Das Micreator Studio mit seinem Mini-Ableger, dem Satellite.
DER STANDARD/Zellinger

Mit Austrian Audio mischt sich jetzt ein relativer Newcomer in den lukrativen Markt der Streamer und Content Creator mit ein und will ein altes Problem lösen: Was, wenn man zu zweit vor dem Bildschirm sitzt oder einen Gast in den Podcast holen möchte? Mit dem Micreator wollen die Wiener dieses Problem gelöst haben, ohne dass man eigene Software oder zusätzliche Hardware benötigt.

Wobei die Bezeichnung "Newcomer" eigentlich nicht ganz richtig ist. Das Unternehmen Austria Audio wurde 2017 in Wien gegründet und ist damit noch relativ jung. Dahinter stand aber ein Team aus 22 ehemaligen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern der 2016 geschlossenen AKG Acoustics, das für hochwertige Kopfhörer und Mikrofone bekannt war. Bei Austrian Audio versteht man also was von der Branche. Aber verstehen die Wiener auch etwas von Streaming oder Podcasting? DER STANDARD hat das neue Micreator getestet.

Das Dreiergespann

Eigentlich besteht das Komplettpaket des Micreator aus drei unterschiedlichen Mikrofonen. Da gibt es einmal die Studio getaufte große Variante, die gleichzeitig als eine Art Basisstation für den Satellite oder wahlweise dem Lavalier-Mikrofon Y-Lav dient. Basisstation deshalb, weil sich das Micreator eindeutig an Content Creator richtet, die gerne zu zweit arbeiten. Oder an Musiker, die etwa Gesang und Instrument gleichzeitig aufnehmen wollen.

Micreator Studio (rechts), Satellite (links) und LaY-Lav (oben)
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Die Besonderheit: Das Studio-Mikrofon verfügt neben der üblichen Kopfhörerbuchse noch über eine einen zweiten Anschluss. Dort kann man entweder einen zweiten Kopfhörer einstöpseln, den Satellite oder das Y-Lav einstecken. Somit kann man aus zwei Audioquellen eine machen und erspart sich Mischpult, Kabelsalat und Kosten. Einmal davon abgesehen, dass die meisten Streamer und Creator ohnehin aus der heimatlichen Wohnung arbeiten und meistens keinen Platz für ausuferndes Equipment haben.

Gleichzeitig will man mit der Kombination aus zwei Mikrofonen auch Musikerinnen und Musiker ansprechen: Während das Studio-Mikrofon den Gesang aufzeichnet, wird der Satellit vor der Gitarre platziert. Das ganze System wird mit einem USB-C-Kabel an den Rechner angeschlossen, fertig ist das Mini-Tonstudio.

Audiointerface integriert

Mangels Musikalität des Testers erfolgt die praktische Anwendung in Form von Podcasts. Die erste sehr positive Überraschung: Das System aus Studio mit angekoppeltem Satellit wird vom Endgerät als Stereo-Audiogerät erkannt, gibt also zwei Tonspuren aus. Das hat bei Podcastaufnahmen den Vorteil, dass man in der Bearbeitungssoftware wie Audacity zwei Monospuren erzeugen kann. Schon sind die Spuren der Sprechenden voneinander getrennt und unabhängig voneinander bearbeitbar. Das ist umso beeindruckender, weil man für diese Form der Aufnahme normalerweise ein eigenes AudIointerface benötigt oder auf Software-Umwege wie OBS-Studio zurückgreifen muss. Das Micreator schafft das auch so.

Wahnsinnig viele Vorkenntnisse muss man dafür nicht mitbringen, die Mikrofon-Kombo wird von Windows ohne weiteres erkannt und auch die Einstellmöglichkeiten am Gerät selbst dürften Laien nicht überfordern. An der Vorderseite gibt es einen Schalter für die Mikrofonverstärkung. Low für Instrumente, High für Stimme und einen Stummschalter. Über ein Drehrad kann man die Lautstärke der angeschlossenen Kopfhörer regulieren oder durch einen Druck auf das Rad die Monitoring-Balance (also wie laut man sich selbst hört) einstellen. Auf der Rückseite wird mit einem Schalter die Verstärkung des Zweitgerätes eingestellt. Schließt man einen zweiten Kopfhörer an, empfiehlt sich der Low-Modus, hängt das Satelliten- oder Lavalier-Mikrofon dran, sollte dieser auf High gestellt werden.

Der Satellite verfügt ebenfalls über zwei Buchsen: Eine für das Verbindungskabel zum Studio, eine für den Kopfhörer des zweiten Sprechers. Das war es dann auch mit den Anschlüssen und Bedienelementen schon.

Mikrofonvergleich des Micreator Studio, Satellite und Y-Lav

Der Klang

Die Frage ist natürlich: Wie klingt das? Wie nicht anders zu erwarten gibt es in diesem Punkt wenig zu nörgeln. Das Micreator-Setup schlägt sich in Podcasts ganz hervorragend. Die Sprecherstimmen klingen in den Kondensatormikrofonen mit Nierencharakteristik angenehm tief, ohne zu dunkel zu wirken. Wer sein Mikrofon gerne nahe am Mund hat, sollte aber vielleicht in einen zusätzlichen Popschutz investieren.

Zwutschgerl: Der Satellite steht dem großen Bruder klanglich aber in nichts nach.
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Auf der Rückseite findet man den Anschluss für die Verbindung zum Studio.
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Es ist zwar ein solcher im Studio sowie im Satellite integriert, der stößt aber an seine Grenzen, wenn man nicht genau auf den Abstand achtet. Auch das Lavalier-Mikrofon macht seine Sache ganz hervorragend. Tipp: Unbedingt das Kabel ganz abwickeln, sonst kann es zu Brummgeräuschen kommen. Selbst in einem kleinen Raum sind Podcastaufnahmen zwischen zwei Personen ohne weiteres möglich und die Mikrofone zeichnen wirklich nur den jeweiligen Sprecher auf. Auch bei Musikern scheint das System hervorragend anzukommen. In diesem Video von Podcaststage demonstriert das Zweiergespann ab Minute 12:12, wie gut es Instrumente aufnehmen kann.

Podcastage

Farbwechsel

Dem Paket liegen auch austauschbare Front- und Backplates bei. Damit kann man sein Micreator von schwarz auf rot umfärben. Die Bedienelemente sind auch am grauen Gehäuse selbst beschriftet, man braucht die Platten also eigentlich nicht. Diese werden mit kleinen Neodym-Magneten befestigt und sitzen eigentlich fest am Gehäuse. Im Test haben wir die Plastikplatten dennoch lieber entfernt, um ein versehentliches Klappern auszuschließen. Ob dieses Feature des Farbwechsels wirklich notwendig ist, erscheint deshalb fraglich.

Auf Wunsch lässt sich die Farbe wechseln. Wer's braucht.
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Ein Wort noch zu den Abmessungen: Die fallen beim Mikrofonsystem aus Österreich angenehm klein aus. Mit 155x60x37 mm passt das Studio auch ins Reisegepäck, wenn man etwa einmal von einem Hotelzimmer aus aufnehmen muss. Außerdem fällt dem Sprecher bei einem Gewicht von 370 Gramm auch nicht der Arm ab, wenn er das Gerät doch einmal in der Hand halten muss. Das ist etwa beim AT2040 USB mit über 600 Gramm ein gewisses Problem. Das Satellitenmikro ist noch einmal deutlich kleiner und passt mit 100x60x37 mm auch in die Jackentasche. Den Satelliten kann man aber nicht an alle Endgeräte wie eine Kamera anschließen. Das kleine Mikrofon ist nämlich auf Tonaderspeisung angewiesen, muss also vom Gerät mit Spannung versorgt werden.

Fazit: Nischig, praktisch, gut

Ganz billig ist der Spaß nicht. Das Hauptmikrofon bekommt man um 200 Euro. Um die wie oben beschriebenen Vorteile zu nutzen, braucht man aber noch entweder das Micreator Y-Lav um 50 Euro oder gleich den Micreator Satellite um noch einmal 100 Euro. Die Kombination aus Studio und Satellite samt Kabeln, Faceplate, Montageschiene und Tragetasche gibt es auch im Set um 300 Euro. Wer sollte also eine solche Summe für ein Mikrofon in die Hand nehmen? Nun, wer alleine streamt oder podcastet, der findet sicher preisgünstigere Alternativen mit ähnlich guter Qualität.

Wer aber einigermaßen professionell Podcasts mit einer zweiten Person im selben Raum aufnehmen möchte und kein Studio zur Verfügung hat, kommt mit dem Komplettpaket von Austrian Audio um 300 Euro relativ günstig davon. Vor allem eignet sich das Micreator für das Arbeitszimmer in der Wohnung und lässt sich nach der Aufnahme wieder verstauen. So gesehen bedient der Austrian Audio hier eine Nische, aber das gelingt dafür ganz hervorragend. Dem vergleichsweise jungen Wiener Unternehmen ist es gelungen, eine echte Innovation zu entwickeln. Musiker und Podcaster werden mit dem Micreator ihre Freude haben, so sie auch das Zweitmikrofon wirklich regelmäßig nutzen. (Peter Zellinger, 21.1.2024)