Demo gegen AfD in Berlin
Die Menschen sind echt, die Lichter ebenfalls.
APA/AFP/CHRISTIAN MANG

Über 200.000 Likes konnte ein Video des Zentrums für Politische Schönheit auf Instagram sammeln. Es zeigt eine Demonstration in Berlin. Und wer den Ton einschaltet, der hört die Menschenmasse zur Melodie von "Hejo, spann den Wagen an" singen: "Wehrt euch, leistet Widerstand gegen den Faschismus hier im Land." Das Video ist echt, der Ton stammt aber von anderer Stelle, nämlich von einer Demonstration in Leipzig.

Video stammte von der SPD

Das Zentrum für Politische Schönheit (ZPS) hat das Video nicht selbst gefilmt, sondern es von der SPD übernommen. Deren Social-Media-Team hatte den Clip auf Tiktok gestellt und mit dem Sound aus Leipzig unterlegt, wie die Bundesfraktion gegenüber ZDF-"Heute" mitteilt.

Hier wurde sowohl in der Beschreibung als auch in einem Kommentar unter dem Video darauf hingewiesen, dass es sich nicht um den Originalton handle – wiewohl die SPD gegenüber dem ZDF zugab, dass diese Hinweise erst nachträglich hinzugefügt wurden. Ein Sprecher der Partei bestätigte auch, dass der Sprechchor ursprünglich auf einer Demonstration in Leipzig aufgenommen wurde, wie auch das nachfolgende Video der "Leipziger Zeitung" zeigt.

Demo gegen die AfD | LZ TV Nachrichten
Leipziger Zeitung

Seitens der SPD betonte man, dass der besagte Song auch auf der Demo in Berlin gesungen wurde, nur dürfte das im Originalvideo nicht so gut zu hören sein. Insofern sieht man das eigene Vorgehen als korrekt und stimmig, zumal es auch eine entsprechende Kennzeichnung gibt. Zudem hieß es seitens der SPD gegenüber dem ZDF, dass das ZPS das Video ohne Absprache oder irgendeinen Hinweis inklusive Sound verwendet habe. Mittels Update verwies das ZPS dann in ihrem Instagram-Post darauf, dass es sich nicht um den Originalsound der Demo handelte.

"Eine Fälschung"

Das Vorgehen sorgte für Kritik. So meinte der Journalist Tilo Jung auf X, vormals Twitter, dass das Video des ZPS "audiomäßig eine Fälschung" sei. "Warum macht ihr nicht deutlich, dass der Ton gefälscht ist und aus Leipzig vom 15. Januar stammt?", fragte er außerdem unter dem besagten Instagram-Posting.

Auch innerhalb der Community entstand eine Diskussion. "Mag sein, dass es nicht die originale Version ist, aber ich habe das gestern dort (zum ersten Mal) gesungen ... Vielleicht klang es gestern einfach nicht so 'gut'", antwortet ein User auf Instagram. "Weil es absolut niemanden juckt und nix zur Sache tut?", schreibt eine andere Userin.

Auf X wiederum antwortete ein User, dass es sich hier nicht um eine "Fälschung" im eigentlichen Sinn handle, sondern um einen Standardsound bei Tiktok-Videos. Das ZPS stimmte dem zu und meinte, dass nach dieser Definition auch alle Inserts in Jungs journalistischen Videos "Fälschungen" seien.

Das Problem dieser Thematik erläuterte Jakob Guhl, Extremismusforscher vom Institute for Strategic Dialogue London, im Gespräch mit dem ZDF: "So ein Beispiel ist ein gefundenes Fressen für Akteure, die Falschinformationen verbreiten." Wenn man das Audio einer anderen Demonstration über das Video aus Berlin lege, dann gebe man auch der AfD Munition, weitere Zweifel an den Protesten zu säen. (red, 26.1.2024)