Verunsicherte Demokraten meldeten sofort die Anrufe, die sie am Wochenende erreicht hatten. Trotzdem scheint klar, dass dies nicht der einzige Manipulationsversuch in diesem US-Wahlkampf bleiben wird.
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Aufgrund der Verbreitung und der starken Entwicklung von künstlicher Intelligenz im Vorjahr ist die Angst vor einer Manipulation der US-Präsidentenwahl mit gefakten Videos, Fotos oder Audionachrichten groß. Und diese Angst ist scheinbar begründet. Im US-Bundesstaat New Hampshire mehren sich Meldungen, dass US-Präsident Joe Biden Haushalte anrufe und bekennende Demokraten dazu aufrufe, sich nicht an den Vorwahlen zu beteiligen. Was er laut eigenen Aussagen allerdings nie getan hat.

Demokratie untergraben

Fake-Anrufe haben sich in den letzten Jahren zu einem gängigen Cybercrime-Mittel entwickelt. Zumeist von Menschen initiiert, wurden Privatpersonen oder Unternehmen damit um Geldbeträge gebracht und Login-Daten gestohlen. Im Rahmen des US-Wahlkampfs scheint nun die KI solche Anrufe zu übernehmen, damit man wohl schneller mehr Leute und glaubwürdiger die Zielgruppe erreicht. Diese Vorgehensweise ist illegal, wie jetzt auch ein Generalstaatsanwalt in dem US-Bundesstaat am Montag feststellte. Die Fake-Anrufe seien ein illegaler Versuch, die Wahlen zu stören, die Wähler sollten "den Inhalt dieser Nachricht ignorieren", wie auch der "Spiegel" berichtet.

"Die Verbreitung von Desinformation zur Unterdrückung der Wahlbeteiligung und zur absichtlichen Untergrabung freier und fairer Wahlen wird nicht hingenommen, und der Kampf gegen jeden Versuch, unsere Demokratie zu untergraben, wird für diese Kampagne weiterhin höchste Priorität haben", ließ Bidens Wahlkampfmanagerin Julie Chavez Rodriguez als Reaktion auf die Meldungen wissen.

Der Nachrichtenagentur AP liegt eine solche Aufnahme vor, weshalb man auch offiziell den genauen Inhalt kennt. Die KI-Stimme, die wie jene von Biden klingt, nutzt beliebte Phrasen des Präsidenten, um glaubwürdiger zu klingen. Der Aufruf, man solle am Dienstag nicht wählen gehen, weil das nichts bringe, ist die Message, die der Anruf durchbringen will. Offenbar kam der Anruf den Betroffenen allerdings verdächtig vor, weshalb sie den Vorfall sofort meldeten.

Robocalls

"Die Ära der politischen Deepfakes ist angebrochen, und wenn die Regulierungsbehörden dem nicht zuvorkommen, werden die Fakes bis in den November hinein ein Wahlchaos verursachen", so der Leiter der US-amerikanischen Think Tanks Public Citizen, Robert Weissman. Mehrere Firmen würden sich dem Jagen solcher Deepfakes bereits widmen, doch würde die Welle sehr groß sein. Gesunde Skepsis sei deshalb angebracht, um auf solche Betrügereien nicht hereinzufallen, so Weissman.

Die Federal Trade Commission (FTC) warnt schon seit dem Vorjahr vor diesen Robocalls, wie sie mittlerweile genannt werden. Laut der Behörde häuften sich schon 2023 automatisierte Anrufe mit KI-Stimmen, die sich als Amazon- oder Versicherungs-Verantwortlicher ausgeben. Ziel dieser Anrufe war und ist es primär Bankdaten zu erfragen oder direkt Überweisungen einzufordern. Im politischen Spektrum wurde diese Manipulation bisher noch nicht im großen Stil angewandt. Das könnte sich jetzt ändern.

Trump nicht involviert

Wegen eines parteiinternen Streits über die Termine steht Biden zwar nicht auf den Stimmzetteln in New Hampshire, kann aber per Hand nachgetragen werden und dürfte als Sieger aus der Abstimmung hervorgehen. Die eigentliche Präsidentenwahl ist im November. Angesichts der schwachen Umfragewerte des 81-jährigen Präsidenten wird die Unterstützung für Bidens Einschreibekampagne genau beobachtet, obwohl die Ergebnisse keinen Einfluss auf den Nominierungswettbewerb der Demokraten haben.

Die Kampagne des ehemaligen US-Präsidenten Donald Trump erklärte, sie sei "absolut nicht" an den gefälschten Anrufen beteiligt gewesen. Bei den Republikanern könnte bei den Vorwahlen in New Hampshire eine Vorentscheidung zugunsten Trumps fallen. (red, APA, 23.1.2024)