Kind steht vor Wassersprüher und wirft Arme hoch
In Städten wird es durch die versiegelten Böden im Sommer besonders heiß. Nicht überall kommt man leicht an Abkühlung.
Charlie Riedel/AP

In Europa sterben immer mehr Menschen im Sommer an den Folgen hoher Temperaturen. Dafür sorgen nicht nur Hitzschläge, sondern auch Kreislaufversagen und andere gefährliche Erscheinungen, die vor allem ältere Menschen und Kinder betreffen. An der Übersterblichkeit während überdurchschnittlich heißer Wochen wird die Zahl der Hitzetoten abgelesen, in Österreich waren das im Vorjahr laut Ages 53 Personen. In ganz Europa starben 2022 etwa 60.000 Menschen an den Folgen extremer Hitze.

"Kein Komfortproblem"

Besonders problematisch ist das in Städten: Wärmeinseln erhöhen dort die Sterberate an Extremhitzetagen um 45 Prozent. An extrem kalten Tagen reduzieren die Wärmeinseln die Sterblichkeit hingegen im Schnitt um sieben Prozent, wie eine Studie aus Lausanne zeigt. Der Wärmeinseleffekt führt dazu, dass sich Städte stärker aufheizen als ländliche Gebiete. Auslöser dafür sind verschiedene Eigenheiten von Städten, teilte die Eidgenössische Technische Hochschule Lausanne (EPFL) am Dienstag mit.

Gründe sind etwa versiegelte Böden, schlechte Luftzirkulation wegen der vorhandenen Gebäude, ein Mangel an Vegetation sowie das Erzeugen zusätzlicher Wärme durch Verkehr, Industrie und Heizungen. "Unsere Studie zeigt, dass Wärmeinseln kein Komfortproblem sind, sondern erhebliche Gesundheitskosten verursachen, beispielsweise durch höhere Atemwegs- und Herz-Kreislauf-Risiken, die die Lebenserwartung verringern", wurde Studienleiter Gabriele Manoli in einer Mitteilung der EPFL zitiert.

Weniger Tode bei extremer Kälte

Der EPFL-Forscher Manoli analysierte zusammen mit Forschenden aus London und Singapur Wärmeinseln in 85 Städten in Europa zwischen 2015 und 2017. Zu den untersuchten Städten gehörten auch Genf, Zürich und Basel. Die Resultate wurde im Fachmagazin "Nature Communications" publiziert. Dabei stellten die Fachleute Daten und Simulationen zusammen, um sowohl die durch Wärmeinseln im Sommer verursachten Schäden als auch den Schutz, den sie während Kälteeinbrüchen im Winter bieten, zu bewerten.

An den heißesten Tagen in den Untersuchungsjahren verursachten diese städtischen Hitzewellen im Schnitt täglich einen zusätzlichen Todesfall pro 400.000 Einwohnerinnen und Einwohner, wie die Analyse zeigte. Dies steht im Kontrast zu einer Reduktion von einem Todesfall pro zwei Millionen Einwohnerinnen und Einwohner pro Tag an extrem kalten Tagen.

Große Unterschiede je nach Stadt

Die Unterschiede zwischen den verschiedenen Städten waren dabei aber signifikant. Während in Städten in heißeren Regionen wie in Spanien der negative Effekt der sommerlichen Wärmeinseln größer war, war in kälteren Regionen wie in Finnland der positive Effekt der Wärmeinseln im Winter größer. In Genf verursachten die städtischen Wärmeinseln laut der EPFL jährlich vier zusätzliche hitzebedingte Todesfälle pro 100.000 Einwohnerinnen und Einwohner, verhinderten aber 3,4 kältebedingte Todesfälle.

Die Forscherinnen und Forscher bezifferten die Kosten für die städtischen Wärmeinseln auf jährlich durchschnittlich 192 Euro pro Stadteinwohnerin oder Stadteinwohner. Dies sei vergleichbar mit den Kosten für die Luftverschmutzung oder mit dem Preis, den die Bevölkerung für öffentliche Verkehrsmittel zahlt, hieß es von der EPFL.

Die Nettokosten der Wärmeinseln betragen laut der Studie in Genf 20,7 Euro pro erwachsenem Einwohner und Jahr. Die Hitzewellen im Sommer verursachen Kosten von 155 Euro, die geringere Kälte im Winter spart 134 Euro.

Daten für künftige Entscheidungen

In Triest in Italien betrugen die Nettokosten 184,4 Euro. Im finnischen Helsinki spart der Wärmeinseleffekt laut der Studie sogar Geld: Pro Einwohnerin und Einwohner werden demnach 113,9 Euro gespart.

"Unsere Studie zeigt, dass die Auswirkungen von Wärmeinseln von Stadt zu Stadt und von Jahreszeit zu Jahreszeit sehr unterschiedlich sind. In Zukunft werden sich politische Entscheidungsträger bei ihren Entscheidungen auf diese konkreten Informationen stützen können", sagte Manoli. (APA, red, 23.1.2024)