Blick auf die gläserne Fassade der OMV-Zentrale in Wien
Die Zentrale der OMV in Wien: Hinter der Glasfassade sind aufklärungsbedürftige Dinge passiert, lautet der Vorwurf.

In der OMV rumort es. Der Groll rührt diesmal nicht vom tiefsitzenden Misstrauen her, mit dem sich Vertreter der alten, öl- und gaslastigen OMV und Exponenten der Chemie- und Kunststofffraktion im Haus, die an Bedeutung gewonnen haben, begegnen. Es ist vielmehr die OMV-Kommunikationsabteilung, die den Außenauftritt des Öl-, Gas und Chemiekonzerns verantwortet und jetzt heftig ins Rudern kommt.

In einer Sachverhaltsdarstellung, die dem STANDARD vorliegt, wird von einem "dringenden Verdacht" ausgegangen, "dass Führungspersonen der OMV wider die Sorgfalt eines ordentlichen und gewissenhaften Geschäftsleiters agieren, sich bei ihren unternehmerischen Entscheidungen von sachfremden Interessen leiten lassen und nicht zum Wohle der OMV handeln, sondern vielmehr dieser erheblichen Schaden zufügen".

Schwere Vorwürfe

Konkret geht es um einen Vertrag mit einer Kommunikationsagentur, der im Jahr 2022 abgeschlossen wurde – unter Verletzung interner Konzernvorschriften und mit nachteiligen Bestimmungen für die OMV, wie es in der Sachverhaltsdarstellung heißt. In den Vertragsabschluss direkt involviert gewesen seien die Leiterin des Kommunikationsbereichs, Sylvia Shin, sowie deren Vorgesetzter, CEO Alfred Stern.

Dazu muss man wissen, dass Verträge mit Kommunikationsdienstleistern innerhalb der OMV nur unter Einbeziehung der Einkaufsabteilung abgeschlossen werden dürfen. Bei Beratungsverträgen, die ein Volumen von 50.000 Euro übersteigen, ist gemäß OMV-Einkaufsrichtlinie zwingend ein "Tender-Verfahren" durchzuführen – sprich, es muss ausgeschrieben werden. Ein Abweichen ist für Direktvergaben im Weg des "Single Sourcing" vorgesehen, wenn Leistungen nur von einem bestimmten Unternehmen und keinem anderen erbracht werden können, was aber einer stringenten Begründung bedarf. Weder das eine noch das andere wurde laut Sachverhaltsdarstellung gemacht.

Einkaufsabteilung falsch informiert

Trotz eines aufrechten Rahmenvertrags mit der FTI Consulting, einem global tätigen Kommunikationsunternehmen, habe Shin kurz nach ihrem Antritt als Kommunikationschefin der OMV 2022 unter Einbindung von CEO Stern "den Abschluss eines weiteren, hochdotierten Vertrages mit der FGS Global (Europe) GmbH initiiert, ohne dass hiefür irgendeine wirtschaftliche oder rechtliche Notwendigkeit bestand. Es wurde im Gegenteil die Einkaufsabteilung der OMV im Rahmen des internen Prozesses bewusst unrichtig informiert, sohin über die Notwendigkeit des Vertragsabschlusses getäuscht," lautet der Vorwurf.

Eine stichhaltige Begründung, warum ausschließlich die Agentur FGS und niemand sonst die gewünschten Kommunikationsdienstleistungen erbringen könne, sei nicht gegeben worden. Der Vertrag mit FTI Consulting, der wie in den Einkaufsrichtlinien der OMV vorgesehen im Zuge einer Ausschreibung einige Zeit davor abgeschlossen wurde, sah eine monatliche Pauschale von 7000 Euro vor und ist zuletzt noch unter Fortbestand der ursprünglich vereinbarten Konditionen bis Ende 2023 verlängert worden.

Vorauszahlung ohne Leistungsnachweis

Der Vertrag mit FGS beinhaltet drei Module. Zur "Entwicklung eines systematischen Themen- und Contentmanagements" wurde die Zahlung von pauschal 175.000 Euro vereinbart, für die "Erarbeitung einer strategischen Ausrichtung in Executive Communications" 95.000 Euro und für "laufendes strategisches Sparring" 25.000 Euro, Letzteres auf monatlicher Basis. Irgendwelche "Milestones, die bei Projekten dieser Größenordnung üblich sind, seien nicht vereinbart worden, Leistungsnachweise auch nicht.

Ungewöhnlich sei insbesondere, dass 75 Prozent der Honorarsumme für die Module eins und zwei (über 175.000 bzw. 95.000 Euro) vorab zu bezahlen waren. Eine derartige "Großzügigkeit" sei in keiner Weise marktüblich. Zusätzlich sei von FGS eine "Service Charge" von zwölf Prozent verrechnet worden. Welche Leistung dem zugrunde liege, erschließe sich nicht, heißt es in der Sachverhaltsdarstellung, die unter anderem an die Öbag (Beteiligungsholding der Republik, die 31,5 Prozent der OMV-Anteile hält; Anm.) und den Präsidenten des OMV-Aufsichtsrats, Lutz Feldmann, ergangen ist. Insgesamt ergebe sich "ein sicherlich 100.000 Euro übersteigender Schaden zulasten der OMV," heißt es.

OMV reagiert

"Die Vorwürfe sind OMV bekannt, wurden umfänglich intern geprüft und die empfohlenen Maßnahmen von den betreffenden Konzernfunktionen umgesetzt," hieß es von OMV auf STANDARD-Anfrage. Interne Details von Verträgen und Auftragsvergaben sowie interne Untersuchungen wolle man nicht kommentieren.

Erst im Vorjahr hat OMV ihre "Ethics & Integrity Principles" verschärft. "Jedem Fehlverhalten wird konsequent nachgegangen und dieses untersucht. Wir haben null Toleranz für Verstöße", heißt es darin. (Günther Strobl, 8.1.2024)