Sie ist nur ein Baustein im schwarz-blauen Förderregime, aber sie hat für heftige Debatten gesorgt. Seit Jahresanfang kann nun die Wirtshaus- oder "Schnitzelprämie", die die niederösterreichische Landesregierung ausgelobt hat, beantragt werden. Für jene, die in einem Ort, in dem es kein Wirtshaus gibt, ein solches aufsperren oder ein vorhandenes übernehmen, gibt es 10.000 Euro. Voraussetzung dafür: Es muss ein traditionelles Speisenangebot auf der Karte stehen. Ein Punkt, der auf viel Spott und Häme gestoßen ist. Schnitzel und Schweinsbraten gehören unzweifelhaft dazu, aber wie ist es mit dem Gulasch? Ob nun auch die Pizzeria oder der Grieche gefördert werden, wenn sie Würstel mit Saft anbieten, das sollen nun Einzelfallprüfungen zeigen.

Ein Teller mit einem Schnitzel und ein anderer Teller mit Erdäpfelsalat stehen auf einem Wirtshaustisch. 
Wer ein "traditionelles und regionales Speisenangebot" auf der Karte hat, darf in Niederösterreich mit einer Extra-Prämie rechnen. Bislang ist der Andrang auf diese Art der Förderung überschaubar.
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Erfunden hat Niederösterreich die Sache nicht. Das Land Tirol hat im Herbst 2019 ein Maßnahmenpaket zum Erhalt der "Tiroler Wirtshauskultur" geschnürt. Als einen Mosaikstein habe Niederösterreich die Wirtshausprämie übernommen, heißt es auf Anfrage seitens der Landesregierung. "Aufgrund der Erfahrungen aus Tirol, wo bis heute lediglich acht Anträge seit 2019 von der Wirtshausprämie gefördert wurden", setze Niederösterreich aber auf ein umfassenderes Paket. Dazu gehört ein Investitionszuschuss von bis zu 40.000 Euro für Modernisierungsarbeiten in Gastro- und Hotelbetrieben. Dafür stehe auch der Löwenanteil des insgesamt vier Millionen Euro schweren Pakets bereit. Es gebe auf diese Förderschiene einen regelrechten Run, heißt es aus der Landesregierung. Innerhalb der ersten beiden Wochen wurden demnach mehr als 80 Investitionsanträge mit einem Fördervolumen von 1,8 Millionen Euro eingereicht.

Umbauen und Verschönern

Die Vorhaben sind demnach kunterbunt: Sie reichen von der Neugestaltung von Gaststuben und der Verschönerung eines Speisesaals über den Umbau von Rezeptionen und die Erneuerung von Küchen bis hin zur Neueinrichtung von Gästezimmern und Gastgärten.

Der Andrang auf die Wirteprämie, für die rund zehn Prozent der möglichen Fördergelder vorgesehen seien, ist überschaubar. Zwei Anträge sind bislang eingelangt. Gut möglich, dass sich das noch ändert: Bis zur Ausschöpfung der budgetären Mittel, längstens aber bis Ende 2024 sind Anträge über das Wirtschaftsförderungsportal des Landes Niederösterreich möglich.

Wer hat nun die Investitionszuschüsse bislang beantragt? 26 Tourismusbetriebe in der Destination Donau, 21 im Mostviertel, jeweils neun im Waldviertel und im Wienerwald, acht im Weinviertel und sieben in den Wiener Alpen, heißt es. Kann Niederösterreich so dem Wirtesterben Einhalt gebieten? Dass es ein solches gibt, ist unübersehbar. Dort, wo es besonders viele Gasthäuser gab, in Niederösterreich, Oberösterreich oder in der Steiermark, schrumpft die Zahl besonders deutlich. Allein in Niederösterreich hat sich in den vergangenen 20 Jahren gut ein Drittel vom Acker gemacht. Früher hätten ganze Familien von früh bis spät geschuftet, auch wenn es sich wirtschaftlich kaum trug, sagt Wifo-Ökonom Oliver Fritz. "Heute tut sich das kaum jemand mehr an." Ob eine solche Förderung das richtige Mittel ist, um das Problem zu adressieren, da ist sich Fritz nicht so sicher. "Das Wirtshaus ist ein wichtiger sozialer Treffpunkt, die Nachfrage ist da", sagt Fritz. Gegensteuern sei gut und schön, "aber reicht so eine Prämie, um mehr als das Überleben zu garantieren?", fragt sich der Ökonom. Jedenfalls gelte es im Auge zu behalten, ob die Hilfen etwas bewirken.

Retter der Gasthäuser

Aus politischer Sicht sei es nachvollziehbar, dass sich die Regierung als "Retter" der Gasthäuser präsentieren möchte, sagt auch der Ökonom Hanno Lorenz von der wirtschaftsliberalen Denkfabrik Agenda Austria. Er fürchtet aber, dass es zu Mitnahmeeffekten kommt. Damit würde Steuergeld verschenkt. Fritz wie Lorenz können wenig mit dem Begriff "traditionelle Speisen" anfangen. Eine Form der Diskriminierung, die in einem Land wie Österreich keinen Platz haben sollte, urteilt Lorenz. "Man muss froh sein, wenn es überhaupt einen Treffpunkt gibt, selbst wenn dort Kebab serviert wird", sagt Fritz. (Regina Bruckner, 17.1.2024)