Schmerzbefreit: Der Science-Fiction-Film
Schmerzbefreit: Der Science-Fiction "Baby to Go" mit Emilia Clarke undChiwetel Ejioforzeigt, wie das Kinderkriegen in Zukunft aussehen könnte. Jetzt im Kino.
Einhorn-Film

Wer würde nicht gerne auf Kim Kardashian in einer Kinderwunsch-Selbsthilfegruppe treffen? Oder sich von Rachel Weisz und ihrer drogensüchtigen Zwillingsschwester sagen lassen: "Schwangerschaft ist keine Krankheit". Und wer würde, andererseits, gern ganz auf den schmerzhaften und blutigen Teil des Kinderkriegens verzichten?

Wie diese Szenarien aussehen könnten, zeigen gerade die Serien American Horror Story und Dead Ringers sowie der Independent-Film Baby to Go. Gemeinsam ist den drei sehr unterschiedlichen Erzählungen ein Thema, das erst in letzter Zeit in Drehbücher Eingang gefunden hat: künstliche Reproduktion.

Das ganze Elend der Welt

Früher sahen die wenigen Filme, die sich dem Thema Schwangerschaft annahmen, oft so aus: Eine Frau wird schwanger – und dann fangen die Probleme an. Sogleich kommt einem Mia Farrows Teufelsbrut in Rosemary’s Baby (1968) in den Sinn. Das realistische Kino thematisierte dagegen weniger den Körperhorror des Kinderkriegens, sondern die sozialen Probleme ungewollt Schwangerer.

Am legendärsten ist wohl Maria, das Hausmädchen in Vittorio De Sicas Umberto D., über die Gilles Deleuze einst schrieb: "Und dann fällt ihr Blick auf den schwangeren Bauch, als ob darin das ganze Elend der Welt wüchse."

Hexenhorror mit Kardashian

Derzeit aber nehmen sich Kino und Streamer vermehrt der Qual von Frauen und Paaren an, bei denen es nicht klappt. Etwa in der aktuellen Staffel von American Horror Story (Disney +), wo ein Bibel-Zitat anfangs auf den im Horrorgenre verbreiteten Aspekt des Kinderkriegens und -verlierens einstimmt: "Und zur Frau sprach er: Viel Mühsal bereite ich dir, sooft du schwanger wirst. Unter Schmerzen gebierst du Kinder."

Kim Kardashian und Emma Roberts in "American Horror Story" Staffel 12
Rotten Tomatoes TV

Anna Victoria Alcott (Emma Roberts) ist darin Schauspielerin, Anfang dreißig, und steht kurz vor ihrem großen Durchbruch. Ihrer PR-Managerin Siobhan – von Kim Kardashian gespielt – ist Anna einst in einer Kinderwunsch-Selbsthilfegruppe begegnet. Doch wo Siobhan mit ihrem Kinderwunsch bereits abgeschlossen hat, ist Anna noch mittendrin. Der neueste Embryotransfer hat jedoch Nebenwirkungen: Anna sieht Hexen, die ihr beunruhigende Botschaften hinterlassen. Hinzu kommen der Fruchtbarkeitsstress und eine Oscar-Kampagne, und der Psychothrilleroverkill ist vorprogrammiert.

Cronenberg-Remake "Dead Ringers"

In dieselbe Kerbe schlägt die David-Cronenberg-Remake Dead Ringers (Amazon Prime). Die großartige Rachel Weisz spielt in der Miniserie ein eineiiges Zwillingsschwesternpaar, das mithilfe schmutziger Investorinnen – in der Serie kommen kaum Männer vor – ein luxuriöses Geburtenzentrum auf die Beine stellt. Während die eine, Beverly, vor allem um das Wohl der Frauen besorgt zu sein scheint und selbst an häufigen, frühen Abgängen leidet, spielt die andere, Elliot, in ihrem Embryo-Labor Gott.

Prime Video

Cronenberg-Fans können es sich denken: Auch bei Dead Ringers sollte man keine Angst vor gynäkologischen Instrumenten und riesigen, durch Kaiserschnitte aufgeschlitzten Bäuchen haben.

Embryo im Hightech-Ei

Wer keine Lust darauf hat, geht lieber ins Kino. Dort läuft ab heute ein Independent-Film, der sich des Themas mit Humor annimmt. Sophie Barthes’ Baby To Go (Orig. The Pod Generation) wirkt wie eine freundliche Black Mirror-Folge.

Die Zukunft, in der das Paar Rachel und Alvy lebt, scheint – sieht man von der allgegenwärtigen künstlichen Intelligenz und der fehlenden Natur ab – einigermaßen in Ordnung zu sein: Die Wohnungen sind gemütlich, vor den PCs im Büro gibt es Laufbänder, und die Kinder werden, wenn man es sich leisten kann, nicht mehr natürlich geboren, sondern mithilfe künstlicher Gebärmütter, Pods genannt.

Einmal mit Humor: The Pod Generation, zu Deutsch: Baby to Go
Vertical

Dass das eine feministische Errungenschaft ist, daran lässt Rachels Arbeitskollegin keinen Zweifel. Alvy, ein naturverbundener Botaniker, rollt anfangs zwar noch mit den Augen, fiebert dann aber kräftig mit, als er mit Rachel auf einem Bildschirm im kühlen Pod-Zentrum miterlebt, wie eine seiner Samenzellen das Rennen zu Rachels Eizelle macht. Die Art und Weise, in der Alvy nach und nach mit dem Embryo-Ei eine Bindung aufbaut, während es Rachel nicht ganz so leicht fällt, ist die Humor-Hauptzutat in Barthes’ erfrischender Zukunftsvision.

Game of Thrones-Star Emilia Clarke und 12 Years A Slave-Hauptdarsteller Chiwetel Ejiofor spielen Rachel und Alvy mit Mut zur Schrullig- und Widerständigkeit. Am Ende wählt das Paar dann doch einen "natürlichen" Weg – nur eben ganz anders als gedacht. (Valerie Dirk, 11.1.2024)