sprache, die in Nazi-Deutschland verwendet wurde". Biden sagte fast flüsternd: "Wie kann er es wagen? Wer in Gottes Namen glaubt er, wer er ist?"

Trumps Wahlkampfteam veröffentlichte kurz vor der Rede einen Spot, in dem Biden als "der wahre Zerstörer der Demokratie" bezeichnet wurde.

Jahrestag des Kapitolsturms

Die Demokraten warnen seit Monaten vor einem Abgleiten der USA in die Autokratie, sollte Trump wiedergewählt werden. Dieser hatte Anfang Dezember gesagt, er wolle am "ersten Tag" nach einer Wiederwahl wie ein Diktator handeln. Er hat zudem erklärt, er werde gegen seine politischen Gegner Ermittlungen einleiten lassen, sie in Haft nehmen und auch anderweitig gegen sie vorgehen.

Biden sollte seine Rede ursprünglich am Samstag halten, dem eigentlichen Jahrestag des Kapitolsturms vom 6. Jänner 2021. Allerdings wurde der Termin wegen eines anrückenden Sturms vorgezogen. Pennsylvania ist nicht nur Bidens Heimat, wo seine Geburtsstadt Scranton liegt. Der Staat mit etwa 13 Millionen Einwohnern ist wegen seiner knappen Mehrheiten einer der wichtigsten für die Wahl. Trump hatte Pennsylvania 2016 mit knapp 48,6 Prozent der Stimmen gewonnen, Biden erhielt vier Jahre später gerade einmal 50,01 Prozent.

Biden erhob schwere Vorwürfe gegen seinen Vorgänger
IMAGO/John Angelillo

Biden hat in den vergangenen Monaten wiederholt auf die Gefahr verwiesen, die nach seiner Darstellung der US-Demokratie von Trump droht. Trump und seine Anwälte haben den Vorwurf eines Aufstandes gegen die USA zurückgewiesen. Seine Aussagen am 6. Jänner 2021 seien durch die Meinungsfreiheit gedeckt gewesen. Gegen Trump ist keine Anklage erhoben worden wegen "insurrection", also eines Aufstandes im Sinne der Verfassung. Der Geschäftsmann hat mehrere Anklagen gegen ihn als Teil einer politischen Verschwörung bezeichnet.

Bidens Wahlkampfteam hat angedeutet, die Warnung vor einer Gefahr für die Demokratie mit Alltagsthemen in den USA zu verbinden wie Arbeitsplätze und Inflation, jedoch auch Waffengewalt, die Gesundheitsversorgung und Abtreibung. Eine Reuters/Ipsos-Erhebung von Mitte Dezember bestätigte die Bedeutung dieser Themen für die Wähler: Neun von zehn Befragten gaben an, dass die Wirtschaft für ihr Wahlverhalten wichtig sein werde. Etwa 45 Prozent der Befragten sagten, dass Trump einen besseren Ansatz für die Wirtschaft habe, 33 Prozent Biden.

Trump greift Biden an

Trump griff unterdessen Biden scharf an. "Nicht eine Sache ist unter dem korrupten Joe Biden besser geworden. Alles ist ein Schlamassel", sagte Trump vor mehreren hundert jubelnden Anhängern auf der Kundgebung im ländlichen Nordwesten von Iowa. Er ging in seiner Rede hingegen nur kurz auf die Ereignisse des 6. Jänner ein. Stattdessen wiederholte er die unbegründete Behauptung, dass der Wahlkampf 2020 durch weit verbreiteten Wahlbetrug verfälscht worden sei.

Donald Trump in Iowa
"Alles ist ein Schlamassel", attestiert Trump der Regierung von Joe Biden.
REUTERS/RACHEL MUMMEY

In seiner Rede zehn Tage vor der ersten Runde der republikanischen Vorwahlen zeichnete der ehemalige Präsident ein düsteres Bild von den Vereinigten Staaten. Er bezeichnete die USA als eine "scheiternde" Nation, die von "Terroristen" und Einwanderern aus "Irrenhäusern" heimgesucht werde, die über die Grenze aus Mexiko in die USA strömten. Er scherzte über die frühere Bemerkung, am ersten Tag seiner Präsidentschaft ein Diktator sein zu wollen. Er nahm diese Bemerkung jedoch nicht ausdrücklich zurück.

Zehn Monate vor der Wahl liegen die beiden Bewerber insgesamt faktisch Kopf-an-Kopf: Trump führt in der jüngsten Reuters/Ipsos-Umfrage zwar mit 38 Prozent zu 36 Prozent vor Biden. Die übrigen 26 Prozent zeigten sich jedoch unentschlossen. (APA, Reuters, red, 5.1.2024)