Eine Steckdose und zwei Schalter.
Die Strompreisbremse wird angepasst.
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Wien – Zwei Jahre nach Beginn der Invasion Russlands in der Ukraine und der darauffolgenden Preisrallye im Energiesektor hat sich die Preissituation mittlerweile entspannt. Darauf reagiert nun auch die Regierung in Form einer Anpassung der Stromkostenbremse. Die Maßnahme soll bis Jahresende verlängert, der Umfang aber zugleich reduziert werden: Der Ministerrat beschloss am Mittwoch eine Halbierung der Stromkostenbremse.

Die Obergrenze für den Energiepreis, bis zu dem die Bremse wirkt, wird auf maximal 25 Cent pro Kilowattstunde reduziert. Derzeit liegt die Schwelle bei 40 Cent. Wie bisher werden weiterhin die ersten 2.900 kWh Strom pro Haushalt und Jahr gefördert – laut Regierung rund 80 Prozent des durchschnittlichen Verbrauchs von Haushalten. Die Bezuschussung sinkt mit Juli von bis zu 30 auf maximal 15 Cent pro kWh und wird automatisch von der Stromrechnung abgezogen. Größere und einkommensschwache Haushalte erhalten weiterhin einen zusätzlichen Abschlag von 75 Prozent der Netzkosten.

Video: Strompreisbremse - Maximaler Zuschuss wird auf 15 Cent/kWh halbiert.
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Laut Regierung bedeutet das konkret: "Bei Verbraucherinnen und Verbrauchern, die 20 Cent netto pro Kilowattstunde als Energiepreis vom Energieversorgungsunternehmen in Rechnung gestellt bekommen, werden ab 1. Juli für die festgelegten 2.900 kWh jeweils zehn Cent pro Kilowattstunde abgezogen. Wer 25 Cent pro Kilowattstunde zahlen muss, erhält 15 Cent. Bei 30 Cent sind es ebenfalls 15 Cent."

"Haushalte sollen sich einen Grundbedarf an Strom leisten können, deshalb wird dafür ein begünstigter Tarif verrechnet", erklärte Klimaschutzministerin Leonore Gewessler (Grüne) am Mittwoch. "Gleichzeitig wirkt die Preisbremse auch inflationsdämpfend." Sie appellierte an private Stromkunden, die nächsten Monate zu nützen, um sich entsprechend der Empfehlung der E-Control nach einem günstigeren Anbieter umzusehen.

Laut Finanzministerium hat die Strompreisbremse bisher 900 Millionen Euro gekostet, für 2024 sind 600 Millionen Euro budgetiert, weitere 500 Millionen Euro stünden bei Bedarf zur Verfügung.

Wifo-Vorschlag

Türkis-Grün reagiert mit der Änderung auf einen Vorschlag von Wifo-Chef Gabriel Felbermayr. Dieser forderte schon länger eine Halbierung der Förderung. Etwa vergangene Woche im Ö1-"Morgenjournal": "Das sollte die Strompreisbremse einerseits für das Finanzministerium billiger machen, andererseits dafür sorgen, dass es mehr Anreize gibt für die Haushalte, ihren Stromanbieter zu wechseln, falls die 15 Cent nicht ausreichen, um den Strompreis in erträgliche Niveaus zu bringen."

Die Verlängerung der Strompreisbremse sei angesichts der hohen Inflation richtig, ergänzte Felbermayr am Mittwoch auf der Nachrichtenplattform X (vormals Twitter). Durch die Adaption soll der Wettbewerb belebt werden, so der Wifo-Chef. Aus seiner Sicht leide die Bremse darunter, dass der Zuschuss nicht von der Haushaltsgröße abhänge. Er hält es für "bedauerlich", dass die datentechnischen Voraussetzungen dafür nicht gegeben seien.

Kritik

Die Änderung der Maßnahme erntete am Mittwoch harsche Kritik. Die Halbierung der Strompreisbremse sei der falsche Weg, heißt es etwa vonseiten des Österreichischen Gewerkschaftsbunds (ÖGB). Stattdessen müsse Türkis-Grün ein umfassendes Wärmepaket auf den Tisch legen, fordert der ÖGB in einer Aussendung. Aus Sicht der Arbeiterkammer kommt die Senkung der Stromkostenbremse zu früh, sie hätte sich eine Übergangsfrist für Konsumentinnen und Konsumenten gewünscht.

Die Senkung der Kostenobergrenze belaste Haushalte, kritisiert die SPÖ. "Die Senkung der Kostenobergrenze bei der Strompreisbremse führt dazu, dass der Strom für die Haushalte nicht billiger, sondern teurer wird", sagte der rote Wirtschaftssprecher Christoph Matznetter in einer Aussendung. Die Regierung habe von Anfang an das falsche Modell gewählt, so Matznetter: "Besser wäre es gewesen, ein ähnliches Konzept wie in Deutschland umzusetzen, denn damit würden nicht auch noch die Übergewinne der Energieanbieter vom Staat subventioniert werden."

Auch den Freiheitlichen fehlt eine Entlastung der Bevölkerung. "Die Energieversorger, die ohnehin zum überwiegenden Teil im Besitz der öffentlichen Hand sind, sollten lieber die Preise senken – das wäre der richtige Zugang", sagte FPÖ-Energiesprecher Axel Kassegger. Die FPÖ fordert eine Senkung der Verbrauchsteuern auf Energie, die Abschaffung der CO2-Steuer, das Ende der Sanktionen gegen Russland und den Ausstieg aus dem Merit-Order-Prinzip.

Kritik kam auch von der globalisierungskritischen NGO Attac: Die Strompreisbremse schaffe einen "hohen Anreiz" für Stromanbieter, ihre Preise auf den maximal gestützten Betrag anzuheben und so "größtmögliche Gewinne auf Kosten der Allgemeinheit einzufahren".

Abschöpfung von Zufallsgewinnen verlängert

Ebenfalls angepasst und bis Ende 2024 verlängert wird die Abschöpfung von Zufallsgewinnen bei Energiekonzernen. Zur Förderung des Ausbaus grüner Stromproduktion können dabei statt wie bisher 50 Prozent künftig 75 Prozent der Investitionskosten abgesetzt werden. Die Investitionen in den Ausbau erneuerbarer Energien müssen heuer oder in den nächsten drei Jahren getätigt werden. Außerdem wird künftig jeder Gewinn, der mehr als fünf Prozent über dem Durchschnitt der Jahre 2018 bis 2021 liegt, mit 40 Prozent zusätzlich zur Körperschaftssteuer und zu allen anderen Abgaben besteuert.

Finanzminister Magnus Brunner (ÖVP) zeigte sich im Pressefoyer nach dem Ministerrat erfreut, dass man bei der Gewinnabschöpfung nach Auslaufen der entsprechenden EU-Verordnung eine verfassungsrechtlich mögliche Lösung gefunden habe. Bisher habe man hier rund 255 Millionen Euro eingenommen – weit weniger als von der EU-Kommission zunächst angenommen zwar, dafür aber mit Investments in Erneuerbare.

Für das gewerkschaftsnahe Momentum-Institut ist mit Blick auf die Teuerung eine Bremse bei den Strompreisen allein "nicht ausreichend". Außerdem zahle sie sich die Bevölkerung angesichts der geringer als prognostiziert ausfallenden Einnahmen aus der Gewinnabschöpfung im Endeffekt selbst. "Zwar hat die Regierung auch Krisengewinne von Energieunternehmen abgeschöpft. Erwartung und Realität bei der abgeschöpften Summe gehen aber meilenweit auseinander", heißt es in einer Aussendung.

Der Branchenverband IG Windkraft kritisierte die Verlängerung der Gewinnabschöpfung. Anhaltende direkte Eingriffe in Märkte würden sich negativ auf das Vertrauen in die Windenergie auswirken und die Produktionsbedingungen hierzulande erschweren, auch weil andere EU-Länder entsprechende Maßnahmen mit dem Ende der EU-Verordnung bereits haben auslaufen lassen. Positiv sei hingegen, dass Investitionen in erneuerbare Energien künftig zu einem größeren Anteil anrechenbar sind. (red, APA, 24.1.2024)