Die "Pille danach" kann bei zeitnaher Einnahme nach ungeschütztem Geschlechtsverkehr eine Schwangerschaft verhindern.
APA/AFP/JOSEPH PREZIOSO

Warschau – Ein Gesetzesentwurf soll Schwangerschaftsabbrüche in Polen wieder zugänglicher machen. Darin sieht die neue polnische Regierung "legale und sichere Abtreibungen bis zur zwölften Schwangerschaftswoche" vor, sagte der polnische Ministerpräsident Donald Tusk am Mittwoch vor Journalisten in Warschau. Als die rechtsnationalistische Partei Recht und Gerechtigkeit (PiS) vor vier Jahren eines der strengsten Abtreibungsgesetze Europas beschloss, gingen zehntausende Polinnen und Polen auf die Straße.

Abtreibungen sind bisher nur im Fall von Vergewaltigung oder Inzest erlaubt oder wenn das Leben der Mutter in Gefahr ist. Tusk kündigte zudem einen Gesetzesentwurf an, um den Zugang zum Notfallverhütungsmittel "Pille danach" erheblich zu erleichtern. Die bis zu Tusks Amtsübernahme im Dezember regierende PiS hatte 2017 eine Rezeptpflicht für die "Pille danach" eingeführt. Das Hormonpräparat mit dem Wirkstoff Levonogestrel, das innerhalb von zwölf Stunden nach dem Geschlechtsverkehr eingenommen wird, dient dazu, den Eisprung zu unterdrücken und dadurch eine ungewollte Schwangerschaft zu verhindern. Sie ist nicht mit der Abtreibungspille (Wirkstoff Mifepriston, Handelsname Mifegyne) identisch.

Todesfälle wegen Verweigerung von Abtreibung

Das liberale und proeuropäische Lager hatte schon im Wahlkampf versprochen, das Abtreibungsrecht zu liberalisieren. Nach ihrem Wahlsieg im Oktober nahmen Tusk und seine Koalitionspartner die geplante Reform dann auch in ihren Koalitionsvertrag auf. Der Gesetzesentwurf für den erleichterten Zugang zur "Pille danach" sieht nach Angaben von Tusk einen rezeptfreien Zugang ab einem Alter von 15 Jahren vor. Schon vor 2020 gehörte das polnische Abtreibungsgesetz zu einem der striktesten weltweit. Zu Zeiten des Kommunismus waren Schwangerschaftsabbrüche in Polen legal.

Polens Präsident Andrzej Duda, der der PiS-Partei nahesteht, muss das Gesetz nach einer Verabschiedung im Parlament allerdings noch in Kraft setzen. Tusk kündigte an, andere Maßnahmen für einen einfacheren Zugang zu Abtreibungen zu setzen, sollte das Gesetz nicht bewilligt werden. In den vergangenen Jahren hatte es in Polen mehrfach Fälle gegeben, bei denen schwangere Frauen starben, nachdem sich die Ärzte trotz Komplikationen nicht für eine Abtreibung entschieden hatten. Zuletzt hat ein Todesfall einer Schwangeren bei einer Krankenhausbehandlung im Sommer 2023 für Proteste gesorgt. (APA, hel, 24.1.2024)