Zwei Bälle liegen auf einem Rasen. Blick durch Trainingsstangen.
Testspiele in Belek sorgten für Stirnrunzeln (Symbolbild).
IMAGO/Sportfoto Zink / Wolfgang Zink

Belek ist ein Sehnsuchtsziel. Vielleicht nicht im Hochsommer, wenn Massen von Touristen um Liegestühle rangeln und sich Schlachten am lauwarmen Buffet liefern. Aber im Winter hat der türkische Badeort am südlichen Mittelmeer durchaus Charme. Er ist verlassen, lediglich Fußballvereine vergnügen sich dort, denn die Trainingsbedingungen sind ideal.

Die halbe österreichische Liga und auch Vereine anderer Länder, vor allem jener, in denen Schneefall und gefrierender Eisregen im Jänner nicht auszuschließen sind, bereiten sich in Belek vor. Und sie spielen auch richtige Testmatches, wobei "richtig" eine maßlose Übertreibung ist. Rapid und Altach mussten dieser Tage bittere bis absurde Erfahrungen machen, denn ihre Partien gegen FV Slovacko aus Tschechien (2:1) beziehungsweise Nyíregyháza Spartacus aus Ungarn (1:1) dürften manipuliert gewesen sein. Von türkischen Schiedsrichtern, die möglicherweise keine waren.

Die vier beteiligten Klubs sind von jeglicher Schuld freizusprechen, sie waren nur Passagiere, haben sich ordnungsgemäß verhalten, die skurrilen Entscheidungen im Fall von Rapid und Altach dem Fußballbund ÖFB, der Bundesliga und dem Verein Play Fair Code gemeldet.

"Selbsterklärende" Elferszenen

Im Spiel von Rapid wurden nach der Pause vier Elfmeter gegeben, die allesamt keine waren. Marko Kvasina, ÖFB-Legionär bei Slovacko, scheiterte an Goalie Niklas Hedl, der Rapidler soll sich aber zu früh bewegt haben, was er nicht hat. Jedenfalls wurde der Strafstoß wiederholt, Hedl wehrte erneut ab. Rapid erhielt in letzter Minute einen Elfer zugesprochen, auch diese Entscheidung war nicht nachvollziehbar, Dennis Kaygin traf zum 2:1-Endstand. Es sollen auf die Wettmöglichkeit "mehr als zwei Tore" rund 80.000 Euro gesetzt worden sein. Und drei sind sogar in Belek mehr als zwei.

Highlights: SK Rapid - 1.FC Slovacko
Die Elfer-Szenen sind zu sehen bei 0:42 und 1:53.
SK Rapid

Altachs Spieler haben bei ihrem Test für einige Minuten aus Protest das Feld verlassen, auch dort wurde ein Elfer wiederholt, der keiner war. Die deutschen Zweiligisten Paderborn und Bielefeld haben in Belek ähnliche Erfahrungen gemacht.

Testspiel | CASHPOINT SCR Altach vs. Spartacus FC
Die Elferszenen sind zu sehen bei 1:22:59 und 1:26:16.
CASHPOINT SCR Altach

Severin Moritzer ist Geschäftsführer von Fair Play Code, er gesteht eine gewisse Machtlosigkeit ein und sagt dem STANDARD: "Seriöse Unternehmen bieten solche Wetten gar nicht an, aber in den Tiefen des digitalen Raums ist das möglich, da verschwinden die Grenzen." Auch er, Moritzer, habe die skurrilen Szenen aus Belek gesehen. "Die waren selbsterklärend." Trotzdem sei er gegen ein Wettverbot. Legalität vorausgesetzt.

Zu viel verlangt

Vorbereitungstests funktionieren nach speziellen Regeln. Die Teilnehmer wechseln mitunter zur Halbzeit die komplette Mannschaft aus, man kann sich auch auf längere oder kürzere Spielzeiten einigen. Moritzer weiß, dass die Klubs von den mitunter ominösen Wetten nichts wissen, gar nichts wissen können. "Sie sind Opfer. Die einzige Chance, dem entgegenzuwirken, wäre, einfach abzutreten. Aber das wäre zu viel verlangt."

In Österreich werden Tests von echten, also akkreditierten Schiedsrichtern geleitet. Darauf legt der ÖFB großen Wert. "Das ist für uns eine Selbstverständlichkeit, da gibt es klare Richtlinien. Wir haben aber auf Wetten keinen Einfluss", sagt Geschäftsführer Thomas Hollerer dem STANDARD. Man sei dennoch mit dem Sportwettenverband im regen und konstruktiven Austausch. "Auf Jugendspiele darf nicht gesetzt werden."

Laut Hollerer haben sich Rapid und Altach "absolut korrekt verhalten". Der ÖFB kooperiert mit dem Bundeskriminalamt. Er meldete die Geschehnisse dem Weltverband Fifa, dem europäischen Verband Uefa und dem türkischen Verband. Hollerer: "Was dabei rauskommt, weiß ich nicht. Es liegt letztendlich in der Verantwortung der türkischen Behörden. Sie müssen das genau untersuchen." Rapid hat sich übrigens bei den Altacher Leidensgenossen gemeldet und die Solidarität erklärt. "Willkommen im Klub", hieß es sarkastisch.

Die österreichische Bundesliga nimmt am 9. Februar den Betrieb wieder auf. Der türkischen Wettmafia ist das egal, auch sie findet im Winter eher in Belek die idealen Bedingungen vor. (Christian Hackl, 24.1.2024)