Reinhold Lopatka (ÖVP)
Reinhold Lopatka (ÖVP, rechts) im Gespräch mit dem Parteikollegen Karlheinz Kopf im Nationalrat.
APA/EVA MANHART

Wien – Reinhold Lopatka geht als ÖVP-Spitzenkandidat in die EU-Wahl. Das hat der Parteivorstand am Montag einstimmig beschlossen. Dass der 63-jährige frühere Staatssekretär und derzeitige außenpolitische Sprecher die ÖVP im Juni in die Wahl führen soll, galt bereits seit einigen Tagen als sehr wahrscheinlich. Im Gespräch mit der APA skizzierte er mehr Bürgernähe und Kampf gegen illegale Migration als Kernthemen seiner Kampagne. Ein genaues Wahlziel nannte er nicht.

Lopatka will "überdurchschnittlichen Beitrag" für EVP-Erfolg

"Priorität ist, dass die Europäische Volkspartei Nummer eins bleibt und unser Beitrag dazu ein überdurchschnittlicher ist", meinte Lopatka. Er erinnerte daran, dass schon bei der ersten Europawahl mit österreichischer Beteiligung das Abschneiden von ÖVP, SPÖ und FPÖ sehr knapp aneinander lag. Auch diesmal erwartet er ein enges Rennen.

Außer Frage gestellt ist für den Spitzenkandidaten der Nutzen, den Österreich aus seiner EU-Mitgliedschaft zieht. So hätten sich etwa die Exporte verdreifacht, und von diesen hänge der Wohlstand ab. Auch sicherheitspolitisch ist für ihn die Union entscheidend, gerade angesichts der vielfältigen Konflikte, etwa in der Ukraine. Hier müssten auch die notwendigen Mittel aufgewendet werde, um die Sicherheit in Europa zu gewährleisten.

Freilich dürfe man nicht übersehen, dass es in der EU Defizite gebe. Dabei denkt Lopatka an das hohe Ausmaß von illegaler Migration in die Union. Zudem brauche es mehr Bürgernähe und damit in Verbindung weniger Regulierungen.

Es gebe natürlich Themen, bei denen gesamteuropäische Regeln sinnvoll seien, etwa bei der Vereinheitlichung von Ladekabeln. Doch solle sich Brüssel nicht einmischen, wenn es etwa um die Frage gehe, ob in einem Tiroler Tal ein Wolf abgeschossen werden darf: "Da brauche ich keine Zurufe von europäischer Ebene."

Nehammer: Lopatka hat "umfassenden Erfahrungsschatz"

An dem Treffen in der Politischen Akademie (Polak) in Wien, wo seine Spitzenkandidatur fixiert wurde, hat Lopatka nicht teilgenommen, da er sich derzeit in Brüssel aufhält. "Es freut mich, dass der Bundesparteivorstand der Volkspartei heute Vormittag meinen Vorschlag angenommen und die Spitzenkandidatur für die EU-Wahl einstimmig beschlossen hat", sagte Bundeskanzler und ÖVP-Obmann Karl Nehammer.

Lopatka sei ein außenpolitischer Vollprofi mit dem richtigen Gespür dafür, was es brauche, um die Rolle Österreichs in Europa weiter zu stärken: "Als österreichischer Delegationsleiter und späterer Vizepräsident der Parlamentarischen Versammlung des Europarates, als Vizepräsident der Parlamentarischen Versammlung der OSZE, aber auch in vielen weiteren internationalen Funktionen und Ämtern hat Reinhold Lopatka einen umfassenden Erfahrungsschatz an außenpolitischer Expertise erworben."

Aktiv angestrebt haben will Lopatka die Rolle nicht. Er habe es immer gleich gehalten – nichts anzustreben, aber wenn die Partei einem eine Aufgabe überantworten wolle, die Verantwortung wahrzunehmen. Zudem betonte er sein Interesse für Europa schon in jungen Jahren, als er Dissidenten in Osteuropa unterstützt habe. Vom rumänischen Geheimdienst Securitate sei er sogar einmal festgenommen worden.

Stocker: "Lopatka ist der Profi für Europa"

Die Volkspartei hält ihn jedenfalls für den Richtigen, um die eigenen Ziele zu verwirklichen. Es gehe darum, Europa positiv weiterzuentwickeln, "Fehlentwicklungen wie bei der illegalen Migration" zu stoppen und "weiterhin Österreichs Interessen in Europa" durchzusetzen, sagte Nehammer.

ÖVP-Generalsekretär Christian Stocker würdigte Lopatka als einen "ausgewiesenen Experten für internationale und europapolitische Angelegenheiten". "Lopatka ist der Profi für Europa", sagte er.

Gute Chancen auf den zweiten Listenplatz hinter Lopatka soll sich die derzeitige ÖVP-Delegationsleiterin im Europaparlament, Angelika Winzig, ausrechnen können. Auf die Kandidatenliste schaffen dürften es Medienberichten vom Wochenende zufolge erneut die beiden niederösterreichischen EU-Abgeordneten Alexander Bernhuber und Lukas Mandl sowie als neues Gesicht die Tiroler Landtagsvizepräsidentin Sophia Kircher. Fixiert wurde das am Montag etwas überraschend noch nicht.

Karas nach Differenzen ausgeschieden

Wegen Differenzen mit der Parteiführung hatte der Vizepräsident des EU-Parlaments, Othmar Karas, im Oktober bekanntgegeben, nicht mehr anzutreten. Lopatka freute sich auf X, vormals Twitter, am Montag "besonders", dass ihm Karas zu seiner Nominierung gratuliert habe. Darunter zu sehen ist ein Foto der beiden beim Handshake.

Auch die bisherige Tiroler EU-Abgeordnete Barbara Thaler kandidiert nicht mehr, sie ist seit November Präsidentin der Tiroler Wirtschaftskammer.

Christian Sagartz, der am Samstag als Obmann der ÖVP Burgenland wiedergewählt wurde, tritt auch nicht mehr an. Derzeit ist die ÖVP mit sieben Abgeordneten im EU-Parlament vertreten, gemäß aktuellen Umfragen dürften es nach der EU-Wahl im Juni aber weniger werden.

Für die SPÖ geht Andreas Schieder in die EU-Wahl 2024, für die FPÖ Harald Vilimsky. Neos und Grüne suchen noch Spitzenkandidatinnen oder -kandidaten. (APA, red, 15.1.2024)