Gartensessel
Die Insolvenz von Interio trifft 70 Beschäftigte.

Wien – Zwischen den Stühlen stand Interio schon seit vielen Jahren. Nun ging der Einrichtungshandelskette endgültig die Kraft aus. Sie beantragte am Landesgericht Wiener Neustadt ein Sanierungsverfahren ohne Eigenverwaltung.

24 Jahre ist her, dass die ehemalige Bipa-Managerin Janet Kath fünf Interio-Standorte vom Schweizer Handelskonzern Migros in Österreich übernahm. Zu einem Hennes & Mauritz der Möbelbranche wollte sie das Unternehmen ausbauen. Potenzial sah sie hierzulande einst für 20 bis 30 Filialen.

Expansion und Rückwärtsgang

Die Expansion auf 14 Einrichtungshäuser zollte ihren Tribut. Schon vor mehr als zehn Jahren glitt Interio in die roten Zahlen, die Verbindlichkeiten wuchsen. Kath trat auf die Bremse, gab Filialen auf, halbierte die Verkaufsfläche in ihrem Flagshipstore neben der Blauen Lagune in Vösendorf, um sie fortan mit einem Sporthändler zu teilen.

Im Geschäftsjahr 2020/21 summierte sich der Bilanzverlust auf mehr als 14 Millionen Euro, geht aus den veröffentlichten Bilanzen hervor. 13 Millionen waren es bereits im Jahr davor. Im Jahresabschluss mit Stichtag Juni 2022 ist von "wesentlichen Unsicherheiten in Bezug auf die Unternehmensfortführung" die Rede: Trete das prognostizierte Umsatzwachstum nicht ein, sei die Gesellschaft in ihrem Bestand gefährdet.

Interio selbst kündigte an, das Onlinegeschäft in Deutschland und der Schweiz voranzutreiben. Der Umsatz belief sich 2021/22 auf rund zehn Millionen Euro.

Sechs Standorte 

Kreditschützer erklären die nunmehrige Insolvenz mit erheblichen Umsatzeinbußen infolge der Corona-Pandemie. Sie führen die steigenden Energiekosten ebenso ins Treffen wie teurere Mieten. Die allgemeine Teuerung und der Verlust an Kaufkraft hätten die Lage zusätzlich verschärft.

Betroffen seien 70 Beschäftigte in sechs Standorten. Die Zahl der Gläubiger wird auf 66 bis 110 geschätzt. Verbindlichkeiten in Höhe von 9,3 Millionen Euro stünden unbelasteten Aktiva von 1,5 Millionen gegenüber.

Interio drohte seit langem zwischen wachsender Konkurrenz zu zerbröseln. Es waren weniger Designermöbel als preislich gehobene Haushaltswaren, mit denen die Handelskette ihr Glück versuchte. Neben direkten Rivalen wie Kare und großen internationalen Konzernen wie Lutz und Ikea gruben ihr dabei zusehends branchenfremde Anbieter Geschäft ab.

Von allen Seiten eingezwängt

Supermärkte und Diskonter wie Action bedienen sich in dem Geschäftsfeld ebenso ausgiebig wie die Textilketten Zara und H&M mit ihren Home-Konzepten. Auch der Onlinehandel mischt rund um Wohnaccessoires, Dekorationsartikel, Möbel und Geschenke kräftig mit.

Den scharfen Gegenwind bekamen Anbieter wie Butlers zu spüren. Die deutsche Kette meldete 2017 Insolvenz an. Sie versuchte nach einer Schrumpfkur den Neustart. Turbulente Zeiten erlebte jüngst auch Depot.

Rasant bergab geht es in Österreichs Möbelhandel seit Februar vergangenen Jahres, erzählen Marktkenner. Hohe Zinsen und die zurückhaltende Kreditvergabe bremsten Investitionen in langfristige Güter. Rasche Erholung zeichne sich nicht ab.

Kein Rückenwind

Christian Wimmer, der als Chef der Einkaufsverbände Garant und Wohnunion 300 Fachhändler vertritt, ortet keinen Rückenwind für Sanierungen. Seine Branche habe im Vorjahr zwischen zehn und zwölf Prozent an Umsatz verloren, sagt er im Gespräch mit dem STANDARD.

Die Zahl an Bewilligungen für Neubauten habe sich zeitgleich auf rund 34.000 halbiert. Sie diene als Indikator für die Entwicklung des Möbelhandels. Mehr Bewilligungen seien auch heuer nicht zu erwarten. Interio werde nicht das letzte Unternehmen der Branche sein, das in die Krise schlittere, befürchtet Wimmer.

Im Rahmen des Insolvenzverfahrens wird das vorhandene Vermögen des Betriebs inventarisiert und geschätzt. Erst danach sei eine Stellungnahme zu den Aussichten der Gläubiger möglich, erläutern Kreditschützer.

Interio soll unter Aufsicht der Insolvenzverwaltung vorerst fortgeführt werden. Den Gläubigern wird ein Sanierungsplanvorschlag mit einer 20-prozentigen Quote, zahlbar innerhalb von zwei Jahren ab Annahme des Sanierungsplans, angeboten. Diese soll laut Eigenantrag aus der Unternehmensfortführung finanziert werden. Die Anmeldefrist für Gläubiger läuft bis 7. März. Am 21. März ist die Prüfungstagsatzung.

Geschichte ist Interio in der Schweiz. XXXLutz übernahm 2019 sechs Standorte von Migros und benannte sie auf Mömax um. Die Filialen in Deutschland kamen bereits 2005 unter das Dach von Depot. (Verena Kainrath, 10.1.2024)