Ein Wasserplanet mit einem rot glühenden, kleinen Stern im Hintergrund
Eine künstlerische Darstellung des Exoplaneten K2-18b.
NASA, ESA, CSA, Joseph Olmsted (STScI)

Mit Gerüchten ist es so eine Sache – viel zu oft sind sie nicht wahr. Das muss auch in diesem Fall vorausgeschickt werden, wenn es um die Statements einiger Personen aus der Weltraumforschung in den letzten Wochen geht.

Was ist geschehen? Die Weltraumforscherin Maggie Aderin-Pocock vom Londoner University College sagte in einem Interview der BBC, sie erwarte, dass 2024 außerirdisches Leben im All entdeckt werde. Konkreter wollte sie nicht werden, das übernahm die Astrophysikerin und Youtuberin Rebecca Smethurst, die erklärte, sie erwarte eine wissenschaftliche Publikation, die von einer Biosignatur in der Atmosphäre eines Exoplaneten berichtet. Das bestätigte der britische Astronaut Tim Peake, der meinte, möglicherweise habe das James-Webb-Weltraumteleskop solche Signaturen bereits entdeckt, doch es gehe darum, ganz sicher zu sein, bevor man die Daten veröffentliche.

Die Suche nach solchen Biosignaturen ist eines der wissenschaftlichen Ziele des James-Webb-Weltraumteleskops. Es ist in der Lage, die Atmosphären von Planeten zu untersuchen, die vor ihrem Mutterstern vorbeiziehen. Dabei wird ein Teil des Sternenlichts durch die Atmosphäre des Planeten gestreut, was sich als Veränderung der Farbe des Sterns messen lässt. Das wurde bereits bei verschiedenen Planeten erfolgreich durchgeführt.

Beherbergt ein Planet Leben, könnte sich das an seiner atmosphärischen Zusammensetzung ablesen lassen, wenn nämlich dort chemische Verbindungen gefunden werden, deren Bildung durch geologische Prozesse nicht erklärbar ist. Hier auf der Erde ist molekularer Sauerstoff eine solche Substanz. Die Erdatmosphäre besteht zu etwa einem Fünftel daraus. Ohne fortwährend stattfindende pflanzliche Photosynthese würde dieser Anteil schnell sinken.

Webb-Team dementiert

Nachdem das Magazin "The Spectator" über die kryptischen Zitate berichtet hatte, fragte das Webportal "Ars Technica" direkt beim Team des Webb-Teleskops nach und erhielt dort, wie zu erwarten, ein Dementi: "Das James-Webb-Weltraumteleskop hat keinen definitiven Beweis für die Existenz von außerirdischem Leben auf einem Exoplaneten gefunden", sagte die Astrobiologin Knicole Colón. Sie betonte allerdings, dass Webb sehr wohl in der Lage sei, mögliche Biosignaturen zu identifizieren. Um jedoch die Lebensfreundlichkeit eines Exoplaneten sicher zu bestätigen, brauche es in jedem Fall künftige Forschungsmissionen.

Als wichtige Voraussetzung für die Existenz von Leben auf Planeten gilt das Vorhandensein von Wasser in flüssiger Form. Der dafür nötige Temperaturbereich, bei irdischem Normaldruck genau 100 Grad breit, ist im kosmischen Vergleich relativ schmal. Der Bereich an Voraussetzungen, die dafür erfüllt sein müssen, wird habitable Zone genannt. Inzwischen wurden mehrere Planeten gefunden, die Ozeane beherbergen dürften. Doch Wasser allein genügt nicht, es braucht weitere Anzeichen. Und tatsächlich gibt es auch dafür erste Hinweise.

Duft nach Gemüse

Wie DER STANDARD berichtete, fand das Webb-Teleskop letztes Jahr bei der Untersuchung des 2015 entdeckten Exoplaneten K2-18b nicht nur Hinweise auf Methan und Kohlendioxid in der Atmosphäre, sondern auch auf die Verbindung Dimethylsulfid. Deren Duft ist vielen von uns aus der Küche bekannt, entsteht das Molekül doch beim Erhitzen bestimmter Gemüse. (Zudem ist es ein Bestandteil des menschlichen Mundgeruchs.) Außergewöhnlich ist seine Rolle in den irdischen Meeren, wo es von Plankton gebildet wird, und zwar in solchen Mengen, dass jedes Jahr zig Millionen davon in die Atmosphäre gelangen. Auf der Erde entsteht es nur durch biologische Prozesse. Die Hinweise auf Dimethylsulfid sind aufgrund der kurzen Beobachtungszeit noch nicht eindeutig, es brauche weitere Untersuchungen.

Ein Spektrum der Planetenatmosphäre von K2-18b.
Das sind die bisherigen Informationen über die atmosphärische Zusammensetzung des Planeten K2-18b.
NASA, ESA, CSA, Ralf Crawford (STScI), Joseph Olmsted (STScI)

Selbst wenn sich das Ergebnis bestätigen lässt, ist es für sich genommen wohl noch kein Beweis für Leben. Zwar ist es außergewöhnlich, auf einem möglichen Wasserplaneten ein Molekül zu finden, das auf der Erde in so starkem Zusammenhang mit Mikroorganismen steht. Doch über den Planeten etwas mehr als 100 Lichtjahre entfernten K2-18b ist sonst noch wenig bekannt, es könnte andere Erklärungen für die Bildung von Dimehtylsulfid geben.

Zudem liegt K2-18b zwar in der lebensfreundlichen "habitablen" Zone, hat sonst aber mit der Erde wenig gemein. Er hat etwa die neunfache Masse der Erde und gehört zur Klasse der Sub-Neptune, deren Größe zwischen jener der erdähnlichen Planeten und Neptun liegt. Er umkreist seinen Heimatstern auf einer äußerst engen Umlaufbahn, deren Durchmesser nur etwas mehr als ein Zehntel von jenem der Erdumlaufbahn beträgt. Flüssiges Wasser ist dort nur möglich, weil sein Heimatstern ein Zwergstern mit deutlich geringerer Leuchtkraft als die Sonne ist. Traditionell ist dieser Planetentyp kein bevorzugtes Ziel für die Suche nach Leben.

Im Gegensatz zu Dimethylsulfid wurde bisher kein molekularer Sauerstoff gefunden. Obendrein ist auch das Vorhandensein eines Ozeans noch nicht bestätigt, sondern wird nur aus der chemischen Zusammensetzung der Atmosphäre und dem Fehlen von Ammoniak geschlossen.

Webb sieht genauer hin

All diese Lücken sollen Folgeuntersuchungen schließen. Die angekündigte genauere Analyse der Atmosphäre von K2-18b ist derweil im Gange, wie die Protokolle der Webb-Beobachtungen zeigen. Am 18. Jänner richtete Webb etwa neun Stunden lang seinen Blick auf den Planeten. Bis die Daten ausgewertet und veröffentlicht sind, wird es noch einige Zeit dauern. Bis dahin dürfen die Spekulationen weitergehen. (Reinhard Kleindl, 27.1.2024)