Auf einem Schild steht
Laut vorläufigen Zahlen des Innenministeriums ging die Zahl der Asylanträge in Österreich 2023 deutlich zurück.
APA/dpa/Uli Deck

Wien – Die Zahl der Asylanträge in Österreich ist 2023 deutlich zurückgegangen. Das zeigen vorläufige Zahlen des Innenministeriums, die der APA vorliegen. Demnach gab es 58.686 Ansuchen. Das entspricht einem Rückgang gegenüber 2022 um 48 Prozent. Dazu kommt, dass sich gut 30.000 Asylwerber dem Verfahren entzogen, was im Normalfall heißt, dass sie in ihre eigentlichen Zielländer weitergereist sind.

Lässt man diesen Effekt beiseite, der seit dem Vorjahr verstärkt auftritt, ist es trotz des Rückgangs eines der antragsstärksten Jahre. So waren es vor zwei Jahren knapp 40.000 Ansuchen, blickt man noch einmal zwei Jahre zurück, waren es 2019 nicht einmal 13.000 Anträge. Freilich liegt man noch immer deutlich unter den gut 88.300 Ansuchen aus dem Jahr der Flüchtlingskrise 2015.

Karner: "Zahlen deutlich gesenkt, aber nach wie vor hoch"

"Wir haben die Zahlen deutlich gesenkt, [...] aber sie sind nach wie vor hoch", sagte Innenminister Gerhard Karner (ÖVP) am Freitag im Ö1-"Morgenjournal". Er führt den deutlichen Rückgang im Vergleich zum Vorjahr unter anderem darauf zurück, dass man die Kontrollen verstärkt, Verfahren beschleunigt und Schlepperrouten gestört habe. "Wir haben im letzten Jahr über 700 Schlepper in Österreich festgenommen. Wenn sie sich im Geschäft gestört fühlen, ändern sie ihre Routen."

Zudem habe man die Anerkennungsquoten gesenkt. 2018 lag sie bei fast 50 Prozent, 2023 bei 23 Prozent. Es werde stärker subsidiärer, also vorübergehender Schutz gegeben.

Karner im Anzug vor Rednerpult.
Innenminister Gerhard Karner (ÖVP) war Freitagfrüh im Ö1-"Morgenjournal" zu Gast.
APA/EVA MANHART

Karner wurde auch auf den Fall jenes türkischen Staatsbürgers angesprochen, der am Samstag in Vösendorf (Bezirk Mödling) während seiner eigenen standesamtlichen Trauung festgenommen wurde. Am Dienstag wurde er in die Türkei abgeschoben.

"Ich habe mir vorgenommen, Einzelfälle nicht zu kommentieren, und das tue ich auch in diesem Fall nicht", sagte der Innenminister. "Aber: Die Behörde hat einen Auftrag, Asylverfahren gerecht, streng und fair durchzuführen. Wenn es hier eine Entscheidung gegeben hat, ist diese auch zur Umsetzung zu bringen. Daher trage ich diese Entscheidung natürlich vollends mit."

Zur Kritik daran, dass es möglicherweise menschenrechtswidrig sei, jemanden auf der eigenen Hochzeit festzunehmen, um ihn abzuschieben, sagte Karner: "Es obliegt jedem, diese Entscheidung zu kritisieren und anzufechten. Aber Auftrag der Behörden ist, eine Entscheidung auch zur Umsetzung zu bringen."

Meiste Anträge von syrischen Staatsangehörigen

Zurück zu den Statistiken rund um die Asylanträge. "Die Antragszahl relativiert sich etwas, weil wir sehen, dass die Anzahl von Einstellungen wesentlich höher ist als zum Beispiel in Deutschland. Hier werden zwar Anträge gestellt, aber die Menschen fahren weiter", sagte Lukas Gahleitner-Gertz von der Asylkoordination Österreich im "Morgenjournal".

Mit Abstand stärkste Nation bei den Anträgen sind Syrer. Ebenfalls in der Spitzengruppe sind Afghanen und türkische Staatsbürger. "Bei Afghanistan sind die Zahlen eingebrochen. Hier haben wir nur ein Drittel der Anträge vom Vorjahr", sagt Gahleitner-Gertz. "Dagegen habe wir aus dem Herkunftsland Türkei mehr Anträge als im Vorjahr." Für den Juristen ist dies auf politische Entwicklungen in den Herkunftsländern und auf verlagerte Fluchtrouten zurückzuführen.

18 Prozent Plus in EU

Offenkundig ist, dass die Zahl der Anträge gegen Jahresende besonders stark zurückging. Die 2.508 Anträge im Dezember 2023 bedeuten ein Minus von 64 Prozent gegenüber dem Dezember 2022.

Betont wird seitens des Innenministeriums, dass die Entwicklung in Österreich jener in Europa insgesamt entgegenläuft. Denn in der EU (plus Schweiz, Norwegen) wurde 2023 ein Plus von 18 Prozent verzeichnet. Besonders stark gestiegen sind die Asylanträge in den südlichen EU-Staaten Griechenland (plus 73 Prozent), Italien (plus 64 Prozent) und Spanien (plus 38 Prozent), aber auch in Deutschland (plus 47 Prozent), listet das Innenressort auf. Ein ähnlicher Rückgang wie in Österreich wurde auf Zypern sowie in Schweden festgestellt.

In 16.787 Fällen Asyl gewährt

In Österreich wurde im Vorjahr in 16.787 Fällen Asyl gewährt. Das sind in absoluten Zahlen mehr als 2022 mit 13.779 positiven Bescheiden. Das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl bzw. die Justiz haben 60.513 rechtskräftig negative Entscheidungen getroffen, die insgesamt 33.480 Personen betrafen.

Allerdings gelten beispielsweise auch Personen als negativ beschieden, die statt Asyl subsidiären Schutz erhalten. Letzteren Status und humanitären Aufenthalt erhielten in den ersten elf Monaten – der Dezember liegt der APA noch nicht vor – rund 7.800 Personen.

Mehr als 12.600 Abschiebungen durchgeführt

Das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl setzt laut Innenministerium weiter auf Schnell- und Eilverfahren. 2023 wurden 8.421 negative Entscheidungen innerhalb von 28 Tagen bzw. 72 Stunden getroffen.

Darüber hinaus hat das Bundesamt mehr als 12.600 Abschiebungen durchgeführt, dabei erfolgten 53 Prozent der Ausreisen selbstständig, der Rest unfreiwillig. Bei den Abgeschobenen handelt es sich freilich nicht nur um Flüchtlinge, sondern auch um EU-Bürger, die das Land verlassen müssen. So weisen bei den zwangsweisen Abschiebungen rund 45 Prozent der Personen eine strafrechtliche Verurteilung auf.

Gar nicht zufrieden mit der Bilanz ist FPÖ-Obmann Herbert Kickl. Fast 59.000 Asylanträge seien kein Grund für Jubel, sondern der fatale Beleg dafür, dass Schwarz-Grün die Grenzen für die "illegale Masseneinwanderung" sperrangelweit offenhalte. VP-Generalsekretär Christian Stocker konstatierte dagegen, dass die "Asylbremse" wirke. (APA, red, 19.1.2024)