Ende vergangenen Jahres verkündeten Grüne und ÖVP eine Einigung.
APA/MAX SLOVENCIK

Nach über einem Jahrhundert wird das Amtsgeheimnis abgeschafft. Bürgerinnen und Bürger sollen erstmals ein Recht auf Informationen bekommen – und damit die Möglichkeit, diese bei Behörden anzufragen. Doch in einer gemeinsamen Pressekonferenz kritisierten nun das Forum Informationsfreiheit, die Grundrechts-NGO Epicenter Works und die NGO Saubere Hände die finale Version des Gesetzes. Diese soll noch in diesem Monat von der ÖVP, den Grünen und der SPÖ mit Zweidrittelmehrheit beschlossen werden.

Im Vergleich zu Informationsfreiheitsgesetzen anderer Länder – beispielsweise Nachbarn wie Deutschland oder der Slowakei – sei das geplante Gesetz mangelhaft. Dabei identifiziere man speziell zwei Sollbruchstellen.

Außer Gefecht setzen

Einerseits könne die Informationsfreiheit mit beliebigen Bundes- oder Landesgesetzen ausgehebelt werden, erläuterte Thomas Lohninger von Epicenter Works. Denn: Wenn in diesen eine andere Regelung im Zugang zu Informationen vorgesehen sind, seien die geplanten Regelungen "nicht anzuwenden". Dies sei noch in dem vorhergehenden Entwurf des Gesetzes anders geregelt gewesen.

Nun ließe sich, sollte die Regelung so beschlossen werden, die Pflicht zur Auskunft einfach im Land oder Bund durch den jeweiligen Gesetzgeber außer Gefecht setzen. Damit seien auch künftig undurchsichtige Institutionen wie etwa die Cofag möglich – deren Ausgaben intransparent waren und die später massiv vom Rechnungshof kritisiert wurde, weil sie "erschreckend" gewirtschaftet habe. In dieser Form sei das Gesetz "eine Verhöhnung der Bevölkerung", befand Lohninger. Aus Sicht von Markus Hametner vom Forum Informationsfreiheit "wären bereichsspezifische Amtsgeheimnisse möglich, die Bürgerinnen und Bürger erst vor dem Verfassungsgericht bekämpfen müssten", wie er betonte.

Gerichte bleiben blind

So soll künftig der behördliche Weg aussehen, wenn eine Anfrage nach Informationen nicht beantwortet wird.
Forum Informationsfreiheit / Epicenter Works / Saubere Hände

Das zweite große Manko sei das Ausbleiben eines echten Rechtsschutzes. Gibt eine Behörde Informationen nicht heraus, müssen Betroffene den Weg zum Verwaltungsgericht bestreiten – kostenpflichtig. Richter könnten jedoch jene Dokumente, über deren Herausgabe gestritten wird, gar nicht selbst einsehen – wodurch es für sie unmöglich sei, zu entscheiden, ob das Zurückhalten gerechtfertigt ist. Es habe schon in der Vergangenheit Fälle gegeben, in denen die angefragte Behörde dem Gericht einfach die Dokumente nicht vorlegte.

Zuletzt gebe es niemanden, der kontrolliere, ob Dokumente, die sowieso veröffentlicht werden müssen, tatsächlich publiziert werden. Dafür bräuchte es nach dem Vorbild anderer Länder einen Informatiosnfreiheitsbeauftragten. "Weder wird kontrolliert, ob diese veröffentlicht werden, noch sieht es Sanktionen vor, wenn dies nicht geschieht. Für eine effektive Korruptionsbekämpfung wäre das aber wesentlich ", sagte Ursula Bittner von Saubere Hände.

Unterversorgte Behörde

Neben den Gerichten hat auch die Datenschutzbehörde künftig eine Rolle: Sie soll Schulungsmaterialien erstellen und Gemeinden beraten. Zudem soll sie das Gesetz mit Blick auf den Datenschutz evaluieren. Aus Sicht von Lohninger ist zu bezweifeln, ob die Behörde diese Aufgaben ausreichend erfüllen kann, da sie laufend mit knappen Ressourcen arbeiten müsse.

Änderungen seien vor der Verabschiedung nötig, befinden die NGOs – denn sollte das Gesetz beschlossen werden, ist aktuell vorgesehen, dass es nur mit Zustimmung aller Länder verändert werden kann. Das ist aus Lohningers Sicht beinahe eine politische Unmöglichkeit. (muz, 17.1.2024)