Wien – Bei Robert Kratky kam der psychische Zusammenbruch an seinem 47. Geburtstag: Burnout, nichts ging mehr. In der Talkreihe "Kratky sucht das Glück" spricht der Ö3-Moderator mit Prominenten wie Melissa Naschenweng, Paul Pizzera oder Michael Buchinger über ihre psychischen Probleme. "Kratky sucht das Glück" war als Ö3-Podcastreihe konzipiert, der ORF bringt das Format jetzt auch ins Fernsehen – zu sehen am Mittwoch, 10. Jänner, um 23.05 Uhr in ORF 1. In der ersten Folge ist Musikerin Melissa Naschenweng zu Gast.

Ö3-Moderator Robert Kratky
Ö3-Moderator Robert Kratky sucht das Glück und findet Prominente, die mit ihm darüber reden. Der ORF holt die Podcastreihe jetzt auch ins Fernsehen.
ORF/Martin Krachle

STANDARD: Sie wollen mit Ihrer Talkreihe "Kratky sucht das Glück" das Thema psychische Gesundheit enttabuisieren. Wie geht es Ihnen?

Kratky: Danke, alles okay. Ich bin mir zwar sicher, nach der Lektüre so mancher Kommentare im STANDARD-Forum wird es mir weniger gut gehen (lacht), aber auch mit Bösartigkeiten umgehen zu lernen gehört heute offenbar zu meinem Beruf.

STANDARD: Sie hatten vor drei Jahren einen psychischen Zusammenbruch. Depressionen waren die Ursache. Sind Sie noch in Behandlung?

Kratky: Nicht mehr so regelmäßig wie am Anfang, aber ich bin seit vier Jahren in einer Gesprächstherapie. Früher wöchentlich, jetzt beschränkt es sich meist auf einmal, maximal zweimal im Monat. Aber zurzeit läuft es gut, danke!

STANDARD: Ziel der Talkreihe ist es, das Thema psychische Gesundheit aufs Tapet zu bringen und zu enttabuisieren, oder?

Kratky: Diese Gespräche waren eine abgeschlossene Reihe von Ö3-Podcasts, die wir anlässlich 40-Jahre Ö3-Kummernummer bereits aufgenommen und fernsehtauglich mitgefilmt haben. Wir wissen, psychische Probleme sind quer durch alle Teile unserer Gesellschaft ein größeres Thema denn je. Und ja, je öfter man darüber redet, desto eher fällt das Tabu. Vor allem Männer – dabei besonders junge Männer – haben oft große innere Hürden zu überwinden, bevor sie sich Hilfe suchen. Das Ö3 Mental Health-Festival Ende letzten Jahres und diese Podcasts sollten zeigen: Darüber mal offen zu reden ist zumeist der wichtigste erste Schritt.

STANDARD: Und die Probleme werden nicht weniger.

Kratky: Die letzten Jahre waren für uns alle hart, deswegen wäre es ja auch so schön, wenn wir ein bisschen freundlicher und höflicher zueinander wären. Die sozialen Medien haben die Welt ja nicht gerade sozialer gemacht und schon der tägliche Informationsfluss ist nur schwer zu verdauen. Am Umgang miteinander ständig zu arbeiten, vor allem in jeder Art von Kommunikation, ist darum sicher nicht verkehrt.

STANDARD: Haben Sie Ihr Verhalten geändert, weil Sie ja auch von toxischer Männlichkeit gesprochen haben?

Kratky: Bei vielen meiner und früherer Generationen und vor allem in leistungsorientierten Branchen ist ständige Selbstreflexion ohnehin ein Gebot der Zeit – und die Bereitschaft, auch von Jüngeren stetig zu lernen, nicht minder. Bei mir ist das ein laufender Prozess, der leider nie endet, weil die Welt sich ja ständig schneller dreht. Und Lernen im Erwachsenenalter bedeutet vielfach auch, Altes zu verlernen. Das ist oft gar nicht so einfach, aber ich gebe mir große Mühe.

STANDARD: Zu Ihren Gästen zählen etwa Sängerin Melissa Naschenweng, Skirennläuferin Nicole Schmidhofer, Musiker Paul Pizzera oder Influencer Michael Buchinger. Wie schwierig war es, Leute zu finden, die über ihre psychische Gesundheit reden?

Kratky: Gar nicht. Ich bin ja kein Journalist oder Reporter, sondern selber Teil des Zirkus, und das schon sehr lange. Dadurch entstanden mit den meisten meiner Gäste auch nur selten klassische Interview-Situationen, sondern sehr schöne und persönliche Gespräche von Mensch zu Mensch. Und dass ich bekannterweise mit dem Thema auch persönlich konfrontiert bin, war sicher auch kein Nachteil.

Kratky sucht das Glück - und findet: Melissa Naschenweng
Hitradio Ö3

STANDARD: Sie geben auch sehr viel Persönliches über sich preis?

Kratky: Bei solchen Gesprächen müssen sich Geben und Nehmen die Waage halten, darum spreche natürlich auch ich über Dinge, von denen ich davor öffentlich noch nie erzählt habe. Aber der Scheinwerfer ist dabei vorrangig auf meine Gäste gerichtet, und das ist auch gut so.

STANDARD: Mit welchem Ziel?

Kratky: Uns reichte schon ein einziger Mensch, dem das, was wir hier machen, wirklich weiterhilft. Dank des großen Echos auf "Kratky sucht das Glück" wissen wir nun, diese Übung ist mehr als nur gut gelungen, und damit gebe ich mich vorerst hochzufrieden und glücklich. Dass nach dem Erfolg des Podcasts das ORF-Fernsehen diese Reihe nun auch noch auf den Schirm bringt, das ehrt und freut uns. Aber entgegen anderslautender Schlagzeilen bekomme ich hier weder eine neue Talkshow im ORF noch will ich eine. Wichtig ist nur, dass der ORF diese Reihe nun auch jenen Menschen anbietet, die vielleicht weder Ö3 noch Podcasts hören. Es geht hier also weder um eine neue TV-Show noch um Quotenerfolge, sondern einzig um ein wirklich gesellschaftsrelevantes Anliegen. Und für jene, die im ORF direkt daran beteiligt waren, um ein echtes Herzensprojekt. Solche Dinge sind seit jeher Teil unserer öffentlich-rechtlichen DNA, und je mehr Kanäle das mittragen, desto besser für die Sache selbst.

STANDARD: Und die Talkreihe geht nach der Ausstrahlung im TV als Podcast weiter?

Kratky: Nein. Diese Talkreihe war von Anfang an als in sich geschlossene Podcast-Serie geplant, die zusätzliche Ausstrahlung im Fernsehen ist wichtig, da es auch das Anliegen ist. Das Projekt selbst ist für mich damit vorerst aber mal abgeschlossen. Dank der immens positiven Reaktionen unserer Hörerinnen und Hörer sind wir allerdings sehr motiviert, solche Dinge immer wieder neu zu denken und unserem Publikum anzubieten. Das Thema mentale Gesundheit brennt so vielen Menschen unter den Fingernägeln, und für viele, vor allem Junge, ist unser Bemühen um das Thema auch erst der Einstieg in die Materie. Die Welt wird kaum friedlicher, die Anforderungen an uns alle und auch die psychischen Probleme werden nicht weniger, aber die gute Nachricht lautet: Wir können da als Gesellschaft gemeinsam etwas verbessern. Die Lage ist niemals hoffnungslos, die Wege, um Hilfe zu erhalten, werden mehr, Türen öffnen sich.

Robert Kratky mit Autor und Kabarettisten Michael Buchinger.
Robert Kratky mit Autor und Kabarettist Michael Buchinger.
ORF

STANDARD: Sie hatten ja bereits im Jahr 2011 die Talkreihe "Kratky" im ORF.

Kratky: Die ebenso – in sich geschlossen – immer als zehnteilige Gesprächsreihe geplant war und niemals als ständige Einrichtung. Sie wurde – danke, dass ich das auch hier endlich mal aufklären darf – darum auch niemals "abgesetzt" oder dergleichen, sie war einfach zu Ende. Die Quoten waren für Freitag spätabends übrigens richtig gut, mehr als nur einmal sogar besser als jene der Primetime. Aber die damalige Fernsehdirektorin wollte uns von Freitag später Abend auf Mittwoch Hauptabend schieben, das Format dafür auch neu andenken. Wir haben da schließlich keinen Konsens gefunden, und ich hatte mit dem Ö3-Wecker ja bereits einen sehr fordernden Job auf einem Kanal, der schon damals "größer" war, als die meisten Fernsehshows es je sein könnten.

STANDARD: Adressieren Sie diese Botschaft auch in Richtung Politik, dass sie sich etwa um mehr Kassenstellen für Psychotherapien kümmern soll und dass die Wartezeiten auf Therapieplätze verkürzt werden?

Kratky: So wie ich mir von der Politik Botschaften in meine Richtung verbitte, würde ich mir auch nie herausnehmen, irgendwelche Botschaften an die Politik zu richten. Das ist nicht meine Aufgabe. Unser Thema ist das Leben selbst, mit allem, was dazugehört. Die Herausforderungen dieses Lebens zu meistern verlangt manchmal auch tiefgreifende gesellschaftliche Verbesserungen. Und den Politikerinnen und Politikern ist ganz sicher auch ohne mein Zutun aufgefallen, dass gerade hier ein extremer Handlungsbedarf besteht.

STANDARD: Sehen Sie es als Ihre Aufgabe, bei Ö3 einen Gegenpol zu den schlechten Nachrichten zu bilden?

Kratky: Zum Teil, denn als öffentlich-rechtlicher Sender haben wir uns natürlich alle auch der Pflicht verschrieben, dieses Land so gut wie möglich zu informieren. Aber ich selbst bin weder Journalist noch redaktionell verantwortlich, seit 30 Jahren bin ich vor allen anderen Dingen eines: Unterhalter. Und egal, ob wie früher als Produzent, Autor und Showrunner oder wie heute als Anchor des Ö3-Weckers: Das Einzige, was sich in all den Jahrzehnten nie verändert hat, ist meine Kernaufgabe, nämlich den Alltag mit positiver Energie aufzuladen und damit möglichst vielen Menschen etwas Gutes anzubieten. Die Nachrichtenlage macht das gefühlt täglich schwieriger, aber niemand sagt, dass der Beruf einfach ist. Er soll sich nur so anhören.

STANDARD: Sie haben kürzlich angekündigt, Ihren Vertrag mit Ö3 Ende des Jahres 2026 auslaufen zu lassen. Warum?

Kratky: "Nebenbei erwähnt" trifft es wohl besser als "angekündigt", ich hatte nur nicht mit der medialen Aufmerksamkeit gerechnet. Seit über drei Jahrzehnten bin ich dabei, seit bald 20 Jahren habe ich die Ehre, diese Show zu hosten. Und wie jeder Job im Showbusiness sollte sich für unser Publikum auch meine Arbeit möglichst nie nach Aufwand, Druck oder Stress anhören. Aber wer sich auch nur ein wenig in der Branche auskennt, weiß, dass speziell diese Aufgabe in ihrer Intensität nur mit Spitzensport vergleichbar ist, sowohl physisch als auch psychisch. Täglich bis zum Äußersten das Bestmögliche zu geben, andauernd eine öffentliche Person zu sein und sich in einem längst hochkompetitiven Markt an der Spitze zu behaupten, das geht nicht nur an die Substanz, es verlangt dir einfach alles ab. Die meisten schaffen sowas ein paar Jahre, einige wenige schaffen mehr. Aber als Profi muss ich mich mit der Tatsache anfreunden, dass man so eine Leistung nicht ewig garantieren kann. Darum habe ich mich auch bis heute niemals anstellen lassen, bin immer "frei" geblieben, weil ich mir diesen Posten nicht sichern will, sondern immer wieder neu verdienen. Ein schöner Nebeneffekt dieser Freiheit ist es, das Ende selbst bestimmen zu können. Vor allem in einem Beruf, in dem das Produkt du selber bist.

STANDARD: So herausfordernd?

Kratky: Ja, und das ist auch okay, ich habe mir das ja bewusst so ausgesucht, mir damit sogar meinen Lebenstraum erfüllt. Und ich bin auch demütig dankbar, dass es für mich – nach anfangs weiß Gott schlechten Jahren – heute gut läuft. Ich durfte ganze Generationen in den Tag begleiten. Aber eben weil dieser Job so viel mehr verlangt als andere, werden meine Verträge immer zwischen drei und fünf Jahre befristet, das ist auch international so üblich. Womit wir auch wieder beim Spitzensport wären: Diese Popularität ist eine "geliehene Würde", so eine Karriere hat nun mal ihre begrenzte Zeit. Die immens intensiv ist, vor allem weil mein Job nicht nur jährlich, sondern täglich auf dem Prüfstand steht, und das vor einem Millionenpublikum. Sich mal zurücklehnen und eine ruhige Kugel schieben gibt es in diesem Beruf nicht.

STANDARD: Wird das frühe Aufstehen mit zunehmendem Alter immer schwieriger?

Kratky: Hundertprozentig. Gestern am Abend habe ich mich voll gefreut und gedacht: Cool, jetzt geht es wieder los. Heute um 3.15 Uhr hatte ich – wie so oft – keine Ahnung, woher ich die Kraft nehmen soll. Aber wie schon gesagt, das sind aber Dinge, die brauchen niemanden zu interessieren, andere Leute haben ja auch harte Jobs. Aber ja, diese Energie, vier Stunden lang durchzuhalten und dafür mitten in der Nacht aufzustehen, das muss man schon wollen, damit man es mögen lernt. Mein eigentlicher Biorhythmus ließe mich eigentlich nicht um 3.15 Uhr aufstehen, sondern etwa um diese Zeit schlafen gehen. Das hat auch meine Weihnachtsferien so schön gemacht.

STANDARD: Zusammensitzen und Party machen?

Kratky: Zum Beispiel. Oder einfach mal genießen, dass es schon Nacht geworden ist und ich immer noch wach bin. Das ist meine wahre Natur, aber aufgrund des Jobs habe ich eben auf einige Sachen in meinem Leben verzichtet oder der Arbeit untergeordnet. Und klar, langsam, aber sicher merke ich, dass es immer schwieriger wird, unablässig Leistung zu bringen. Körperlich ist es bis jetzt gut gelaufen, seelisch war dann halt irgendwann Ende Gelände.

STANDARD: Können Sie gute Laune nicht so einfach aufsetzen?

Kratky: Ich bin kein Schauspieler, also kann ich auch nicht einfach gute Laune vorgaukeln, das muss schon echt sein, damit der Ö3-Wecker funktioniert. Vor allem weil ich seit jeher mein Herz auf der Zunge trage und sehr angstfrei auf Sendung sage, was ich denke und fühle, selbst wenn ich einmal nicht so gut drauf oder sogar richtig grantig bin. Das macht mich zwar nicht zu Everybody's Darling, aber zumindest zu einem greifbaren Menschen, und das ist im österreichischen Showbusiness nicht jedem vergönnt. Aber mein Hauptjob ist und bleibt es, positive Stimmung zu verbreiten. Und ich glaube, das gelingt ganz gut. Die Zahlen sprächen dafür.

STANDARD: Apropos Zahlen: Kürzlich war zu lesen, dass Sie rund 400.000 Euro pro Jahr verdienen und damit in etwa gleich viel wie ORF-Generaldirektor Roland Weißmann. Stimmt das?

Kratky: Das kommentiere ich nicht.

STANDARD: Sind Sie als freier ORF-Mitarbeiter auch von der Gehaltstransparenz betroffen, der zufolge der ORF das Gehalt seiner Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter ab einer Höhe von 170.000 Euro jährlich namentlich offenlegen muss?

Kratky: Auch als freier Mitarbeiter bin ich den Vorgaben des ORF verpflichtet. Und der ist dem Gesetz verpflichtet. Ich habe dabei im besten Wortsinn möglichst öffentlich-rechtlich zu sein, dazu noch möglichst unterhaltsam und möglichst erfolgreich. Sich anzuschauen, was das in einem kompetitiven Markt wert ist, obliegt meinen Chefinnen und Chefs. Und die wissen auch, dass ich meine Honorierung seit Jahrzehnten hundertfach hereinspiele. Ich koste nur so lange Geld, solange das wirtschaftlich voll argumentierbar ist.

STANDARD: Ö3 ist ja mit seinen Werbemillionen auch die Cashcow des ORF.

Kratky: Das Wort Cashcow im Zusammenhang mit Ö3 habe ich erstmals gehört, da war ich noch ein Kind, und ich mag es bis heute nicht. Wir sind keine Geldverdienmaschine, sondern der größte Radiosender Österreichs. Die Menschen, die uns hören, zu unterhalten ist unser Job.

STANDARD: Sie haben kürzlich in einem "Profil"-Interview gesagt: "Das Schwierigste ist für mich, in der Früh keine Dinge zu sagen, die gegen das Rundfunkgesetz verstoßen." Was liegt Ihnen auf der Zunge? Wollen Sie das jetzt formulieren?

Kratky: Und Sie glauben, ich lege jetzt bei Ihnen los? (lacht). Sorry und danke, aber nein danke! Und schon gar nicht, solange ich einem öffentlich-rechtlichen Medium und speziell dem Ö3-Wecker verpflichtet bin. Unser Sender soll Menschen unterhalten und vereinen, Menschen, die alle unterschiedliche Parteien wählen. Und die haben sicher keinen Kerl bestellt, der ihnen in der Früh neben der Uhrzeit auch noch seine persönliche politische Meinung aufs Aug drückt.

STANDARD: Sie wollen nach dem Ende bei Ö3 abtauchen?

Kratky: Reden wir, wenn es dereinst so weit ist. Ich habe aber definitiv nicht vor, nach meiner On-Air-Karriere bei irgendwelchen C-Promi-Buffets aufzutauchen, um medial präsent zu bleiben. Das mache ich schon seit zehn Jahren nicht mehr, denn nichts davon hat in meinem privaten Leben einen realen Wert. Ich freue mich total, dass es so viele Menschen gibt, die mit mir aufstehen wollen und die uns auch wissen lassen, wenn ihnen gefällt, was ich hier machen darf. Aber es kostet mich zunehmend Kraft, wenn ich bei einigen den gegenteiligen Effekt erzeuge. Ich will Menschen unterhalten, nicht verärgern.

STANDARD: Für Ihre Marke ist das doch viel wert, dass Sie so polarisieren und kaum jemanden kalt lassen?

Kratky: Für die meisten mag ich ja eine Marke geworden sein, für mich selbst bin ich aber keine Marke, sondern ein Mensch. Und ich habe weder ein Problem mit konstruktiver Kritik noch damit, wenn mich mal jemand einfach nicht mag. Aber ich habe sehr wohl ein Problem mit Hass im Netz, mit Beleidigungen, Herabwürdigungen, gemeinen oder untergriffigen Kommentaren zu meiner Arbeit, meinem Privatleben oder einfach meiner Person. Man könnte ja auch umschalten, wir haben eine sehr bunte Medienlandschaft, wozu also irgendwelche öffentlichen Menschen mit so viel Gemeinheit abstrafen, und das meist auch noch anonym hinter irgendwelchen Nicknames? Mir wäre dafür die Zeit zu schade, und ja, ich kann damit leben. Aber es ist bisweilen tatsächlich persönlich verletzend, und ich würde lügen, wenn ich behauptete, mir wäre das egal. Denn mir ist niemand egal, das ist das Fundament meines Selbstverständnisses, beruflich wie privat.

STANDARD: Auf Instagram haben Sie immerhin 107.000 Follower. Das lässt sich doch auch monetarisieren, oder?

Kratky: Ließe sich wohl, aber vorerst reicht mir die Freude am Gestalten. Fast eine halbe Million klickt regelmäßig rein, bis zu 30.000 schauen sich über den Tag die Storys an, das ist für ein Nebenbeihobby ganz ordentlich. Vor allem, weil die Zahlen echt sind, was auf Instagram ja eher selten ist. Aber vorrangig ist mein Kanal für mich ein Freizeitvergnügen und mittlerweile auch die beste Möglichkeit, mit unseren Hörerinnen und Hörern direkt in Kontakt zu sein, da kann ich manchmal Dinge ausprobieren, bevor ich sie im Radio mache. Denn bei aller Liebe zu sozialen Medien: Gegen den Ö3-Wecker ist auch mein Instagram-Account nur eine kleine Bubble.

STANDARD: Instagram mit so vielen Followern frisst wahrscheinlich nicht wenig Zeit?

Kratky: Leider ja. Ich investiere in Instagram, das ich ja alleine mache, genau die Zeit, die ich früher für das Lesen verwendet habe. Früher habe ich pro Jahr mindestens zwischen 20 und 30 Bücher gelesen, das mache ich jetzt nicht mehr. Eigentlich Wahnsinn. Die Influencerin Anna Strigl, die echt groß auf Insta ist, hat im Podcast gesagt, dass sie Social Media nicht einmal konsumieren würde, wenn sie nicht damit arbeiten würde. Es ist Segen und Fluch zugleich und das sehe ich genau wie sie.

STANDARD: Und sind die Leute auf Instagram tendenziell höflicher als in diversen Foren?

Kratky: Auf meinem Kanal ja, generell wohl eher nein.

STANDARD: Und Sie verwenden nach wie vor Alufolie, um ihre Jause einzupacken? Das wurde auch kritisiert.

Kratky: Was soll ich machen? Soll ich daraus etwas basteln? Ich bin ein Hamsterkäufer, und irgendwann habe ich mir halt offenbar sehr viel Alufolie gekauft. Was ich garantieren kann: Solange ich bei Ö3 bin, wird sie mir nicht ausgehen. Das bedeutet, dass man sich auch in den nächsten Jahren noch gerne über mich echauffieren mag, wenn mein Frühstücksweckerl silbern glitzert. Man könnte es aber auch einfach lassen, es gibt wahrlich Wichtigeres auf der Welt. (Oliver Mark, 10.1.2024)