Das eine gibt es nicht ohne das andere: Das ist die Botschaft aus Saudi-Arabien an Israel, und sie stellt den derzeit einzigen konkreten diplomatischen Hoffnungsschimmer für die Zeit nach dem Gaza-Krieg dar. Das eine, das ist der saudische Beitritt zu den "Abraham-Abkommen", den arabischen Normalisierungsverträgen mit Israel. Das andere, das ist ein "unwiderruflicher" – das heißt politisch verbindlicher, nicht rückgängig zu machender – Pfad zu einem palästinensischen Staat.

Vor dem Hamas-Überfall am 7. Oktober schien die Besiegelung des offiziellen saudisch-israelischen Friedens in Reichweite. Die USA hatten dafür ein Paket von Anreizen, vor allem in der Sicherheitszusammenarbeit, für Riad ausgearbeitet. Der saudische Schritt wäre die Krönung der Politik von Premier Benjamin Netanjahu gewesen, der in den vergangenen Jahren mit einigen arabischen und afrikanischen Staaten eine Normalisierung erreichte. Die Frage nach der politischen Zukunft der Palästinenser und Palästinenserinnen schien dabei ad acta gelegt.

Der saudische Vizeaußenministers Walid El-Khereiji beim Uno-Sicherheitsrat.
Scharfe Worte von arabischen Staaten gegen Israel beim Uno-Sicherheitsrat-Treffen am Dienstag in New York (im Bild der saudische Vize-Außenminister Walid El-Khereiji).
AP/Yuki Iwamura

Riad stoppte angesichts der israelischen Gaza-Offensive und der vielen zivilen Opfer den Annäherungsprozess sofort nach dem 7. Oktober. Keiner jener arabischen Staaten, die 2020 die Normalisierung im Verhältnis zu Israel beschlossen hatten, stellt andererseits in den Raum, dass die "Abraham Accords" rückgängig gemacht werden könnten. Und Saudi-Arabien gibt zwar zu verstehen, dass eine Rückkehr zum Status quo ante vor dem 7. Oktober nicht infrage komme. Aber die Normalisierung ist dennoch nicht vom Tisch – wenn sich Israel zur Akzeptanz eines Palästinenserstaats bereiterklärt. Davon hängt auch die saudische Mitwirkung am Wiederaufbau des Gazastreifens ab.

Ein arabischer Plan

Hier setzt die US-Diplomatie an, die auch von den Europäern mitgetragen wird. Arabische Außenminister waren am Montag beim außenpolitischen Rat in Brüssel zu Gast. Fünf arabische Staaten – federführend Saudi-Arabien und Ägypten – sind laut Informationen des "Wall Street Journal" dabei, einen Plan auszuarbeiten, der Israel danach von den USA nahegebracht werden soll. Präsident Joe Bidens Nahostbeauftragter Brett McGurk reiste am Montag nach Ägypten und Katar, allerdings stand bei seinen Gesprächen die Befreiung der israelischen Hamas-Geiseln im Mittelpunkt.

Noch scheint Netanjahu jedoch nicht ansprechbar, was eine Zweistaatenlösung betrifft. Er bleibt offiziell dabei, dass der Oslo-Friedensprozess mit den Palästinensern in den 1990ern ein Fehler gewesen sei, dass allein er, Netanjahu, es gewesen sei, der einen Palästinenserstaat verhindert habe – laut der bisherigen israelischen Erzählweise war allerdings die Unfähigkeit und Kompromisslosigkeit von Palästinenserführer Yassir Arafat im Jahr 2000 schuld, israelischer Premier war damals Ehud Barak – und dass er, Netanjahu, auch in Zukunft garantieren werde, dass es keinen palästinensischen Staat geben werde.

"Al-Monitor" berichtet allerdings, dass Netanjahus Minister für Strategische Angelegenheiten, Ron Dermer, den Saudis versichert habe, dass Netanjahu bereit wäre, einen Preis für Frieden mit Saudi-Arabien zu zahlen. Allerdings stammt die Information vom früheren Minister Avigdor Lieberman, der wohl rechte Alarmglocken läuten will. Und wie man die Stimmung der nach den unfassbaren Hamas-Massakern am 7. Oktober traumatisierten Israelis drehen will, bleibt ohnehin offen. Netanjahu punktet, wenn er behauptet, dass von einem von Palästinensern regierten Territorium stets Gefahr für Israel ausgehen würde.

Wer soll Gaza regieren?

In der Diskussion, wer den Gazastreifen nach dem Ende der Hamas regieren soll, ist man seit dem Beginn des Gaza-Kriegs nicht weitergekommen. Netanjahu macht klar, dass Israel die Sicherheit des Gebiets nicht aus der Hand geben wird, während seine ultrarechten Koalitionspartner laut davon träumen, dass mit der Hamas die gesamte palästinensische Bevölkerung verschwinden könnte, am besten auf den ägyptischen Sinai. In Ägypten gibt es große Befürchtungen, dass Regime und Staat durch den Zustrom von Flüchtlingen kollabieren könnten.

Die offizielle Formel der USA und der EU-Staaten – auch Österreichs – lautet, dass das palästinensische Selbstbestimmungsrecht gilt und dass eine zukünftige Verwaltung in Gaza palästinensisch sein soll. Wie diese Verwaltung konkret aussehen soll, kann niemand genau sagen, auch vonseiten der Palästinenserführung im Westjordanland kommt nichts. Es gibt einen Konsens von außen, dass es ohne Reform und Erneuerung der Autonomiebehörde nicht gehen wird. Aber an Palästinenserpräsident Mahmud Abbas, der schon längst nicht mehr demokratisch legitimiert ist – das Argument, keine Wahlen abzuhalten, war stets der Konflikt mit der Hamas –, scheinen die Wünsche abzuprallen.

Schon vor mehr als zwanzig Jahren hat die Arabische Liga Israel die völlige Normalisierung im Tausch mit einem Palästinenserstaat angeboten: 2002 bei einem Gipfel in Beirut, auch damals unter saudischer Führung, jener des damaligen Kronprinzen Abdullah bin Abdulaziz, der die Geschäfte für den amtsunfähigen König Fahd führte. Israel lehnte den Vorschlag ab. Die Araber stellten sich einen Palästinenserstaat in den sogenannten Grenzen bis 1967 vor, der Waffenstillstandslinie am Ende des ersten israelisch-arabischen Kriegs 1949. (Gudrun Harrer, 25.1.2024)