In Milo Raus Deutung der Oper
In Milo Raus Deutung der Oper "Justice" spielt der kollektive Chor-Aspekt eine wichtige Rolle.
Moritz von Dungern

Wer sich aktuelle Eindrücke davon verschaffen will, wie der neue Intendant der Wiener Festwochen stilistisch agiert, bekommt beim Tangente-Festival die Möglichkeit – und zwar in Opernform: Milo Rau wird mit Justice im Festspielhaus St. Pölten, unter anderem mit den Niederösterreichischen Tonkünstlern, ein Beispiel seiner politisch engagierten Kunst präsentieren.

Der Schweizer Theatermacher arbeitet dabei zusammen mit dem katalanischen Tonsetzer Hèctor Parra. In diesem Musiktheater des Grand Théâtre de Genève, das hierfür mit dem Festspielhaus kooperiert, geht es um ein südkongolesisches Dorf, in dem 2019 Grauenvolles geschah: Ein Lastwagen, mit Schwefelsäure beladen, rammt einen Bus. Es gibt 20 Tote, viele Verletzte und erhebliche Folgeschäden; schließlich fließt die Säure in einen nahen Fluss.

Rau nimmt diese Katastrophe als Basis für seine Inszenierung, die sich der Dorfschicksale annimmt. Die Rolle von Organisationen – NGOs, Unternehmen, politische Mächte – wird in den Regiediskurs integriert, der Verstrickung und Verantwortung erhellt. Justice basiert auf einem Libretto des in Graz lebenden kongolesischen Autors Fiston Mwanza Mujila.

Orgel mit John Zorn

Weniger inhaltlich, sicher aber musikalisch aufwühlend werden die Darbietungen bei "Orgel experimentell": Komponistin und Organistin Kali Malone (2. Mai) erweckt die klangliche Urkraft dieses Instruments ebenso wie John Zorn.

Als einer der wesentlichsten Innovatoren und Saxofonisten der improvisierten Musik, der auch mit seinem New Masada Quartet auftreten wird (4. Juli) zeigt Zorn am selben Abend später im St. Pöltener Dom, wie krass seine Ideen sein können: "Aber ich schätze mal, dass ihr nichts anderes von mir erwartet", meint Zorn dazu. (Ljubiša Tošić, 12.1.2024)