Friedrich Merz CDU, Parteivorsitzender und Fraktionschef im Bundestag, war der erste Gast bei Caren Miosga.
Friedrich Merz, CDU-Parteivorsitzender und -Fraktionschef im Bundestag, war der erste Gast bei Caren Miosga. Eingeladen war auch die schwarze Lampe am Boden.
IMAGO/Jürgen Heinrich

Sonntag, 21.45 Uhr: Es ist der wichtigste Talk-Platz, den das deutsche Fernsehen zu vergeben hat. Unzählige Gäste haben Sabine Christiansen, Günther Jauch und Anne Will seit 1998 eingeladen. Jetzt ist Caren Miosga, ehemalige Moderatorin der ARD-"Tagesthemen", Chefin im Ring.

Und bei diesem irritiert gleich zu Beginn ein Detail. Miosga und ihr erster Gast, CDU-Chef Friedrich Merz, sitzen nicht in bequemen Fauteuils, wie es bei Anne Will üblich war. Sie haben zu zweit an einem Tisch Platz genommen. Das war ja auch angekündigt. Aber am Boden steht eine alte, schwarze Tischlampe. Hat die da wer vergessen?

Es dauert einige Minuten bis zur Auflösung. Miosga hat den Lampenklassiker, eine Kaiser-Idell-Leuchte, mitgebracht, weil sie in Merz' Heimat, dem Hochsauerland in Nordrhein-Westfalen, hergestellt wurde. Der CDU-Chef ist erfreut, als das Leuchtmittel auf den Tisch kommt, es erinnert ihn an die Amtsstube seines Vaters.

Der Ausflug in die Vergangenheit soll auf die Frage, wie konservativ Merz die CDU mit dem neuen Grundsatzprogramm machen will, hinführen. Das tut sie auch, aber doch recht weichgespült, was nicht allein an der Lampe liegt. Miosga ist nervös, das kann man nachvollziehen. Ihr Ziel, hat sie vor der Premiere erklärt, sei es, am Tisch im Zwiegespräch mehr aus den Gästen herauszukitzeln als in großer Runde.

Werbefolder der CDU

Dieser Anspruch wird nur sehr bedingt eingelöst. Miosga ist mehr Stichwortgeberin als Stachel. Merz, der nicht zu Anne Will und ihren oft harten Fragen kam, fühlt sich offensichtlich sehr wohl und kann über Konservatismus wie im Werbefolder referieren: "Das Gute bewahren, für das Neue offen sein, den Fortschritt erklären."

Die mehrfach gestellte Frage, wer denn 2025 Kanzlerkandidat der Union wird, kann sie ihm trotz mehrfacher Versuche nicht entlocken. Dass sich Miosga mit dem ruhigeren Gesprächsstil von anderen Talkshows abheben möchte, ist nicht schlecht. Aber so kuschelig hätte es nicht sein müssen, es fehlte inhaltlich der Pfeffer.

Der kommt erst in der zweiten Hälfte, als zwei weitere Gäste dazustoßen: Der Soziologe Armin Nassehi und die Journalistin der "Zeit", Anne Hähnig, die aus Ostdeutschland berichtet. Letztere wirft Merz vor: "Ihre Partei ist, was die Brandmauer betrifft, ziemlich schwammig unterwegs." Gemeint ist die Brandmauer zur AfD.

Und auch Miosga wird gegen Ende der Sendung kritischer und listet auf, was Merz so raushaut: Seine Bezeichnung "kleine Paschas" für Kinder mit Migrationshintergrund, seine Klage, dass Asylwerber beim Zahnarzt besser behandelt werden als Deutsche. Ob er sich manchmal nicht im Griff habe, will sie wissen. Aber Merz lässt auch das an sich abperlen: "Das sind keine Affekte, das ist Engagement." Für ihn war es fast ein Heimspiel. Das wird sich bei anderen Gästen hoffentlich ändern. (Birgit Baumann aus Berlin, 22.1.2024)