Philippe Jordan gibt derzeit musikalisch den Kapitän.
Philippe Jordan gibt derzeit musikalisch den Kapitän.
IMAGO/Zoonar

Wien – Der Stress rund um das Neujahrskonzert ist abgeklungen. Zur Erholung gönnen sich die Philharmoniker fünf Konzertreisen in maritime Regionen, als Kapitän holte man Philippe Jordan an Bord. Der Schweizer hat als Musikdirektor der Staatsoper qua Amt ein Nahverhältnis zum traditionsreichen Orchesterverein. In den letzten Jahrzehnten dirigierten alle seine Vorgänger – von Claudio Abbado über Seiji Ozawa bis zu Franz Welser-Möst – das Neujahrskonzert. Jordan wurde diese Ehre nicht zuteil. Verständlicherweise?

Der erste Kuraufenthalt an der See geriet am Donnerstag im Musikverein mäßig erfrischend. Bei Mendelssohns Meeresstille und glückliche Fahrt gab der 49-Jährige den überdrehten Torero, wählte größte Gesten für kleinste Akzente. Ein Meerbild in rechteckiger Rahmung, alle Achtelnoten akkurat in Reih und Glied. Die Resonanz: sanft tröpfelnder Applaus.

Bezaubernde Skizze

Warm plätscherte dieser nach Chaussons Poème de l’amour et de la mer, das Nicole Car mit ihrem glutvollen Sopran zum Leuchten gebracht hatte. Erfrischend: Brittens Four Sea Interludes aus Peter Grimes. Mit Jeux de vagues gelang bei Debussys La mer die mittlere der drei symphonischen Skizzen am bezauberndsten. Die finale Klimax des Zauberstücks war aber nur laut. Matte Begeisterung. Ende des Monats geht es für die Philharmoniker zur Salzburger Mozartwoche, mit Joana Mallwitz bereichert man die kargen Erfahrungen im Umgang mit Dirigentinnen. Was vielleicht einmal Auswirkungen auf das Neujahrskonzert hat. (sten, 12.1.2024)