Bürgermeister Michael Ludwig (SPÖ), Vizebürgermeister Christoph Wiederkehr (Neos)
Die Wiener SPÖ mit Stadtchef Michael Ludwig an der Spitze bildet seit der Wahl 2020 eine Koalition mit den Neos, die von Vizebürgermeister Christoph Wiederkehr angeführt werden. Die Stadtregierung stellte am Donnerstag neue Maßnahmen vor, um die anhaltende Teuerung für Betroffene abzufedern.
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Die anhaltende Teuerung stand am Donnerstag im Zentrum der Klausur der Wiener Stadtregierung zum Jahresstart. Oder besser gesagt: Maßnahmen zur Abfederung der Teuerung. Als Ort wurde von SPÖ und Neos das nach dem Umbau neu eröffnete Wien-Museum gewählt: Hier ist der Eintritt in die Dauerausstellung für alle kostenlos. Vor allem das Thema Wohnen, das einen besonders großen Einfluss auf die starke Inflation hat und als Preistreiber ausgemacht wurde, nahm breiten Raum ein. Neu vorgestellt wurde nach der Tagung eine Erhöhung der Mietbeihilfe im Rahmen der Mindestsicherung sowie der Wohnbeihilfe. Auch der Bezieherkreis, der Anspruch auf diese Leistung hat, wird aufgestockt, kündigten Bürgermeister Michael Ludwig und Sozialstadtrat Peter Hacker (beide SPÖ) an.

Video: Rot-pinke Wiener Stadtregierung fixierte höhere Mietbeihilfe.
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Eine präsentierte Beispielrechnung sieht etwa vor, dass eine alleinerziehende Mutter mit zwei Kindern und einer monatlichen Miete von 650 Euro künftig rund 360 Euro Mietbeihilfe erhält. Bisher waren es demnach 160 Euro, das Plus beträgt also gut 120 Prozent. Eine alleinstehende Person ohne Kinder und einer Miete von 500 Euro hat künftig Anspruch auf rund 211 statt 143 Euro (plus 48 Prozent). Verwiesen wurde darauf, dass Armutsgefährdete stärker von der aktuellen Teuerung in den Bereichen Lebensmittel, Wohnung und Energie betroffen seien als der Durchschnitt. Dieser Gruppe müsse man sich besonders widmen. So würden Personen mit wenig Einkommen etwa die Hälfte ihrer Ausgaben für Haushalt und Alltag aufwenden. Bei der Durchschnittsbevölkerung seien es 30 Prozent.

Bei der Wohnbeihilfe wird der Kreis der Antragsberechtigten dadurch erweitert, dass ab März die Brutto- statt die Nettomiete berücksichtigt wird. Dafür werden im neuen Berechnungsmodell Sonderzahlungen herausgerechnet. Das soll laut der Wiener Stadtregierung höhere Fördersätze im Vergleich zum Status quo ergeben. Die Zahl der Anspruchsberechtigten soll laut Ludwig von 31.000 auf etwa 45.000 Personen steigen. Ein Einpersonenhaushalt soll ab März bis zu 385 Euro statt maximal 200 Euro pro Monat erhalten können. Bei einem Zweipersonenhaushalt sind es bis zu 440 Euro statt maximal 310 Euro. Die Wohnbeihilfe neu gilt einheitlich für geförderte wie private Wohnungen.

Kein 200-Euro-Wohnbonus mehr

Für beide Bereiche, also die Erhöhung von Miet- sowie Wohnbeihilfe, hat die Stadt rund 150 Millionen Euro jährlich vorgesehen. Die bisherigen Einmalzahlungen im kurzfristigen Kampf gegen die Teuerung sollen im Bereich Wohnen aber dafür teils der Vergangenheit angehören, wie der STANDARD auf Nachfrage erfuhr. Das betrifft den 200-Euro-Wohnbonus, den bis zu 650.000 Wiener Haushalte beantragen konnten. Das betraf Einpersonenhaushalte mit einem Einkommen von bis zu 40.000 Euro und Mehrpersonenhaushalte mit bis zu 100.000 Euro brutto pro Jahr. Die Fördersumme umfasste im Vorjahr 130 Millionen Euro.

Ein Schwerpunkt nahm auch das Thema Dekarbonisierung im Bereich Wohnen ein. Bereits im Vorjahr hatte Rot-Pink anlässlich ihrer Regierungsklausur im Jänner 2023 das Ziel umrissen, die rund 580.000 Gasthermen sowie 460.000 Kochgasgeräte in den Wiener Gebäuden bis zum Jahr 2040 umrüsten zu wollen. Die Vorgabe, bis dahin klimaneutral zu werden, hat sich die Stadtregierung selbst gegeben. Das soll vor allem mit dem massiven Ausbau der Fernwärme im dichtbesiedelten Gebiet erreicht werden. Die Kosten für die Umrüstung auf klimaneutrales Wohnen bis 2040 sind immens: Klimastadtrat Jürgen Czernohorszky (SPÖ) schätzte die Investitionssumme auf etwa 30 Milliarden Euro, wobei etwa ein Drittel über Förderungen abgedeckt werden soll.

Geld für Tausch von Gas- auf E-Herd

Am Donnerstag wurde von der Stadt Wien eine Sanierungs- und Dekarbonisierungsverordnung präsentiert, die ebenfalls ab März gelten soll. Diese zielt auf die Sanierung von Gebäuden und Wohnungen ab. Wird eine thermische Sanierung der Gebäudehülle angegangen oder die Heizung auf alternative Energiesysteme umgestellt, dann soll es deutlich höhere Förderungen geben. Gestrichen werden auch bürokratische Hürden wie ein Mindestalter des Gebäudes bei der Heizungsumstellung.

Wird die Küche von Kochgas- auf E-Herd umgestellt, gibt es eine "Dekarbonisierungsprämie" für die jeweiligen Nutzerinnen und Nutzer der Wohnung: Diese Prämie beträgt zwischen 1.000 und 1.500 Euro. Die Maximalsumme ist laut Stadt dann möglich, wenn die Dekarbonisierung der Wohnung im Zuge einer Heizungsumstellung im gesamten Haus erfolgt. Bürgermeister Ludwig erwartet sich durch die Prämie einen "Schub" beim Austausch von Kochgasgeräten. Im ersten Jahr erwartet die Stadtregierung für die Förderungen und Prämien in diesem Bereich Mehrkosten von etwa 112 Millionen Euro.

Im Bereich des Neubaus gibt es mehr Fördermittel für gemeinnützige Wohnbauträger sowie unverzinste Landesdarlehen. Dafür soll die Mietkaufoption bei geförderten Wohnungen eingeschränkt werden: Diese Möglichkeit auf Mietkauf und damit auf Eigentumserwerb von geförderten Einheiten soll es nur noch für etwa ein Drittel der Wohnungen geben. Damit bleibe nach Angaben der Stadtregierung ein langfristiger Erhalt von günstigen Sozialwohnungen gewährleistet.

Vizebürgermeister Christoph Wiederkehr (Neos) erinnerte zudem daran, dass im Bereich Bildung, für den er zuständig ist, Familien besonders unterstützt würden: Das kostenfreie Mittagessen an ganztägigen Pflichtschulen entlaste eine Familie mit zwei Kindern mit etwa 2.000 Euro.

Wenig Begeisterung kam nach der Klausur von Rot-Pink von der Opposition: Die FPÖ sprach von "Pseudoentlastungen", die vor allem "Sozialmigranten" zu Gute kämen. Die Grünen vermissten Klimaschutzmaßnahmen im Verkehrsbereich und forderten mehr Tempo bei der Energiewende ein. (David Krutzler, 18.1.2024)