Der pakistanische Gegenschlag auf den Iran ließ nicht lange auf sich warten.
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Beim Weltwirtschaftsforum in Davos treffen einander Pakistans Premier und Irans Außenminister – und nur wenige Stunden später schießt der Iran Raketen nach Pakistan ab. Einen Tag später folgt der pakistanische Gegenschlag auf den Iran. Dabei hatten sich die schwierigen Beziehungen der beiden Staaten zuletzt eher gebessert, man bemühte sich um den Handel und sogar um militärische Kooperation im Persischen Golf. Aber dann behandelt der Iran seinen Nachbarn Pakistan, einen Atomwaffenstaat, wie Syrien und den Irak. In Ersterem haben iranische Vasallen die Macht, in Letzterem sitzen sie in der Regierung und haben mächtige Milizen.

Keine neuen Spannungen

Die Spannungen an der iranisch-pakistanischen Grenze sind nicht neu. Wie derzeit alle radikalen Bewegungen in der Region fühlen sich auch die belutschischen Separatisten auf beiden Seiten im Aufwind. Beide Staaten werfen einander vor, dass diese Gruppen jeweils auf der anderen Seite der Grenze Unterschlupf gefunden haben. Beide Raketenangriffe waren gegen diese gerichtet.

Aber Respekt vor der Souveränität des Nachbarlands sieht anders aus, als dessen Territorium mit Raketen zu beschießen. Der Iran hat damit begonnen – und damit innerhalb weniger Stunden drei Staaten angegriffen. Man hat den Eindruck, dass die Entscheidungen in Teheran erratischer werden. Das erhöht die Gefahr einer Ausweitung des Gazakriegs in der ganzen Region. In Islamabad mögen beim Beschluss eines Gegenschlags die anstehenden Wahlen eine Rolle gespielt haben.

Management des Konflikts

Da ein neuer offener Konflikt jedoch strategisch für keinen der beiden Staaten Sinn macht, besteht die Hoffnung, dass Teheran und Islamabad zum Management des Konflikts zurückkehren. Die chinesische Diplomatie – Iran und Pakistan sind beide in der Schanghaier Organisation für Zusammenarbeit – steht zur Mediation bereit.

Der Terrorismus der belutschischen Extremistengruppe Jaysh al-Adl im Iran ist im Westen ein weitgehend blinder Fleck: Ihr letzter großer Anschlag liegt jedoch erst einen Monat zurück und wurde sogar im Uno-Sicherheitsrat thematisiert. Zum Massaker an Zivilisten und Zivilistinnen in der iranischen Stadt Kerman Anfang Jänner hatte sich der "Islamische Staat" bekannt. Der Iran erlebt ein Aufflackern des sunnitischen Extremismus: kein Wunder bei der Repression, die das Regime gegen seine Bevölkerung, besonders die Frauen, aber speziell auch gegen andere Religionsgruppen ausübt. (Gudrun Harrer, 18.1.2024)