Österreichs Verfassungsministerin Karoline Edtstadler (ÖVP)
"Die Rechte von Beteiligten dürfen nicht länger von Einzelnen mit Füßen getreten und pauschal der Skandalisierung untergeordnet werden", schreibt Österreichs Verfassungsministerin Karoline Edtstadler (ÖVP) in einem Statement.
APA/GEORG HOCHMUTH

Parlamentarische Untersuchungsausschüsse müssen sich grundsätzlich an die EU-Datenschutzverordnung halten. Eine Ausnahme gilt dann, wenn der Untersuchungsausschuss "der Wahrung der nationalen Sicherheit dient". So urteilte am Dienstag der Europäische Gerichtshof (EuGH) in Luxemburg. Ausgangspunkt war die Beschwerde eines Polizeibeamten aus Österreich, der vom Nationalrat befragt wurde und dessen Name später im Befragungsprotokoll auf der Parlaments-Website aufschien.

Der EuGH hielt weiters fest, dass auch wenn ein Staat nur eine Datenschutzbehörde hat, diese auch die Einhaltung des Datenschutzes bei solchen Ausschüssen überwachen muss. Dies trifft auf Österreich zu. Auch hier gelte aber eine Ausnahme, wenn ein Ausschuss der nationalen Sicherheit dient.

Politisch Einflussnahme aufklären

Die EU-Datenschutzverordnung (DSGVO) regelt, wie Firmen oder Behörden mit persönlichen Daten umgehen müssen und welche Rechte die Betroffenen haben. Die DSGVO gilt aber nicht bei Fragen der nationalen Sicherheit: So kann eine Sicherheitsbehörde zum Beispiel einer anderen Sicherheitsbehörde Daten zu einem Gefährder übermitteln, ohne diesen darüber informieren zu müssen. Die EuGH-Richter konnten aber nicht erkennen, wie die Veröffentlichung des Namens des Polizeibeamten "für die Gewährleistung der nationalen Sicherheit erforderlich gewesen sei", schreiben sie. Diese Einschätzung gehört allerdings nicht zum eigentlichen Urteil, im konkreten Fall müssen wieder die österreichischen Gerichte entscheiden.

In dem fraglichen Untersuchungsausschuss ging es darum, politische Einflussnahme auf das Bundesamt für Verfassungsschutz und Terrorismusbekämpfung (BVT, inzwischen: Direktion Staatsschutz und Nachrichtendienst) aufzuklären, heißt es in der Aussendung des EuGH. Ein verdeckter Ermittler habe später Beschwerde bei der Datenschutzbehörde eingelegt, weil sein Name im Protokoll erschien, obwohl er eine Anonymisierung beantragt hatte. Die Behörde lehnte ab, mit Verweis auf die Gewaltenteilung: Als Teil der Exekutive könne sie nicht einen Untersuchungsausschuss, der zur Legislative gehöre, kontrollieren.

Der Fall landete beim Verwaltungsgerichtshof (VwGH), der wiederum den EuGH um juristische Klärung bat. Letzterer beantwortet grundsätzlich nur Fragen zur Interpretation der EU-Gesetze und entscheidet nie in einem konkreten Fall. Diese Rolle fällt wiederum dem VwGH zu. Allerdings merkte der EuGH in seinem Urteil bereits an, dass es in dem Untersuchungsausschuss um die politische Einflussnahme ging, er also "nicht als solche der Wahrung der nationalen Sicherheit" gedient habe.

Edtstadler sieht sich bestätigt

Österreichs Verfassungsministerin Karoline Edtstadler (ÖVP) sieht sich durch das Urteil bestätigt. "Die Rechte von Beteiligten dürfen nicht länger von Einzelnen mit Füßen getreten und pauschal der Skandalisierung untergeordnet werden", schreibt sie in einem Statement. "Ich erwarte mir, dass in den kommenden Untersuchungsausschüssen die andauernden Leaks auf dem Rücken der Grundrechte von Beteiligten abgestellt werden." Im vorliegenden Fall handelte es sich allerdings nicht um einen Leak, sondern um ein Befragungsprotokoll, das auf der Parlaments-Webseite veröffentlicht wurde. Edtstadler hatte aber in der Vergangenheit immer wieder kritisiert, dass Informationen aus Justizermittlungen in den Medien landen. (APA, 16.1.2024)