Auch U-Ausschüsse, die der Legislative zuzurechnen sind, müssten von der Datenschutzbehörde geprüft werden.
APA/HANS KLAUS TECHT

Die Datenschutzgrundverordnung (DSGVO) gilt auch für Untersuchungsausschüsse. Zu diesem Entschluss kommt der Europäische Gerichtshof (EuGH) in einem aktuellen Urteil. Damit folgt er der Einschätzung des Generalanwalts im Mai. Für die Einhaltung ist die Datenschutzbehörde verantwortlich. Eine Ausnahme gebe es bei Tätigkeiten, die zur Wahrung der nationalen Sicherheit durchgeführt werden – diese unterliegen nicht der DSGVO.

Keine Gewaltentrennung

Hintergrund des Urteils ist eine Beschwerde im Rahmen des U-Ausschusses hinsichtlich einer möglichen politischen Einflussnahme auf das damalige Bundesamt für Verfassungsschutz und Terrorismusbekämpfung (BVT). Dort wurde ein Ermittler als Auskunftsperson geladen – und dessen Name im Protokoll der Befragung auf der Website des Parlaments veröffentlicht. Er sah sich in seinem Beruf gefährdet, da er als verdeckter Ermittler in der Bekämpfung der Straßenkriminalität tätig sei. Die Datenschutzbehörde wies dies zurück – und begründete das mit der Gewaltentrennung. Der U-Ausschuss sei der Legislative zuzurechnen – und könne demnach nicht von der Behörde, die Teil der Exekutive ist, kontrolliert werden.

Dem widerspricht der EUGH nun. Zwar sei die DSGVO nicht auf Verarbeitungen von Daten anwendbar, die Behörden zur Wahrung der nationalen Sicherheit durchführen – das sei beim BVT-U-Ausschuss aber nicht der Fall. Der EuGH verweist aber darauf, dass dies noch vom Verwaltungsgerichtshof zu prüfen ist. Aus der Akte ergebe sich jedoch nicht, dass die Offenlegung des Namens zu diesem Zweck notwendig gewesen wäre, so die Richter.

Verhältnismäßigkeit

Österreichs Verfassungsministerin Karoline Edtstadler (ÖVP) sieht sich durch das Urteil bestätigt. "Die Rechte von Beteiligten dürfen nicht länger von Einzelnen mit Füßen getreten und pauschal der Skandalisierung untergeordnet werden", schreibt sie in einem Statement. "Ich erwarte mir, dass in den kommenden Untersuchungsausschüssen die andauernden Leaks auf dem Rücken der Grundrechte von Beteiligten abgestellt werden." Im vorliegenden Fall handelte es sich allerdings nicht um einen Leak, sondern um ein Befragungsprotokoll, das auf der Parlaments-Webseite veröffentlicht wurde. Edtstadler hatte aber in der Vergangenheit immer wieder kritisiert, dass Informationen aus Justizermittlungen in den Medien landen.

Grundsätzlich sieht die DSGVO im Fall eines Verstoßes keine Geldstrafen für Behörden vor. Der Rechtsinformatiker Nikolaus Forgó vermutet im STANDARD-Gespräch eine ähnliche Handhabe mit dem Parlament. Es sei damit zu rechnen, "dass sich das Parlament ohne Strafbarkeitsdrohung an die geltende Rechtslage hält", sagt er. Der Datenschützer Max Schrems sagt: "Dass die DSGVO anwendbar ist, heißt nicht, dass Daten nicht trotzdem legal verarbeitet und veröffentlicht werden können." Jedoch müsse die Verhältnismäßigkeit beachtet werden. Thomas Lohninger von Epicenter Works sagt hingegen, dass die "bestehenden Geiheimhaltungsregeln, mit ausreichender Sorgfalt angewendet, ausreichen müssten". (muz, APA, 16.1.2024)