The Smile beim Spaßhaben. Ihr Album
The Smile beim Spaßhaben. Ihr Album "Wall of Eyes" erscheint am Freitag. Lustig. Es. Ist. Nicht.
Frank Lebon

Beim Namen der Band muss es sich um einen Insider-Scherz handeln. Immerhin besteht The Smile aus zwei federführenden Mitgliedern von Radiohead, aus Thom Yorke und Jonny Greenwood. Und Radiohead wurde nicht direkt mit heiterer Musik berühmt, seine Zielgruppe besteht eher aus depressiven Teenagern zwischen 13 und 59. Bei The Smile muss es sich um ein Lächeln handeln, wie es dem Kapitän der Titanic im Gesicht einfror, als es rumms machte.

The Smile ist ein Nebenprojekt von Radiohead und veröffentlicht am Freitag sein zweites Album. Es heißt Wall of Eyes und klingt nicht wesentlich anders, als ein Radiohead-Album selben Namens klingen dürfte. Bei The Smile ist aber der Jazzdrummer Tom Skinner (Sons of Kemet) mit dabei, was sich wahrscheinlich irgendwie auswirkt. Andererseits wieder nicht, denn die Mischung aus progressivem Rock und deutschstämmigen Krautrock-Charakteristika (meist auf Samtpfoten gespielt) sowie der hohe Schmerzensgesang des Thom Yorke sind von Radiohead und deren Metamorphosen her leidlich bekannt.

The Smile - Wall Of Eyes (Official Video)
The Smile

Diese Mischung, die beim zweiten Album impressionistischer ausfällt als beim etwas strengeren Debüt, gebiert nun eine Ästhetik, die sich zu Beginn des neuen Werks in einen zarten Psychedelic-Folk auswächst, den Yorke mit seiner Stimme überzieht: Siechtum auf höchstem Niveau.

Es schunkelt ein wenig, in der Ferne ziehen Streicher ihre Saiten auf, ein paar ulkige Geräusche tauchen auf: LSD für die Ohren, unter ärztlicher Aufsicht, versteht sich.

Das Ergebnis ist so neu wie einschlägig, und das ist zugleich eine Diagnose, die für das gesamte Album gilt. Zwar gelten Yorke und Co als wandlungsfähige Künstler, und das belegt der Radiohead-Katalog eindrucksvoll. Von The Smile werden diese Talente aber eher verwaltet als ausgebaut. Das ist okay, man muss nicht mit jedem Album die Platte neu erfinden.

Wenn Radiohead so etwas wie massentaugliche Nischenmusik produziert, ist The Smile einfach eine Nischenband, die aus dem umfangreichen eigenen Werk und den daraus ablesbaren Vorlieben eine neue Mischung ihrer üblichen Zutaten kredenzt. Ob die Flöte dafür das beste Instrument ist, wie im etwas gar unteraufregenden Teleharmonic, kann man hinterfragen.

Landschaftsmalerei nach Noten

Und die Erstellung des Schönklangs zeitigt bei Liedern, die allesamt mindestens fünf Minuten dauern, doch beträchtliche Längen, in denen Skinner klöppelt, ein Orchester Süßstoff auf die Soundcremeschnitten tupft und Yorke sie mit belegtem Tonfall überzieht – wie im Achtminüter Bending Hectic.

Bei dem Lied lässt sich erst nach über drei Minuten feststellen, dass es doch in einer Wachphase entstanden sein dürfte. Musik wie Landschaftsmalerei. Das kann schön sein, es ist aber wenig aufregend. Schönheit und Langeweile sind ja oft enge Nachbarn. Wer kennt das nicht aus dem Zwischenmenschlichen? (Karl Fluch, 25.1.2024)