St. Pölten – Wie speist man traditionell niederösterreichisch? Über dieser Frage dürften sich in den vergangenen Monaten viele Wirtinnen und Wirte den Kopf zerbrochen haben. Denn die schwarz-blaue Landesregierung hat bei der Vorstellung ihres Regierungsprogramms im März angekündigt, eine Prämie für Wirtshäuser auszuzahlen – aber nur dann, wenn damit "der Erhalt der niederösterreichischen Wirtshauskultur" unterstützt wird und ein "traditionelles und regionales Speisenangebot" vorhanden ist.

Nun gab Landeshauptfrau Johanna Mikl-Leitner (ÖVP) gemeinsam mit ihrem Stellvertreter Udo Landbauer (FPÖ) am Freitag die Details bekannt: Das Paket soll künftig drei Förderschienen beinhalten, insgesamt vier Millionen Euro werden bereitgestellt. Die erste Schiene enthält den größten Förderanteil: Dieser entfällt auf Neugründungen und Übernahmen eines Wirtshauses und soll zehn Prozent der Investitionssumme ausmachen, maximal aber 50.000 Euro. Weitere maximal 40.000 Euro bzw. 20 Prozent der Investitionssumme gibt es bei der zweiten Förderschiene für Wirtshäuser, die etwa Investitionen in den Gastraum oder in den Gastgarten umsetzen wollen.

Video: Schwarz-Blau präsentierte Wirtshausprämie für Niederösterreich
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Prämie in Höhe von 10.000 Euro

Der dritte Punkt des Pakets beinhaltet die Wirtshausprämie: Die Förderung in Höhe von 10.000 Euro bekommen jene Wirtshäuser, die vor maximal sechs Monaten übernommen oder eröffnet wurden oder ohne die die "Verpflegungssituation" in einer Gemeinde gefährdet wäre – also wenn es etwa nur ein Wirtshaus in der Gemeinde gibt. Weitere Voraussetzung ist, dass das Wirtshaus ganzjährig geöffnet hat und, wie im Regierungsprogramm bereits angekündigt, ein regionales und traditionelles Speisenangebot aufweist.

In der Frage, ob etwa ein italienisches oder persisches Restaurant ebenfalls diese Förderung bekommt, soll es laut Mikl-Leitner bei jedem Gasthaus eine Einzelfallprüfung geben. Wichtig seien vor allem regionale Produkte bei der Verarbeitung von Speisen. Ob eine Speisekarte ausschließlich mit Gerichten aus dem Ausland auch die Förderung bekommt, ließen die Koalitionspartner aber offen. Würstel- und Kebabstände seien ausgenommen, weil diese "nicht ganzjährig geöffnet haben", betont Mikl-Leitner.

Mit der Prämie soll jedenfalls garantiert werden, dass "die Landsleute nicht das letzte Schnitzel im Museum bewundern müssen", erklärt Landbauer. Laut dem Spartenobmann für Gastronomie in der Wirtschaftskammer, Mario Pulker, ist es "ein großartiger Tag für die Gastronomie". Das Wirtshaus sei ein "wesentlicher Teil unserer Landesidentität", hielt Mikl-Leitner abschließend fest. Ab 1. Jänner 2024 sind die Förderanträge möglich.

Ein uriges Wirtshaus.
Die Landesregierung will Niederösterreichs Wirtshauskultur fördern.
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Im Frühjahr sorgte die angekündigte Maßnahme unter anderem auf Social Media für Spott und Häme. Viele stellten sich etwa die Frage, ob denn ein Restaurant mit Pizza oder Kebab in der Speisekarte ebenfalls ein traditionelles Wirtshaus sei. Mikl-Leitner trat dieser Kritik seither immer mit demselben Argument entgegen: In Tirol gebe es ja auch eine Wirtshausprämie, die Kritik messe hier jedoch mit zweierlei Maß – in Niederösterreich werde die Wirtshausprämie als "faschistisch" eingestuft, in Tirol nicht, wie die Landeshauptfrau bei einer Landtagssitzung im März betonte.

Tiroler Vorbild

Niederösterreich ist also nicht das erste Bundesland mit einer Wirtshausprämie. Im Jahr 2019 beschloss die Tiroler Landesregierung ebenfalls ein Paket, das dem Wirtshaussterben im Bundesland entgegentreten und die Tiroler Wirtshauskultur erhalten sollte. Gefördert werden unter anderem Wirtshausübernehmer. Eine Prämie gibt es auch für jene Gastronomen, deren Wirtshaus das letzte bestehende in einer Gemeinde ist. Die Beschreibung eines Wirtshauses gleicht dabei jener in Niederösterreich: Wichtig für die Förderung ist, dass es ganzjährige Öffnungszeiten, ein regionales und traditionelles Speisenangebot und eine gute Zusammenarbeit mit örtlichen Vereinen und Lieferantinnen gibt.

Juristinnen und Juristen haben diesbezüglich jedenfalls keine rechtlichen Bedenken, wie DER STANDARD bereits berichtete. Der Staat handle hier nicht im Rahmen hoheitlicher Vollziehung, die Förderungen würden nicht mit Bescheiden bewilligt oder abgelehnt, erklärte damals der Verfassungs- und Verwaltungsjurist Peter Bußjäger. Vielmehr sei das Ganze Teil der sogenannten Privatwirtschaftsverwaltung. Hier sei der "Gestaltungsspielraum" des Staates relativ groß, so der Jurist. Nur "traditionelle Wirtshäuser" zu fördern sei innerhalb dieses Spielraums gedeckt. Offen sei jedoch, wo die exakte Abgrenzung gemacht wird – etwa wenn ein Wirt auch Gulasch anbietet.

Landeshauptfrau Johanna Mikl-Leitner (ÖVP) und ihr Stellvertreter Udo Landbauer (FPÖ) sprechen bei einer Pressekonferenz.
Bereits im März kündigten Landeshauptfrau Johanna Mikl-Leitner (ÖVP) und ihr Stellvertreter Udo Landbauer (FPÖ) die Wirtshausprämie an.
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Neben dem Wirtepaket wollen ÖVP und FPÖ noch im Herbst die Wohnbauförderung neu aufstellen, aktuell sei man noch an der Ausarbeitung der genauen Richtlinien. Die Opposition kritisiert ja seit längerem das Ende der Förderung. Auch ein Bodenschutzpaket soll demnächst präsentiert werden, informierte die ÖVP auf Anfrage des STANDARD. Die FPÖ Niederösterreich fordert außerdem eine Erhöhung des Tempolimits auf Autobahnen, betonte Landbauer am Mittwoch. Damit ist auch die Landesregierung in Niederösterreich im politischen Herbst angekommen. (Max Stepan, 6.10.2023)