Berlin – Am Rande der Agrarmesse Grüne Woche in Berlin haben deutsche Bauern und andere Organisationen am Samstag für eine nachhaltigere Landwirtschaft demonstriert. Vertreter des Bündnisses "Wir haben es satt!" übergaben eine Protestnote an den deutschen Agrarminister Cem Özdemir (Grüne).

In der Protestnote mit dem Titel "Ungerechtigkeit und Hunger stoppen – bäuerliche Rechte weltweit stärken" wird auch ein zu zaghaftes Vorgehen der deutschen Regierung etwa bei der Planungssicherheit und Finanzierung für einen Umbau der Tierhaltung hin zu besseren Bedingungen kritisiert. Özdemir nahm die Forderungen der Demonstranten entgegen, die mit einigen Dutzend Traktoren zum Messegelände gekommen waren. Dort tagte am Samstag auch eine internationale Agrarministerkonferenz unter dem Vorsitz Özdemirs.

Der deutsche Grünen-Politiker warb um Unterstützung dafür, jetzt lange liegen gebliebene Themen anzugehen – auch als Konsequenz aus den Bauernprotesten gegen den Abbau von Subventionen. "Helft mir, dass wir die Sachen mehrheitsfähig kriegen", rief er. Özdemir wies darauf hin, dass eine Anschubfinanzierung für den Tierhaltungsumbau und ein staatliches Tierhaltungslogo schon beschlossen worden seien.

Cem Özdemir spricht bei Grüner Woche
Der deutsche Agrarminister Özdemir warb bei der Messe um Unterstützung für lange liegen gebliebene Themen.
EPA/rCLEMENS BILAN

"Wir haben es satt"

Lautstark und mit mehreren Dutzend Traktoren demonstrierten am Samstag Bauern außerdem vor der SPD-Zentrale in Berlin für eine nachhaltigere Landwirtschaft. Mehrere Hundert Menschen versammelten sich nach Polizeiangaben vor dem Willy-Brandt-Haus und sangen "Wir haben es satt" und "Jeder kann etwas tun". Lautes Hupen, Trommeln und Dudelsackmusik begleitete den Protest unter dem Motto "Gutes Essen braucht Zukunft – für eine gentechnikfreie, bäuerliche und umweltverträgliche Landwirtschaft!". Aufgerufen zu der Demonstration hatte das Bündnis "Wir haben es satt!". Dessen Protestzug findet seit vielen Jahren stets während der Grünen Woche statt. Etwa 40 bis 50 Traktoren waren angereist.

Ähnlich wie der Bauernverband, der die Proteste der vergangenen Wochen initiiert hatte, stört sich auch die Arbeitsgemeinschaft bäuerliche Landwirtschaft als Teil des "Wir haben es satt"-Bündnisses an den geplanten Subventionskürzungen beim Agrardiesel. Darüber hinaus hat das Bündnis aber deutlich andere Ziele als der Bauernverband, vor allem die ökologische, umweltgerechte Ausrichtung der Landwirtschaft.

Bauernprotest in Berlin
Mit mehreren Dutzend Traktoren demonstrierten Bauern vor der SPD-Zentrale in Berlin.
APA/AFP/TOBIAS SCHWARZ

Proteste auf Sizilien

Unterdessen weitet sich der Bauernprotest in Deutschland auf Italien aus. Landwirte versammelten sich am Samstag in Poggioreale auf Sizilien und fuhren mit ihren Fahrzeugen im Schritttempo entlang der stark befahrenen Straße Palermo-Sciacca, wie italienische Medien berichtete. Dabei kam es zu erheblichen Problemen für den Verkehr.

Die Bauern protestierten gegen die EU, die "den Verkauf von ungesunden Produkten wie Labor-Fleisch zum Nachteil sizilianischer Produkte" begünstige. Sie kritisierten, "das Fehlen konkreter Maßnahmen zur Unterstützung von Landwirtschaft und Viehzucht sowie der Ausverkauf von Land an die Energiemultis".

"Keine Landwirte, keine Lebensmittel, keine Zukunft" war auf einem der Traktoren zu lesen. Die Demonstranten riefen die Regierung von Premierministerin Giorgia Meloni auf, die Interessen italienischer Landwirte in Brüssel besser zu verteidigen. Themen sind wie auch in Deutschland der Preis des Agrardiesel, Energiekosten im Allgemeinen und die Einkommenssituation der Landwirte. (APA, red, 20.1.2024)