Wenn es gegen Geflohene, Dragqueens oder Corona-Maßnahmen geht, spielten und spielen rechtsextreme Medien immer einen wichtigen Part bei der Mobilisierung zu Demos. Da marschierten dann Rechtsextreme als "besorgte Bürger", die "Widerstand" übten gegen "das System". Jene, die sich selbst als "alternative" Medien bezeichnen, berichteten begeistert, was "Mainstreammedien" angeblich verschweigen sollen.

Hunderttausende demonstrieren am 21. Jänner 2024 in Berlin vor dem Bundestag gegen die AfD.
Hunderttausende demonstrierten am Sonntag auch in Berlin vor dem Bundestag.
APA/AFP/CHRISTIAN MANG

Das FPÖ-nahe Medium Wochenblick hatte 2021 sogar einen Veranstaltungskalender für die Corona-Demos im Angebot. Der Verlag von Wochenblick, die Medien24 GmbH, hat nun Insolvenz angemeldet.

Doch wie reagieren andere FPÖ-nahe Medien dieser Tage auf die Massendemonstrationen gegen AfD und Faschismus in allen größeren deutschen Städten? Immerhin waren am Wochenende über eineinhalb Millionen Menschen auf der Straße. Das sollte doch ein Foto wert sein, wenn "das deutsche Volk" auf der Straße ist.

Die Antwort ist zusammengefasst: nur wenn ein Traktor dabei ist. Im Onlinesender Auf 1 des rechtsextremen Aktivisten Stefan Magnet aus Oberösterreich, der letztes Jahr auch auf den deutschen Markt expandieren wollte, ist man am Montag nach den historischen Demos mit anderem beschäftigt.

Man schießt sich einerseits auf die in London forschende Wissenschafterin Julia Ebner ein. Denn Ebner analysierte in der Zeit im Bild 2 die AfD und die FPÖ. Zudem sind auf der Startseite weiter die Bauernproteste ein Renner, und auch "die Trucker kommen nach Berlin", heißt es. Andererseits ist die zweitgrößte Geschichte am Montag eine über "Krebsentstehung".

Gendern und Mischwald

Auch beim Nachfolger der 2018 eingestellten Aula, dem Freilich-Magazin, beschäftigt man sich zwar mit der AfD, aber nicht mit den Demos gegen sie. Stattdessen gibt es Texte über "Genderverbot" und "Mischwald im Nationalpark Harz".

Auch das rechtsextreme Magazin Info.direkt hält sich mehr mit der Österreicherin Ebner auf als mit Millionen Protestierenden.

Deutschland, Hamburg - Januar 19, 2024: Demo gegen Rechts am Jungfernstieg in Hamburg.
Auch in Hamburg gingen schon am Freitag hunderttausende gegen rechts auf die Straße.
IMAGO/Kevin Hackert

Ganz ignorieren kann man die Demos auch in der rechtsextremen Medienszene nicht, aber offenbar ringt man noch um Erklärungen, die gut ins eigene Narrativ passen. Das Sprachrohr der Identitären, der Heimatkurier, hat hier schon einen Verdacht: "Kirchenvertreter blasen zum Kampf gegen die AfD", titelt man dort am Montag.

Kein Klerus, aber Diktatur steckt für Martin Sellner, Ex-Chef der Identitären in Österreich und Hauptredner bei Geheimtreffen am Lehnitzsee, hinter den Demos: Er spricht auf Telegram von "Systemdemos", die an die "großen Einheitsfronten und Regimeparaden in totalitären Systemen" erinnern. (Colette M. Schmidt, 23.1.2024)