In Deutschland ist Claus Weselsky ein bekannter Mann. Er werde oft von den Menschen als Bahnchef angesprochen, gab der Gewerkschaftsboss jüngst in einem Interview zu Protokoll. Würde der Chef der Gewerkschaft der Lokführer (GDL) den Job denn machen wollen? Können würde er es fix, sagt Weselsky gewohnt selbstbewusst. "Ich bringe auf jeden Fall 150 Prozent mehr Eisenbahnsachverstand ein als das Management der Deutschen Bahn."

Claus Weselsky, Vorsitzender der Gewerkschaft Deutscher Lokomotivführer (GDL).
Claus Weselsky gilt als stur.
APA/dpa/Christoph Soeder

Den Beweis muss der gebürtige Sachse, der in einer Arbeiterfamilie im ländlichen Kreischa aufgewachsen ist, wohl nicht erbringen. Dass er Streit und Streik kann, hat er indes mehrfach gezeigt. Der 64-Jährige ist als "sturster Gewerkschafter" Deutschlands verschrien. Der Deutschen Bahn bescheinigte er wiederholt, auf dem falschen Gleis unterwegs zu sein. Dem wechselnden Vorstand warf er Missmanagement und Fehlverhalten vor.

"Einheizer aus Sachsen"

Schon öfter ging ein Kräftemessen mit dem Arbeitgeber zugunsten der Beschäftigten aus. 2007 und 2008 zog er als Vize des damaligen GDL-Chefs Manfred Schell im ersten großen Tarifkonflikt mit der Bahn die Fäden. Er war es, der die harte Linie fuhr – und ein Lohnplus von elf Prozent rausschlug. "Einheizer aus Sachsen" wurde er genannt.

Seinen Job hat Weselsky noch in der DDR gelernt. Er absolvierte die Ausbildung zum Schienenfahrzeugschlosser und wurde dann Lokomotivführer. Mitglied der SED war er nie. Heute ist die CDU seine Heimat.

Ab 1990 engagierte sich der geschiedene Vater eines Sohnes in der GDL. Vorsitzender wurde er 2008. Den letzten Zug hat er 1992 gefahren – am liebsten seien ihm Güterzüge gewesen, erzählt er.

Machtbewusst

Öffentliche Kritik ficht den leidenschaftlichen Taucher nicht an. Mangelnde Verhandlungsbereitschaft und Machtbestrebungen wurden ihm attestiert – und dies zulasten der Bahnkunden. Diesen Vorwurf lässt der Gewerkschaftsboss nicht auf sich sitzen. Ein Boulevardblatt hatte einst während eines Streiks seine Telefonnummer abgedruckt – Weselsky leitete die erbosten Anrufe dem damaligen Bahnchef Rüdiger Grube weiter.

Derzeit liegt er wieder mit der DB-Führung im Clinch. Es geht um Lohnerhöhungen und Arbeitszeitverkürzung für die 2026 Lokführer und Zugbegleiter. Es ist der vierte Streik. Kollateralschäden seien unvermeidlich, sagt Weselsky trocken. "Es ist der Sinn eines Streiks, dem Arbeitgeber zu schaden." (Regina Bruckner, 23.1.2024)